Option beim von-Willebrand-Syndrom |
Betroffene mit der Blutungsstörung von-Willebrand-Syndrom leiden unter anderem unter häufigem schwerem Nasenbluten. / Foto: Shutterstock/Photographee.eu
Patienten mit von-Willebrand-Syndrom mangelt es an von-Willebrand-Faktor (vWF), einem Protein, das für die Blutgerinnung erforderlich ist. Infolgedessen kommt es zur langsameren Bildung von Blutgerinnseln und zu verlängerten Blutungszeiten in Schleimhäuten und Weichgeweben. Aus diesem Grund können Betroffene unter Komplikationen wie häufigem schwerem Nasenbluten, extrem starken Menstruationsblutungen und Zahnfleischbluten leiden. Gastrointestinale Blutungen sowie Blutungen in die Gelenke oder im zentralen Nervensystem sind ein Hinweis auf eine schwerere Form des von-Willebrand-Syndroms.
Bislang verfügbare Behandlungen wie Desmopressin oder Antifibrinolytika sind bei Patienten mit schwerem von-Willebrand-Syndrom nicht immer wirksam und können bei bestimmten Patienten unter Umständen auch kontraindiziert sein. Auch aus Plasma gewonnene Faktorkonzentrate, die teilweise zum Einsatz kommen, sind bei manchem Patienten nicht unproblematisch. Zudem sind solche Präparate aufgrund der eingeschränkten Verfügbarkeit von Plasmaspendern begrenzt.
Vonicog alfa ist die erste Therapie mit rekombinantem vWF, die für Menschen mit von-Willebrand-Syndrom entwickelt wurde. Es wirkt auf die gleiche Weise wie natürlicher vWF, ersetzt das fehlende Protein und unterstützt damit die Blutgerinnung und ermöglicht eine vorübergehende Kontrolle der Blutungsstörung.
Zugelassen ist Vonicog alfa bei jenen Patienten, die nicht mit Desmopressin behandelt werden können oder bei denen dieser Wirkstoff unwirksam ist. Vonicog alfa wird zur Behandlung von Blutungsepisoden sowie zur Vorbeugung und Behandlung von Blutungen bei operativen Eingriffen angewendet. Das Mittel wird intravenös verabreicht. Die Dosis und Häufigkeit der Behandlung sind abhängig von Art und Schwere der Blutungsepisode oder dem Ausmaß des operativen Eingriffs sowie vom Gesundheitszustand und Körpergewicht des Patienten. Im Falle einer Bedarfsbehandlung sollte die erste Dosis Vonicog alfa 40 bis 80 I.E. pro kg Körpergewicht betragen. In der Fachinformation finden sich weitere Dosierungsempfehlungen für die Behandlung leichter und schwerer Blutungen sowie für das Vorgehen vor, während und nach einer Operation.
In einer offenen Phase-III-Studie wurden Sicherheit, Wirksamkeit und Pharmakokinetik des neuen Wirkstoffs mit und ohne rekombinanten Faktor VIII untersucht. In der Studie wurde der primäre Endpunkt für die Wirksamkeit erreicht, da alle Studienteilnehmer über die erfolgreiche Behandlung von Blutungsepisoden berichteten, wobei bei 96,9 Prozent eine »exzellente« Wirksamkeitsrate und bei 3,1 Prozent eine »gute« Wirksamkeit erreicht wurde. Die meisten Blutungen (81,8 Prozent) konnten mit einer einzigen Injektion gestillt werden und die Behandlung zeigte eine mittlere Halbwertszeit von 21,9 Stunden.
15 Patienten erhielten Vonicog alfa, um Blutungen während operativer Eingriffe vorzubeugen, einschließlich größerer Eingriffe. Der Arzneistoff wurde mit Blick auf die Vorbeugung von Blutungsepisoden für alle 15 Eingriffe als hervorragend oder gut eingestuft.
Unter Therapie mit Veyvondi sind Überempfindlichkeitsreaktionen möglich. Patienten sollten daher über Frühzeichen dieser Reaktionen informiert sein und während der Infusionen sorgfältig überwacht werden. Laut Fachinformation besteht bei einer Vonicog-alfa-Therapie zudem das Risiko thrombotischer Ereignisse. In den Studien wurde über einen Fall von klinisch asymptomatischer tiefer Beinvenenthrombose berichtet. Häufig beobachtete Nebenwirkungen sind zum Beispiel Schwindel, Erbrechen und Übelkeit sowie Juckreiz.
Vonicog alfa ist die erste Therapie mit rekombinantem von-Willebrand-Faktor und stellt für einige Betroffene einen relevanten Behandlungsfortschritt dar. Denn nicht alle Patienten eignen sich für die Therapie mit Desmopressin. Die dann in manchen Fällen verwendeten, aus Plasma gewonnenen Faktorkonzentrate enthalten immer auch Blutgerinnungsfaktor VIII. Wenn es durch wiederholte Anwendung plasmabasierter Präparate zu einer Akkumulation von Faktor VIII kommt und sich somit das Risiko thromboembolischer Ereignisse erhöht, kann dies Probleme in der Therapiesteuerung zur Folge haben. An dieser Stelle ist Vonicog alfa eine gute Alternative. Die bisherigen, wenigen Studienergebnisse sind vielversprechend. Vorläufig ist der Wirkstoff als Sprunginnovation einzustufen. Eine breitere Datenbasis wäre jedoch wünschenswert.
Sven Siebenand, stellvertretender Chefredakteur