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Histon-Deacetylase 6-Hemmer

Option zur Kontrolle einer Adipositas?

Bei fehlernährungsbedingter Adipositas verliert das Sättigungshormon Leptin zunehmend an Wirkung. Inhibitoren des Enzyms Histon-Deacetylase 6 (HDAC6) können das Problem offenbar korrigieren: Zumindest in Tierversuchen bewirken sie eine Leptinsensibilisierung und einen starken Gewichtsverlust, zeigt eine aktuelle Studie aus den USA.
Theo Dingermann
13.01.2022  14:30 Uhr

Das aus dem Fettgewebe stammende Hormon Leptin ist normalerweise in der Kontrolle der Gewichtshomöostase dadurch beteiligt, dass es Mechanismen in Gang setzt, die zu einer Reduktion der Nahrungsaufnahme führen und gleichzeitig den Energieverbrauch erhöhen. Bei einer durch hochkalorische Ernährung ausgelöste Fettleibigkeit steigt zwar der zirkulierende Leptinspiegel proportional zur Adipositas. Trotz hoher Leptinspiegel verlieren Nagetiere und Menschen mit Adipositas nicht an Gewicht – der Grund ist eine Leptinresistenz.

Als potente Leptin-Sensibilisatoren können Inhibitoren des zytosolischen Enzyms Histon-Deacetylase 6 (HDAC6) als Mittel gegen Fettleibigkeit bei diätetisch induzierten adipösen Mäusen wirken. Das berichtet ein Team um Dr. Işın Çakır vom Life Sciences Institute der University of Michigan in Ann Arbor im Fachjournal »Nature Metabolism«.

HDAC6 katalysiert die Deacetylierung von Lysinresten im N-terminalen Bereich der Kernhistone H2A, H2B, H3 und H4. Das Enzym gilt als wichtiger Regulator der Dynamik des Zytoskeletts, der Zellmigration und von Zell-Zell-Interaktionen. Zudem scheint die Histondeacetylierung eine wichtige Rolle bei der Transkriptionsregulation, dem Fortschreiten des Zellzyklus und bei Entwicklungsvorgängen zu spielen.

In der aktuellen Arbeit konnten die Wissenschaftler nun zeigen, dass der sehr potente HDAC6-Inhibitor Tubastatin A bei Mäusen, die an einer ernährungsinduzierten Adipositas litten, zu einem signifikanten Gewichtsverlust führte. Dosisabhängig konnte die Tubastatin-A-Behandlung die Nahrungsaufnahme und die Fettmasse der Tiere reduzieren. Zudem zeigte sich eine signifikante Verringerung der Lebersteatose und eine verbesserte systemische Glukosehomöostase.

Die Tubastatin-A-induzierten Stoffwechselverbesserungen sind unabhängig von der zentralen HDAC6-Aktivität und hängen zum großen Teil von der HDAC6-Expression im Fettgewebe ab, berichten die Forscher. Bei Mäusen, die keinen Leptinrezeptor mehr exprimieren (db/db-Mäuse) oder bei schlanken Wildtyp-Mäusen führt Tubastatin A hingegen nicht zu einem Gewichtsverlust, erhöht aber bei Letzteren die Empfindlichkeit gegenüber einer exogenen Leptingabe.

Im Gegensatz zu anderen HDACs resultiert die Hemmung der HDAC6-Aktivität nicht in toxischen Effekten oder unerwünschten Wirkungen, und die Behandlung mit HDAC6-Inhibitoren schützt vor Muskelschwund und Neurodegeneration.

Die Ergebnisse der Wissenschaftler deuten auf die Existenz eines HDAC6-regulierten Adipokins hin, das als Leptin-sensibilisierender Wirkstoff dient. Somit könnte sich die HDAC6 als eine potenzielle Zielstruktur für Wirkstoffe erweisen, die zur Behandlung von Fettleibigkeit eingesetzt werden könnten.

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