Selbstmedikation bei Lippenherpes |
Carolin Lang |
18.01.2021 07:00 Uhr |
Vom Küssen ist bei einem Ausbruch von Lippenherpes abzuraten. / Foto: Adobe Stock / Jet Cat Studio
Für Lippenherpes, auch »Herpes labialis« genannt, ist in den meisten Fällen das Herpes-simplex-Virus 1 (HSV-1) verantwortlich. Schätzungsweise 60 bis 90 Prozent der Deutschen tragen den Erreger in sich. Weitaus seltener löst eine HSV-2-Infektion das Krankheitsbild aus. Das Virus kann über Tröpfchen- und Schmierinfektion übertragen werden und nach einer Erstinfektion persistiert es lebenslang im Ruhezustand in den Ganglien. Bei etwa 20 bis 40 Prozent der Infizierten tritt daraufhin irgendwann Lippenherpes auf, andere wiederum entwickeln niemals Symptome.
Werden die Erreger reaktiviert, vermehren sie sich bei Lippenherpes am Übergang von Lippe und Gesichtshaut. Betroffene nehmen dies teilweise als Kribbeln, Jucken oder Brennen wahr – die klassischen Vorboten für Lippenherpes. Im weiteren Verlauf entstehen Herpesbläschen, die mit einer infektiösen Flüssigkeit gefüllt sind. Sie platzen auf, verkrusten und heilen ab. Auch nach Abklingen der akuten Symptome, kann die Infektion immer wieder aufflammen.
Wie immer gilt: Nur durch Fragen lässt sich eine geeignete Empfehlung ermitteln und lassen sich Grenzen der Selbstmedikation erkennen.
Fünf Stadien bei Lippenherpes / Foto: Grafik: PZ/Stephan Spitzer
Ein Besuch beim Arzt anzuraten ist, wenn:
Die Prodrugs Aciclovir und Penciclovir stehen im Bereich der Selbstmedikation als lokale Zubereitungen zur Verfügung, um die Abheilungszeit des Lippenherpes zu verkürzen und die Schmerzen zu lindern. Die Anwendung dieser Präparate ist am effektivsten, wenn sie bereits bei ersten Anzeichen für die Entstehung von Lippenherpes erfolgt. Denn Virustatika wirken am stärksten in der Phase der Virusvermehrung.
Damit Pharmaziepraktikanten das Thema Schlafstörungen angepasst auf die Produkte ihrer PJ-Apotheke noch einmal aufarbeiten können, steht im Serviceteil der PZ-Ausgabe Nummer 3 ein interaktives Arbeitsblatt zur Verfügung. Es kann auch als Anlass genutzt werden, das Thema mit den Kollegen in der Apotheke noch einmal durchzusprechen. Gerne können Sie auch das PDF zum Download nutzen.
Bisherige Themen der Serie waren: Schlafstörungen und Sodbrennen.
Dabei sollen sie recht häufig – je nach Präparat zwischen fünf- und sechsmal täglich – aufgetragen werden. Bei Penciclovir steht eine hautfarbene Zubereitung zur Verfügung. Sobald die Verkrustungsphase erreicht ist, ist eine Behandlung mit Virustatika nicht mehr sinnvoll – dann kann nur noch die Abheilung unterstützt werden. Aciclovir ist außerdem in Kombination mit Hydrocortison erhältlich. Obwohl das Glucocorticoid aufgrund der immunsuppressiven Wirkung zur Therapie einer Virusinfektion zunächst fehl am Platz wirkt, soll der Zusatz hier die Wundheilung begünstigen. Der präventive Effekt scheint im Vergleich zur Aciclovir-Monotherapie jedoch nur geringfügig besser zu sein.
Auch Zinksulfat kann in Form lokaler Zubereitungen bei Lippenherpes eingesetzt werden. Neben dem austrocknenden Effekt wird den Zinkionen außerdem eine virusstatische Wirkung zugesprochen. Die Kombination mit Heparin soll den Wirkungseintritt beschleunigen. Eine weitere Option stellt der Wirkstoff Docosanol dar, der letztendlich die Penetration der Viren in die Zelle verhindern soll. Eine Wirksamkeit während der Bläschenphase oder danach ist nicht bewiesen. Melissenblätterextrakt als soll die Abheilungszeit verkürzen und das rezidivfreie Intervall verlängern. Bei starken Schmerzen kann ein Lokalanästhetikum eingesetzt werden. Neben lokalen Zubereitungen stehen auch Nahrungsergänzungsmittel mit Lysin zur Verfügung. Die Aminosäure soll die Aufnahme von Arginin reduzieren, das die Herpesviren zur Vermehrung benötigen. Ob eine Einnahme allerdings den Heilungsprozess nennenswert fördert, ist nicht eindeutig belegt.
Herpespflaster haben gleich mehrere Effekte: Durch Abdeckung der betroffenen Hautpartie verhindern sie die Gefahr der Verschleppung von Viren beziehungsweise der Infektion anderer. Besonders für junge Mütter können Herpespflaster deshalb empfehlenswert sein, um das Kind vor einer Infektion zu schützen. Außerdem unterstützen sie die Wund heilung nach dem Prinzip der feuchten Wundversorgung und sollen Schmerzen und Juckreiz lindern. Die Barriere schützt die Wunde außerdem vor weiteren Keimen. Theoretisch können die Herpespflaster-Patches überschminkt werden und den Lippenherpes somit kaschieren. Nach etwa zwölf Stunden löst sich das Pflaster von selbst von der Haut und kann durch ein weiteres ersetzt werden.
Es ist empfehlenswert, lokale Zubereitungen mit einem Wattestäbchen auf die betroffenen und angrenzenden Hautbereiche aufzutragen. Bei der Applikation per Hand sollten die Hände vorher und nachher intensiv gereinigt werden, um die geschädigte Hautpartie vor weiteren Infektionen zu schützen und einer Verschleppung der Viren vorzubeugen.
Kribbeln – to prickle | Jucken – to itch | Brennen – to burn | Bläschen – bubbles | Kruste – crust | ansteckend – contagious | persistieren – to persist | Säugling – infant | Frühstadium – early stage | Wattestäbchen – cotton swabs | Verkrustung – encrustation | Besteck – cutlery | Handtuch – towel | auslösende Faktoren – triggering factors | aufplatzen – to burst open