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Evrysdi

Orale Konkurrenz für Spinraza und Zolgensma

Die US-Arzneimittelbehörde FDA hat am Freitag ein neues Medikament zur Therapie der Spinalen Muskelatrophie (SMA) zugelassen. Risdiplam (Evrysdi®) der Firmen Roche und PTC stellt neben den hochinnovativen Medikamenten Spinraza® und Zolgensma® eine dritte Option dar – mit der Besonderheit, dass es oral eingenommen wird.
AutorKontaktTheo Dingermann
Datum 10.08.2020  13:00 Uhr

Noch vor vier Jahren gab es keine medikamentöse Therapieoption gegen die Spinale Muskelatrophie (SMA), eine Erbkrankheit, die durch eine fortschreitende Muskelschwäche gekennzeichnet ist und in ihrer schwersten Form typischerweise zum Tode führt. Seitdem hat sich die Situation dramatisch verändert. Zunächst wurden mit Nusinersen (Spinraza®) und Onasemnogen-Abeparvovec (Zolgensma™) relativ kurz hintereinander zwei hochmoderne, aber kompliziert einzusetzende Medikamente zur Behandlung der SMA zugelassen. Jetzt wurde diese erlesene Gruppe von Spezialtherapeutika durch das oral verfügbare Präparat Risdiplam (Erysdi®) ergänzt. Vorerst ist es in den USA zugelassen, ein entsprechender Zulassungsantrag bei der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) soll dem Vernehmen nach demnächst gestellt werden.

Den Reigen der neu eingeführten Präparate bei SMA eröffnete Spinraza von Biogen, das im Dezember 2016 zugelassen wurde. Spinraza ist ein RNA-Therapeutikum, das in die Wirbelsäule injiziert wird. Es kann bei verschiedenen SMA-Typen eingesetzt werden, darunter auch solchen, bei denen die Krankheit erst später im Leben eine Pathologie verursacht. Spinraza hat Biogen im vergangenen Jahr einen Umsatz von 2,1 Milliarden US-Dollar (1,8 Milliarden Euro) beschert.

Im März 2019 folgte Novartis mit Zolgensma, einem Gentherapeutikum, das einen ähnlichen Nutzen wie Spinraza bringen soll, wobei es allerdings nur einmal appliziert werden muss und dann für den Rest des Lebens wirken soll. Auch Zolgensma kann bei verschiedenen SMA-Typen eingesetzt werden. Im dritten Quartal 2019 gab Novartis bekannt, bis dahin 160 Millionen US-Dollar (135 Millionen Euro) mit Zolgensma erlöst zu haben.

Beide Behandlungsmethoden wurden wegen ihrer hohen Preise massiv kritisiert. Spinraza kostet im ersten Jahr 750.000 US-Dollar (635.000 Euro) und danach jedes Jahr 375.000 US-Dollar (317.000 Euro). Zolgensma ist mit 2,1 Millionen Dollar (1,8 Millionen Euro) für eine einzige Infusion das bisher teuerste Medikament weltweit. Zudem kann eine Behandlung mit beiden Medikamenten nur von Spezialisten durchgeführt werden.

Preisgünstiger und einfacher einzusetzen

Evrysdi ist sowohl billiger als auch deutlich einfacher einzusetzen. Denn der Wirkstoff Risdiplam ist ein synthetisches Molekül, das oral verabreicht werden kann. Somit kann das Medikament zu Hause ohne die Hilfe eines Spezialisten eingenommen werden. Für den Einsatz bei Kleinkindern werden Jahrestherapiekosten von circa 100.000 US-Dollar (85.000 Euro) angegeben. Für Patienten ab einem Gewicht von 44 Pfund steigen die Jahrestherapiekosten auf circa 340.000 US-Dollar (288.000 Euro).

Evrysdi adressiert die Ursache der SMA: eine reduzierte Menge des SMN-Proteins (Survival Motor Neuron). Dieses ist essenziell für das Funktionieren von Motoneuronen, im Gehirn und im Rückenmark lokalisierte Nervenzellen, die die Muskelfunktion steuern. Ein Mangel an SMN-Proteinen führt letztlich zum Abbau dieser Nervenzellen und in der Folge zur Muskelatrophie.

In gewisser Weise ist die Information für das SMN-Protein durch die beiden Gene SMN1 und SMN2 redundant vorhanden. Allerdings wird die überwiegende Menge des SMN-Proteins durch das SMN1-Gen kodiert. Das von SMN2 stammende Protein ist in der Regel zu kurz und instabil.

Mutationen in SMN1 sind die Hauptursache für SMA. Glücklicherweise kann auch von dem SMN2-Gen eine bestimmte Menge an funktionsfähigem SMN-Protein hergestellt werden. Je größer dieser Anteil ist, umso weniger schwer wird die Krankheit ausgeprägt.

Auf dem Prinzip, die von SMN2 produzierte Menge an funktionsfähigem SMN-Protein zu erhöhen, beruht bereits der Wirkmechanismus von Spinraza. Nusinersen ist ein Antisense-Oligonukleotid, mit dessen Hilfe der Spleißprozess der von dem SMN2-Gen gebildeten pre-mRNA modifiziert werden kann. Nusinersen verhindert, dass das wichtige Exon 7, das normalerweise herausgespleißt wird, aus der mRNA entfernt wird. Das von dieser mRNA abgeschriebene Protein ist viel stabiler als ein Protein, das von einer mRNA abgelesen wird, in der das Exon 7 fehlt.

Wirkmechanismus von Risdiplam

Risdiplam adressiert das exakt gleiche Problem: Es korrigiert den alternativen Spleißprozess. Risdiplam kann als ein mRNA-Spleißmodifikator für SMN2 bezeichnet werden. Laut einer Publikation in »Nature Communications« aus dem Jahr 2017 bindet der Wirkstoff direkt an zwei verschiedene Stellen der SMN2-pre-mRNA und stabilisiert so einen noch nicht identifizierten Ribonukleoprotein (RNP)-Komplex, der letztlich die Spezifität von Risdiplam für SMN2 gegenüber anderen Genen vermittelt (DOI: 10.1038/s41467-017-01559-4).

Evrysdi wurde bisher in vier Phase-II- oder Phase-III-Studien (FIREFISH, SUNFISH, JEWELFISH und RAINBOWFISH) hinsichtlich Wirksamkeit und Sicherheit bei einem breiten Spektrum von SMA-Patienten getestet. Welche Patienten sich für eine Therapie mit dem neuen Wirkstoff eignen und welche stattdessen mehr von einer Behandlung mit Spinraza oder Zolgensma profitieren, ist eine spannende Frage, die sich jedoch momentan noch nicht beantworten lässt.

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