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Studie

Schadet Medien-Multitasking dem Gedächtnis?

Die gleichzeitige Beschäftigung mit mehreren Medienformen, das sogenannte »Medien-Multitasking«, könnte sich negativ auf die Gedächtnisleistung junger Erwachsener auswirken, berichten Wissenschaftler aus den USA.
Carolin Lang
02.11.2020  09:00 Uhr

Vor dem Fernseher noch etwas im Internet bestellen, währen des Telefonats mit den Eltern mit Freunden chatten, in der Videokonferenz noch schnell die E-Mails checken: Viele von uns nutzen zunehmend mehrere Medien gleichzeitig. Doch was hat das für Folgen für unser Gehirn?

Die Arbeitsgruppe um Professor Dr. Anthony D. Wagner von der Stanford University in Kalifornien untersuchte an 80 jungen Erwachsenen im Alter von 18 bis 26 Jahren, ob Medien-Multitasking zu Aufmerksamkeitsstörungen führt und ob diese sich negativ auf das Erinnerungsvermögen auswirken. Dazu präsentierten die Wissenschaftler den Probanden Bilder auf einem Computerbildschirm. Zehn Minuten später wurde ihnen eine zweite Runde mit teilweise neuen Bilder präsentiert. Die Studienteilnehmer sollten dann beispielsweise Veränderungen in der Größe feststellen und ob sie das Bild im vorherigen Durchlauf schon einmal gesehen hatten.

Während dieser Gedächtnisaufgabe wurde die Hirnaktivität mittels eines Elektroenzephalogramms (EEG) aufgezeichnet und der Pupillendurchmesser beobachtet. »Eine erhöhte α-Wellen-Aktivität im hinteren Schädelbereich wurde mit Aufmerksamkeitsstörungen, gedanklichem Abschweifen, und Unaufmerksamkeit in Verbindung gebracht«, erklärte der Erstautor und Postdoktorand an der Stanford University Kevin P. Madore in einer Pressmitteilung der Universität . »Wir wissen auch, dass eine Verengung des Pupillendurchmessers – insbesondere vor der Ausführung verschiedener Aufgaben – mit Leistungsfehlern wie langsameren Reaktionszeiten und mehr gedanklichem Abschweifen zusammenhängen.«

In einem Fragebogen machten die Teilnehmer unter anderem Angaben zu ihrem Medien-Multitasking-Verhalten, zur Nutzung von Videospielen sowie zur persönlichen Neigung für gedankliches Abschweifen. Die Arbeitsgruppe glich dann die Ergebnisse des Gedächtnisexperiments mit den Angaben im Fragebogen ab. Sie stellten fest, dass Probanden mit geringerer Fähigkeit zur Aufmerksamkeit und intensiverem Medien-Multitasking auch schlechter bei den Gedächtnisübungen abschnitten. Die Ergebnisse veröffentlichten sie vor Kurzem im Fachjournal »Nature« (DOI: 10.1038/s41586-020-2870-z).

Wagner und Madore betonen, dass ihre Arbeit eine Korrelation, aber keine Kausalität aufzeigt. »Wir können nicht sagen, dass intensives Medien-Multitasking langanhaltende Aufmerksamkeits- und Gedächtnisfehler verursacht«, sagte Madore. »Aber wir lernen zunehmend mehr über mögliche Zusammenhänge.« Die Forscher erhoffen sich, durch ihre Forschung auch zu einem besseren Verständnis von Krankheiten, die das Gedächtnis beeinträchtigen, beizutragen.

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