RKI ruft zur Disziplin auf |
Christina Hohmann-Jeddi |
22.10.2020 14:24 Uhr |
Mit der bisherigen Strategie, die aus den drei Elementen Eindämmung (der Virusverbreitung), Schutz (der Risikogruppen) und Abmilderung (der Auswirkungen der Pandemie), sei man in Deutschland im internationalen Vergleich gut gefahren. Es gebe keinen Grund, die Strategie zu wechseln oder einer der drei Säulen mehr Gewicht zu geben, als den anderen. So sei die Strategie, eine Herdenimmunität zu erreichen, während die Risikogruppen geschützt werden, keine Lösung. Das Konzept, eine Herdenimmunität zu erreichen, sei in einzelnen Ländern ansatzweise versucht worden und ist gescheitert, so Wieler. Für diesen Weg sei die Zahl der schweren Verläufe von Covid-19 zu hoch. Bei bislang mehr als 392.000 nachgewiesenen Infektionen in Deutschland gab es bisher fast 9900 Todesfälle im Zusammenhang mit einer Coronavirus-Infektion. »Wenn sich in Deutschland 50 bis 60 Millionen Menschen infizieren, kann man sich ausrechnen, was das bedeutet.« Die Zahl der infizierten Toten wäre »sehr, sehr hoch«.
Außerdem sei es nicht möglich und auch nicht sozial vertretbar, Risikogruppen wie Ältere über Monate konsequent zu isolieren und damit von der Gesellschaft auszuschließen. »Theoretisch ist der Ansatz der Herdenimmunität begründet, aber praktisch nicht umsetzbar«, sagte Wieler. Alle drei Säulen der Strategie müssten konsequent weiterverfolgt werden.
In diesem Zusammenhang appellierte der RKI-Präsident an die Gesundheitsämter, trotz der derzeitigen teilweisen Überforderung durchzuhalten. Die Belastung einiger Gesundheitsämter, die bereits feststellbar ist, sei »ernst und besorgniserregend«, aber man müsse jede Anstrengung auch unter diesen Umständen aufrechterhalten und dürfe nicht aufgeben, sondern müsse weitermachen. Einige Länder etwa Schweden und Großbritannien hätten im Frühjahr aufgrund von Überforderung aufgegeben, die Kontakte nachzuverfolgen, berichtete Wieler. »Das hat sich als nicht der richtige Weg erwiesen.«
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