Pflaster gegen Haarausfall zeigt Wirkung im Tierversuch |
Christina Hohmann-Jeddi |
01.11.2022 17:00 Uhr |
Pflaster mit Mikronadeln können Wirkstoffe wie etwa Antioxidantien bis in tiefere Hautschichten einbringen. / Foto: Adobe Stock/atiketta
Die androgenetische Alopezie ist die häufigste Form von Haarausfall und betrifft sowohl Männer als auch Frauen. Bei dieser genetischen Form des Haarausfalls reagieren die Haarfollikel besonders empfindlich auf das männliche Geschlechtshormon Dihydrotestosteron, das zu einer Rückbildung der Haarwurzeln führt. Bei dieser sogenannten Miniaturisierung der Haarfollikel spielt neben einer Entzündung auch oxidativer Stress in den Dermiszellen eine Rolle, der zu stark für die Antioxidanzien-Systeme ist und schließlich zur Apoptose von Zellen in den Haarfollikeln führt.
Um den oxidativen Stress in der Kopfhaut zu reduzieren, hat ein Forschungsteam um Zhang Chaohui von der Qingdao-Universität in China, mittels künstlicher Intelligenz Moleküle ermittelt, die effektiv reaktiven Sauerstoff-Spezies beseitigen. Dies übernehmen normalerweise spezielle Enzyme, wie die Superoxid-Dismutase (SOD). Seit Kurzem ist bekannt, dass auch anorganische Verbindungen wie dieses Enzym wirken können, die daher als »Nanozyme« bezeichnet werden. Die bisher bekannten Nanozyme seien aber relativ ineffektiv, berichten Zhang und Kollegen in einer Publikation im Fachjournal »Nano Letters« von der American Chemical Society (ACS).
Sie fanden nun effektivere Verbindungen, die SOD-ähnliche Wirkung zeigten. Aus dem Nanozym MnPS3 fertigten die Forschenden dann hauchdünne Blätter (sogenannte Nanosheets) an, die eine Dicke von 1 bis 100 nm aufwiesen. In ersten In-vitro-Untersuchungen mit menschlichen Hautzellen (Fibroblasten) konnten die Nanosheets den Level an reaktiven Sauerstoffspezies reduzieren, ohne Schäden zu verursachen.
Als nächstes produzierte das Team Mikronadel-Pflaster aus MnPS3, die die Moleküle in die Epidermis und Dermis einbringen können, wo die Haarfollikel sitzen. Ob diese Mikronadel-Pflaster wirksam sind, testeten die Forschenden anschließend an einem Mausmodell für androgenetische Alopezie.
Die Tiere wurden entweder mit Testosteron behandelt (Modellgruppe) oder erhielten ein Mikronadel-Pflaster alle zwei Tage für zwei Wochen. Eine dritte Gruppe Tiere wurde täglich mit Minoxidil, ein zur Behandlung von Haarausfall eingesetztes Antihypertonikum, für 13 Tage behandelt.
Ab Tag 14 zeigten die Tiere der Mikronadel-Pflaster-Gruppe eine stärkere Haarregeneration als in der Minoxidil- und vor allem als in der Testosterongruppe. MnPS3 wurde offenbar gut vertragen. Die Verbindung blieb dabei kaum in der Haut, sondern verteilte sich im Organismus und wurde dort abgebaut und eliminiert, wie die Forschenden aus Biodistributionsdaten schließen. Sie sehen in ihrer Methode einen potenziellen Ansatz, um androgenetische Alopezie zu behandeln. Dazu müssen aber erst klinische Studien die Effektivität und Sicherheit beim Menschen beweisen.