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Handy-Nacken

Phone hoch statt Kopf runter

Die Pandemie zwingt Kinder und Erwachsene, mehr Zeit denn je vor Bildschirmen jedweder Größe zu verbringen. Doch ein ständig geneigter Kopf überlastet die Halswirbelsäule und bringt Verspannungen und Schmerzen mit sich. So weit muss es nicht kommen.
Elke Wolf
24.05.2021  09:00 Uhr

Der »Handy-Nacken«, wie ihn Orthopäden bezeichnen, ist eigentlich kein neues Krankheitsbild. Auch Menschen, die während ihrer täglich mehrstündigen Schreibtischarbeit in einer dauerhaft falschen Sitzposition verharren, bekommen Rückenprobleme. Die Beschwerden, die durch eine gesenkte Kopfhaltung mit Blick nach unten entstehen, werden auch als Schulter-Nacken-Syndrom bezeichnet. Durch Homeoffice und Homeschooling ist die Situation aktueller denn je – zum Laptop gesellen sich mittlerweile auch Handy und Tablet, die eine Fehlhaltung begünstigen. Diese fordert mitunter ihren Tribut: Schmerzen und Verschleiß können die Folge sein. Eine untrainierte Rückenmuskulatur begünstigt im Übrigen den Handy-Nacken.

Professor Dr. Bernd Kladny, Experte der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie (DGOU), erklärt: »Grund ist der dauerhaft geneigte Kopf, der zu einer Überlastung der Halswirbelsäule führen kann. Der Kopf wiegt zwischen vier und sechs Kilogramm. Neigt man ihn nach vorne, erhöht sich das Gewicht, dass die Wirbelsäule halten muss – das hat mit Hebelgesetzen zu tun.« Je stärker die Neigung, desto größer die Kraft, die es braucht, um den Kopf zu halten. Bei einer Beugung von 15 Grad seien das schon etwa 12 Kilogramm, bei 45 Gramm um die 20 Kilogramm. »Das entspricht einem Wasserkasten!«

Stundenlanges Arbeiten an Tablet oder Smartphone oder Lesen eines E-Books strapazieren Muskeln, Sehnen und Bandscheiben erheblich und überlasten die Halswirbelsäule. »Dabei handelt es sich eigentlich um eine Schutzreaktion des Körpers, die signalisiert, dass man etwas anders machen soll«, so der Orthopäde. Verspannungen und Schmerzen können dann bis in den Arm oder den Kopf ziehen. »Die Wirbelsäule greift wie ein Zahnrad ineinander. Das heißt: Wenn eine Stelle zu einseitig oder auch zu wenig bewegt wird, hat es Einfluss auf andere Bereiche der Wirbelsäule.« Muskelverhärtungen, Kopfschmerzen und Verschleißerscheinungen können die Folge sein. Diese Last kann dem gesamten Rücken schaden.

Was empfiehlt der Experte? Man sollte versuchen, die Zeit, die mit mobilen Geräten verbracht wird, zu begrenzen und die Wirbelsäule aufzurichten. »Man sollte ab und zu Pausen einlegen, die Stellung wechseln, zwischendurch mal aufstehen und Lockerungs- und Dehnübungen machen«, rät Kladny. Auch hilfreich: Mobile Geräte näher vor das Gesicht bringen und lieber die Augen senken als Kopf und Nacken. Immer wieder die Haltung überprüfen und diese gegebenenfalls korrigieren. Einen guten Ausgleich zur monotonen Sitzhaltung bietet zwei- bis dreimal wöchentlicher Sport. Zudem unterschätzen viele Menschen, dass schon leicht umzusetzende Aktivitäten im Alltag die Rückenmuskulatur stärken. In der Regel kommt man ohne Schmerzmittel aus, so Kladny. 

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