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Lieferkettengesetz

Pharmabranche positioniert sich

Der Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie (BPI) betont, dass die Branche höchste Anforderungen an die Produktionsstandorte in aller Welt erhebt und engmaschig kontrolliert. Dies gelte für die Qualität der Produkte wie auch für Arbeits- und Umweltstandards, heißt es auf Nachfrage der PZ.
Julia Endris
21.07.2020  11:04 Uhr

Der Sprecher des BPI, Andreas Aumann erläutert, dass die Produktion von Arzneimitteln ein anderes Know-how und ein professionelleres Umfeld erfordern, als es bei anderen Branchen benötigt wird, beispielsweise in der Textilindustrie. Im Zusammenhang mit den im Vorfeld des geplanten deutschen Lieferkettengesetzes diskutierten Aspekten, stünden daher andere Branchen im Fokus betont der Verband, nicht etwa die Arzneimittelforschung oder -produktion in Laboren und Reinräumen. Die Hersteller setzen sich nach Angaben des BPI dafür ein, diese hohen Mitarbeiter-, Arbeitsschutz- und Umweltstandards einzuhalten. Allerdings entziehe es sich ihrer Kenntnis und insbesondere ihrem Einfluss, inwieweit die Standards in vorgelagerten Bereichen weltweit eingehalten werden.

Zudem warnt der BPI vor unterschiedlichen nationalen Regelungen, die für die Unternehmen zu Rechtsunsicherheit führen könnten. Deshalb pocht Aumann auf einheitliche globale, zumindest europäische Lösungen, auch um gleiche Wettbewerbsbedingungen der Branche sicherzustellen und ergänzt: »Die Ankündigung der EU-Kommission, einen Legislativvorschlag vorzulegen, darf jetzt nicht durch eine nationale Regelung unterlaufen werden.«

Staatliche und internationale Regelungen gefordert

Aumann verweist auch auf eine Einschätzung des ehemaligen Bundesgesundheitsministers Hermann Gröhe, der die Pflicht und Einflussnahme nicht bei pharmazeutischen Einzelunternehmen, sondern auf nationalstaatlicher Ebene sieht. Demnach ist es laut Gröhe die Aufgabe der Bundesregierung, hier entsprechende staatliche Verträge mit beispielsweise asiatischen Ländern abzuschließen.

Einzelne Unternehmen sind dem ehemaligen Gesundheitsminister zufolge keine Weltpolizei, denn sie haben keinerlei Sanktionierungs- und Durchgriffsmöglichkeiten, um beispielsweise Menschenrechtsverletzungen außerhalb ihrer Betriebe zu verfolgen, zu kontrollieren oder zu ahnden. Sofern es zu gesetzlichen Verstößen außerhalb und losgelöst von der Produktion der Pharmaunternehmen kommt, sei es die Aufgabe und Pflicht der jeweiligen staatlichen Behörden, dies zu verfolgen und zu unterbinden.

Die BPI-Mitgliedsunternehmen unterstützen nach eigenen Angaben die Behörden soweit möglich und andernfalls nehmen sie von vertraglichen Beziehungen mit ausländischen Unternehmen Abstand. Aumann  verweist auch auf die Position und die verschiedenen Initiativen des Verbands der Chemischen Industrie (VCI), dessen Mitglied der BPI ist. Unter anderem gibt es demnach die Nachhaltigkeitsinitiativen Chemie³ sowie Together for Sustainability, die seit vielen Jahren Unternehmen der Branche beim Lieferkettenmanagement unterstützen und dabei helfen, es stetig zu verbessern.

Auch der Markt erhöht den Druck

Auch der Markt gewinnt zunehmend Einfluss auf die Einhaltung der Standards. So hat die AOK in ihrer gestern veröffentlichten Ausschreibung der bundesweiten Arzneimittelrabattverträge mit einem Umsatzvolumen von rund 2 Milliarden Euro pro Jahr den Umwelt- und Arbeitsschutz von seinen Vertragspartnern sowie von dessen Zulieferern gefordert. Wer nicht liefert oder die vor Ort geltenden Arbeitsschutz- oder Umweltstandards nicht einhält, riskiert demnach, den laufenden Vertrag unmittelbar zu verlieren und seine Chancen mit Blick auf künftige Ausschreibungen aufs Spiel zu setzen.

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