Phagro sieht Arzneimittelversorgung in Gefahr |
Melanie Höhn |
03.02.2023 12:00 Uhr |
Phagro-Vorsitzender André Blümel befürchtet einen Infarkt des Versorgungssystems unter den aktuellen Belastungen. / Foto: 7visuals/Oskar Eyb
Die aktuellen energiepreisbedingten Kostensteigerungen würden den vollversorgenden pharmazeutischen Großhandel in einer seit Jahren wirtschaftlich prekären Lage bis ins Mark treffen, erklärte der Phagro heute in einer Mitteilung und warnte vor einer dramatischen Versorgungslage von Arzneimitteln in Deutschland.
Trotz der Entlastungspakete der Bundesregierung und der gesetzlichen Strom- und Gaspreisbremse zeige das vom Phagro in Auftrag gegebene Gutachten, dass sich die Gesamtenergiekosten im Pharmagroßhandel bis Ende 2023 gegenüber dem Jahr 2020 verdoppeln werden. Untersucht wurden die fünf Energieträger Erdgas, Heizöl, Strom, Kraftstoff, Fernwärme. Die Kosten für den Hauptenergieträger Gas werden sich laut Phagro 2023 sogar verdreifachen. »Diese Tatsachen rütteln an der Existenz der vollversorgenden Pharmagroßhändler und bedrohen das Fundament der Arzneimittelversorgung unseres Landes«, sagte der Phagro-Vorsitzende André Blümel.
Neben den immensen Energiekostensteigerungen schultere der Pharmagroßhandel zusätzlich seit mehreren Jahren vielfältige finanzielle und logistische Belastungen, die hauptsächlich durch immer neue gesetzliche Vorgaben der Arzneimittelpolitik verursacht seien: Strenge Anforderungen an die Arzneimittelsicherheit, das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz, der zunehmende Anstieg kostenintensiver Arzneimittel wie kühlpflichtige Medikamente oder Betäubungsmittel, Mindestlohnsteigerungen und die aktuelle Inflation.
»Die flächendeckende Distribution der Arzneimittel über den vollversorgenden Pharmagroßhandel ist das Herz unseres Versorgungssystems in Deutschland. Ein Infarkt dieses Versorgungssystems ist unter den aktuellen Belastungen vorprogrammiert - das können wir uns nicht leisten - die Bundesregierung muss jetzt handeln«, so Blümel weiter. »Die Kosten sind seit mehreren Jahren überproportional stark gewachsen, aber die gesetzliche Vergütung des Großhandels nach der Arzneimittelpreisverordnung ist seit über 10 Jahren nicht angepasst worden und ist längst nicht mehr leistungsgerecht«, betonte er.
Die gesetzliche Preisbindung für verschreibungspflichtige Arzneimittel ermögliche es Pharmagroßhändlern nicht, wie in anderen Branchen üblich, Kostensteigerungen an nachgelagerte Handelsstufen weiterzugeben. »Dafür muss man kein studierter Betriebswirt sein, um zu wissen, dass man so ein funktionierendes Versorgungssystem kaputt wirtschaftet. Darunter leiden Patienten, Apotheken und auch der Pharmagroßhandel. Eine veraltete Preispolitik verschärft die Probleme in der Arzneimittelversorgung. Die Bundesregierung muss dringend reagieren, um die Situation schnell und nachhaltig zu verbessern«, resümierte Blümel.