Späte Frühchen, rechtzeitige RSV-Impfung |
Abgesehen vom direkten Schutz der Kinder sei die passive Immunisierung auch für die weitere Entwicklung der Kleinen relevant. Eine RSV-Infektion der unteren Atemwege sei ein signifikanter Risikofaktor für eine anhaltende Anfälligkeit gegenüber Atemwegserkrankungen. »Vermutlich haben einmal infizierte Frühgeborene aufgrund ihrer ohnehin unreifen Architektur der Atemwege lebenslange Einbußen bezüglich Atemwegserkrankungen«, sagte Schaaff. Diese seien gekennzeichnet durch vorübergehendes, frühes und wiederkehrendes Keuchen und Asthma im ersten Lebensjahrzehnt und möglicherweise bis ins Jugend- und Erwachsenenalter.
Als niedergelassene Pädiaterin äußerte Schaaff allerdings Impf-Nachbesserungsbedarf an der Schnittstelle Krankenhaus/ambulante Versorgung. Während die Impfserie mit Palivizumab in den Kliniken rechtzeitig begonnen werde, hapere es bei den Niedergelassenen oft an der Regelmäßigkeit, die weiteren Impfdosen im 4-Wochen-Rhythmus zu applizieren. Negativ wirke sich dabei auch die »erschreckend hohe Unkenntnis der Eltern« bezüglich der Möglichkeit einer RS-Infektion aus.
Erleichterung für die Praxis könnte die Neuzulassung bringen: Nirsevimab (Beyfortus, das von Astra-Zeneca gemeinsam mit Sanofi entwickelt wurde, muss nur einmal appliziert werden muss. Und: Es stünde dann auch eine passive Impfung für gesunde Reifgeborene zur Verfügung. Für den anstehenden Winter rechnen die Experten jedoch nicht mehr mit der neuen Prophylaxe-Option, auch weil noch entsprechende Handlungsanweisungen fehlten.
Der RSV-Impfstoffmarkt ist hart umkämpft. Unterschiedliche Impfprinzipien wie Lebend-, Partikel-, Vektor- und rekombinante Vakzinen sowohl für Kinder und ältere Menschen als auch für werdende Mütter, um Neugeborene zu schützen, sind in der Entwicklung. So hat etwa GlaxoSmithKline einen aktiven Impfstoff (RSVPreF3) in der Phase 3 der klinischen Prüfung und hat bei der EMA einen Antrag auf Zulassung eines RSV-Impfstoffs für Menschen ab 60 beantragt. Eine aktive Immunisierung brächte den Vorteil gegenüber einem passiven Impfstoff, dass die Immunantwort stimuliert wird und die Impfung so einen längerfristigen Schutz bietet.