Pneumologen vorerst gegen Budesonid bei Covid-19 |
Daniela Hüttemann |
30.04.2021 12:30 Uhr |
Zudem seien die meisten Endpunkte eher subjektiver Art gewesen, zum Beispiel konnten die Patienten selbst entscheiden, ob und wann sie bei vermeintlicher Verschlimmerung einen Arzt aufsuchen . Als primärer Endpunkt war definiert, ob sich die Arztkontakte reduzieren lassen – dabei zählte aber jeder Arztkontakt, zum Beispiel auch aufgrund anderer Probleme. In der Budesonid-Gruppe entwickelten zwar weniger Patienten Atemprobleme, doch ließ sich objektiv kein Unterschied bei der Sauerstoffsättigung feststellen. Auch sei die Viruslast in beiden Gruppen vergleichbar gewesen. Eine weitere gravierende Einschränkung der Ergebnisse war, dass Budesonid hier mit zweimal täglich 800 µg sehr hoch dosiert wurde – »so hoch, wie wir es normalerweise nur bei sehr schwerem Asthma dosieren«, so Idzko, was eher selten vorkomme.
»Dass Budesonid vor Covid-19 oder einem schweren Verlauf schützt, ist eine schöne Hypothese, doch leider war es ein schlechtes Studiendesign. Es ist unseriös, daraus eine Therapieempfehlung abzuleiten«, so der Leiter der Klinischen Abteilung Pulmologie an der Universitätsklinik für Innere Medizin II in Wien, zur STOIC-Studie. »Wir brauchen größere, placebokontrollierte und verblindete Studien dazu, nicht nur für Budesonid, sondern auch für die anderen ICS sowie für verschiedene Dosierungen.« Astra-Zeneca, einer der Haupthersteller von Budesonid, habe bereits viele Anfragen für Studien vorliegen und es seien bereits weitere in Planung.
Eine weitere große Studie gibt es bereits, die PRINCIPLE-Studie (siehe Kasten). In einer aktuellen Stellungnahme der DGP, ÖGP und der Deutschen Gesellschaft für Allergologie und klinische Immunologie (DGAKI) heißt es jedoch: »Weder die STOIC-Studie noch die PRINCIPLE-Studie haben gezeigt, dass durch diese Therapie schwere Covid-19-Verläufe oder Todesfälle verhindert werden können.«
Ebenfalls im April veröffentlichte die Universität Oxford Zwischenergebnisse der großen PRINCIPLE-Studie. zu Budesonid. PRINCIPLE ist die weltweit größte Phase-III-Plattform randomisierte kontrollierter Studien, bei der nach Medikamenten gesucht wird, die bei ambulanter Anwendung die Genesungszeit von Covid-19-Patienten verkürzen können. Neben Budesonid wird auch die Wirksamkeit von Colchicin und Favipiravir evaluliert. In einem Studienarm bekamen 751 Patienten mit leichten bis moderaten Covid-19-Symptomen inhalatives Budesonid zusätzlich zur Standardtherapie (zweimal täglich 800 µg für 14 Tage, eine im Vergleich zur Asthma-Basistherapie hohen Dosis). 1028 Patienten erhielten nur die übliche symptomatische Therapie. Die auf einem Preprint-Server veröffentlichten Zwischenergebnisse zeigten eine (laut Patientenangaben) Verkürzung der Symptomdauer um drei Tage unter Budesonid. 32 Prozent erholten sich innerhalb von 14 Tagen nach Aufnahme in die Studie gegenüber 22 Prozent ohne das ICS. Die Hospitalisierungsrate lag bei 8,5 Prozent versus 10,3 Prozent, allerdings ließ sich statistisch nicht sagen, ob die Rate reduziert werden konnte. Alle Teilnehmer waren älter als 50 Jahre mit mindestens einem Risikofaktor für schweres Covid-19 oder älter als 65. Laut dem österreichischen Pneumologen Professor Dr. Marco Idzko lieferten diese Interimsdaten keinen klaren Hinweis, dass die Budesonid-Gabe in Bezug auf die Verhinderung schwerer Verläufe etwas bringt. Die Studie ist zudem noch nicht abgeschlossen, daher sieht Idzko hier nicht genug Evidenz, um den Einsatz von Budesonid bei Covid-19 zu empfehlen. Die Studienleiter Professor Dr. Chris Butler und Professor Dr. Richard Hobbs sprachen dagegen bereits von »High Quality Evidence« und empfahlen bereits die Anwendung. Das sehen die deutschen Pneumologen jedoch anders.
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