Sozialgericht schmettert Eilantrag der KV Hessen ab |
Jennifer Evans |
03.01.2023 09:00 Uhr |
Die KV Hessen scheiterte mit ihrem Eilantrag gegen den Schiedsspruch zu den pharmazeutischen Dienstleistungen vor dem Landessozialgericht Berlin-Brandenburg. / Foto: Imago Images/Steinach
Der Schiedsspruch zu den pharmazeutischen Dienstleitungen war der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) Hessen von Anfang an ein Dorn im Auge. Sie hatte sich zum Ziel gesetzt, den Schiedsspruch, also den Sofortvollzug der Entscheidung, zunächst mit einem Eilantrag aufzuhalten und ihn zusätzlich mit einer parallel eingereichten Klage für grundsätzlich rechtswidrig erklären zu lassen. Denn die Ärzte empfinden das neue Angebot als Einmischung in ihre Therapieentscheidung.
Nun musste die KV aber den ersten Misserfolg hinnehmen. Der Eilantrag scheiterte, wie der Beschluss des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 15. Dezember 2022 belegt. Der zuständige Senat hielt ihn nämlich für »unzulässig« und »unbegründet«. Über die Klage ist zwar noch nicht entschieden. Die Tendenz der Richter lässt aber vermuten, dass es auch dafür schwierig werden könnte.
Ausgangspunkt für das Schiedsverfahren war, dass sich der Deutsche Apothekerverband (DAV) mit dem Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) nicht darauf einigen konnte, wie die konkreten Details sowie die Vergütung der pharmazeutischen Dienstleistungen in Zukunft aussehen sollten. Als dann nach langen Verhandlungen endlich mithilfe der Schiedsstelle eine Einigung stand, ging die KV Hessen sofort dagegen vor. Und auch der GKV-Spitzenverband klagte, allerdings aus einem anderen Grund. Er nahm Anstoß an der Dienstleistung »Standardisierte Risikoerfassung hoher Blutdruck« und der generellen Vergütung der Services. Auch dieses Verfahren ist noch offen.
Die Richter des Landessozialgerichts bewerteten die Angelegenheit aber nun als weniger eilbedürftig, zumal die KV Hessen keine beteiligte Partei an dem Schiedsverfahren war. Unter anderem deshalb kann der KV-Vorstand nicht ohne Weiteres dagegen vorgehen. Außerdem sahen sie hinter dem Eilantrag vor allem die Motivation, den Schiedsspruch vorläufig außer Kraft zu setzen. Die Vertragsärzte hatten ursprünglich argumentiert, ihren Sicherstellungsauftrag nicht vollständig erfüllen zu können, solange die Klage noch in der Schwebe sei. »Indem der Schiedsspruch den approbierten Apothekerinnen und Apothekern die Erbringung von Leistungen ermögliche, welche in bestimmten Fällen in das Arzt-Patienten-Verhältnis und damit die notwendige Therapieentscheidung des Arztes eingriffen, würden die Vertragsärztinnen und Vertragsärzte an der Erbringung ärztlicher Leistungen überhaupt sowie an der Erbringung in geschuldeter Qualität gehindert«, hieß es. Außerdem fürchtete der KV-Vorstand eine Gesundheitsgefährdung für die Patienten.
Der Senat zeigte sich allerdings von den Argumenten der Arztseite unbeeindruckt. Den Einwand der KV, die pharmazeutischen Dienstleistungen bedeuteten Konkurrenz zwischen Ärzten und Apothekern, sehen die Richter als nicht ausreichend glaubhaft dargelegt. In ihren Augen hätte die Antragstellerin – also die KV Hessen – unter anderem genauer aufzeigen müssen, inwiefern sie den Sicherstellungsauftrag ihrer Mitglieder durch den Schiedsspruch beeinträchtigt sieht und warum das Warten auf die Entscheidung zur eigentlichen Klage »nicht zumutbar« ist.