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Lunapharm

»Patienten waren nie in Gefahr«

Erstmals hat sich die Lunapharm-Inhaberin heute öffentlich zu den Vorwürfen gegen ihr Unternehmen geäußert. Bei einem Pressegespräch in Potsdam versicherte Susanne Krautz-Zeitel ihre Unschuld. Schadenersatzklagen laufen unter anderem gegen das Land Brandenburg und das Bundesgesundheitsministerium (BMG).
Jennifer Evans
25.07.2019  17:58 Uhr

Das im brandenburgischen Blankenfelde-Mahlow ansässige Unternehmen Lunapharm war in den Fokus geraten, als das ARD-Politmagazin »Kontraste« im Juli 2018 zum ersten Mal über dessen angeblichen illegalen Handel mit Krebsmedikamenten berichtete. Es ging dabei um vermeintlich in griechischen Krankenhäusern gestohlene Arzneimittel, die eine Athener Apotheke unter anderem an Lunapharm verkauft hatte. Das Brandenburger Unternehmen verkaufte diese Präparate später hierzulande an Apotheken und Großhändler weiter.

Erstmals hat die Lunapharm-Inhaberin Susanne Krautz-Zeitel entschieden, sich gegen »die Rufschädigung« ihres Familienunternehmens öffentlich zur Wehr zu setzen und stellte sich bei einem Pressegespräch den Fragen der Journalisten. Ihr Unternehmen sei inzwischen in Folge der RBB-Berichterstattungen »ohne sachliche Grundlage vor die Wand gefahren«. Sie beteuert, stets nach bestem Wissen und Gewissen gehandelt zu haben und bestreitet jegliches kriminelles Verhalten. Alle Arzneimittel ihres Unternehmens hätte sie jederzeit auch bedenkenlos bei sich selbst, ihrer Mutter und Tochter eingesetzt. »Patienten waren zu keinem Zeitpunkt in Gefahr.« 

Der Re-Importmarkt ist profitabel

Zudem hat Lunapharm Krautz-Zeitel zufolge immer über alle erforderlichen Genehmigungen der gehandelten Arzneimittel verfügt. Und in Griechenland seien niemals Krebsmedikamente als gestohlen gemeldet worden und auch keinerlei Hehlerware erworben worden, bemerkte sie. Derzeit läuft nach Angaben ihres Pressesprechers, Professor Klaus Kocks, eine strafrechtliche Ermittlung der Staatsanwaltschaft wegen Hehlerei. »Man ist zu uneingeschränkter Zusammenarbeit bereit.« Geschäftliche Beziehungen nach Griechenland räumte Krautz-Zeitel zwar heute ein, diese wären zugegebenermaßen »in einem profitablen Markt«, aber stets »ordnungsgemäß« gewesen. Seit Februar 2017 bezieht sie nach eigenen Angaben keine Ware mehr von der griechischen Apotheke – nachdem klar war, dass deren Großhandelserlaubnis ungültig ist. Allerdings gab sie rückblickend zu, etwas zu gutgläubig gewesen zu sein und die Großhandelserlaubnis ihres griechischen Lieferanten nie überprüft zu haben. 

Dem RBB zufolge gingen Lunapharms Geschäftsbeziehungen nach Griechenland aber sehr wohl noch weiter. Das belegen demnach Telefonprotokolle griechischer Behörden. Kocks und Krautz-Zeitel halten diese jedoch für Fälschungen. In diesem Zusammenhang wies Kocks darauf hin, dass der »angebliche Belastungszeuge in Person eines stellvertretenden Gesundheitsministers in Griechenland« mittlerweile nicht mehr im Amt sei.

Unter anderem fordert Lunapharm nun Schadensersatz vom Land Brandenburg, wie Kocks informierte. Von 70 Millionen Euro ist die Rede. Zudem laufe eine Klage vor dem Kölner Landgericht gegen den Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) wegen »bezichtigender Äußerungen«. Das Verfahren schwebe noch, betonte der Pressesprecher. Inzwischen seien die entsprechenden Aussagen aber von der BMG-Website gelöscht. Der Fall Lunapharm war unter anderem Anlass für das Gesetz für mehr Sicherheit in der Arzneimittelversorgung (GSAV). In diesem Zusammenhang hatte Spahn Lunapharm erwähnt. Damit nicht genug: Auch gegen die Bescheide, die Lunapharm derzeit jegliche Geschäfte – auch den Handel mit Kosmetik und Gesundheitsprodukten – untersagen, geht Krautz-Zeitel vor.

Teil-Erfolg gegen RBB vor Gericht

Mit Blick auf die RBB-Berichterstattung hat Lunapharm bereits einen Teil-Erfolg vor Gericht erzielt. Das Landgericht Berlin habe jene Passagen des Berichts untersagt, die dem Unternehmen kriminelles Verhalten vorgeworfen hätten, heißt es. »Die Vorwürfe des RBB gingen ja sogar soweit, dass angeblich eine ominöse Zentrale einer europäischen Krebsdrogenmafia hier in Mahlow ansässig gewesen sei«, so Kocks. Nicht untersagte das Gericht allerdings jene Aussagen, in denen es um eine mögliche Unwirksamkeit des Arzneimittels ging. »Da inzwischen jedoch die Wirksamkeit belegt ist, sind die Passagen ohnehin überholt«, so Kocks. Der ursprüngliche Vorwurf lautete, dass die Präparate wegen fehlender Kühlung womöglich unwirksam geworden sein könnten.

Seinerzeit hatten die Brandenburger Behörden trotz frühzeitiger Hinweise erst spät eingegriffen. Das kostete die damalige Gesundheitsministerin des Landes, Diana Golze (Die Linke), das Amt. Sie trat im August 2018 zurück. Eine noch von Golze aufgestellte Task Force mit Experten aus Medizin, Pharmazie und Verwaltung hatte die Versäumnisse der Aufsichtsbehörden aufklären sollen. Krautz-Zeitel berichtete heute, sie habe sachliche Korrekturen am Taskforce-Bericht machen wollen, was das Ministerium ihr aber verweigert habe.

In Kocks Augen ist nach »einem unübersehbaren Behördenversagen in Brandenburg nun allgemeines Zurückrudern angesagt«. Die »Causa Lunapharm« will er demnächst zu einem Sachbuch und einem TV-Feature machen.

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