Opium-Wundsalben aus Java |
Abbildung 1: Baupläne für Opium-Verpackungsmaschinen, Vorderdeckel mit Prägung. Deutsche Waffen- und Munitionsfabriken Karlsruhe, circa 1896. Bibl. sign. 2 / K DWMK / © DAM
Zuwächse verzeichnet die Sammlung des Deutschen Apotheken-Museums vor allem im Bereich Arzneimittel, zum Beispiel eine Packung »Ovosiston« (1989), sowie interessante Archivalien. Dazu gehören ein Schriftennachlass der Hof-Apotheke Donaueschingen (1746 bis 1913), ein Privileg der Apotheke zum Schwarzen Adler in Berlin (1744) sowie etwa 200 Rezepte aus der Dom-Apotheke Rottenburg (1744 bis 1773). Nachfolgend mehr zu einigen ungewöhnlichen Objekten.
In jedem Fall ein Schwergewicht ist ein Band der Deutschen Waffen- und Munitionsfabriken, Karlsruhe (Baden): »Machines tot de Opium-Verpakking, Systeem Huizer« (circa 1896 bis 1898, 49,5 × 36 cm) mit Schnittzeichnungen von Maschinen zur seriellen Herstellung von Salbentuben (Abbildung 1). Der Katalog führt uns in ein spätes Kapitel niederländischer Kolonialgeschichte.
Konsum und Missbrauch von Opium waren jahrhundertelang auf Java (ehemals Niederländisch-Indien, Indonesien) sowohl in der indigenen als auch chinesischstämmigen Bevölkerung präsent. Es galt als Wachhaltemittel, zur Regeneration der Kräfte, Aphrodisiakum und Allheilmittel – gebraucht als Rauschdroge oder Arzneistoff. Produkte und pharmazeutische Präparate mit höherem Morphingehalt wurden für Wohlhabende produziert. Günstiger waren minderwertige Opium-Tabakprodukte.
Den vormals durch China dominierten Opiumimport auf Java löste im 17. Jahrhundert das Importmonopol der niederländischen Ostindien-Kompanie ab. Der Binnenhandel blieb vorerst in der Hand einheimischer Chinesen, doch deren »Opiumfarmen« und der Schwarzmarkt wurden bald eliminiert. Mit Einrichtung der »Opiumregie« der niederländischen Kolonialregierung unter dem Kolonialminister Wilhelm Karel van Dedem (1839 bis 1895) wurden ab 1891 Verarbeitung und Ausgabe von Opium sowie die Vergabe von Rezepten für pharmazeutische Opiumpräparate zentralisiert und mit maschineller Serienproduktion modernisiert.
Erstmals 1893 bestellte van Dedem bei der Deutschen Metallpatronenfabrik Karlsruhe (ab 1896: Deutsche Waffen- und Munitionsfabriken) Maschinen des Typs »Huizer« zur Produktion von Salbentuben für eine opiumhaltige Wundsalbe – geordert zum Export für eine neue Opiumfabrik in Batavia (Jakarta).
Abbildung 2: Baupläne für Opium-Verpackungsmaschinen – Gerät zum Stampfen von Tuben, Höhe ca. 3,40 m (Ausschnitt; 1:10). Deutsche Waffen- und Munitionsfabriken Karlsruhe, circa 1896. / © DAM
Aus diesem Kontext stammen höchstwahrscheinlich die als Katalog gebundenen Lichtpausen. Sie enthalten Pläne von Maschinen zur Herstellung und Befüllung von Salbentuben aus Zinn im Maßstab 1:1 bis 1:10 (Abbildung 2). Ein großformatiger Plan zeigt den Aufbau eines Opiumröstapparats (180 × 63 cm, 1:5). Auch Maschinen zum Verpacken von Tikee (Rohopium) sowie Tabakschneidemaschinen sind enthalten.
Fotografien dieser Opiumfabrik in Batavia aus dem frühen 20. Jahrhundert, erhalten im Wereldmuseum Amsterdam, zeigen die Maschinen vom Typ »Huizer« sowie Arbeiter beim Verpacken kleinster Tuben – vielleicht mit Opium-Wundsalbe.
Die Einkünfte aus dem Opiumvertrieb auf Java bildeten lange einen erheblichen Teil der Finanzierung der Kolonialbehörden. Erst Anfang des 20. Jahrhunderts wurden die Produktions- und Abgabemengen von Opium nach und nach gezielt stark reduziert – durch veränderte Gewohnheiten der lokalen Bevölkerung und als Reaktion auf eine vermehrte Ethikdiskussion -innerhalb der Kolonialregierung und in den Niederlanden selbst.
Das Verabreichen von Opium in einer Salbe (Unguentum Opiatum) ist eine eher seltene Darreichungsform. In der Pharmacopoea Nederlandica ist sie ab der Ausgabe 1889 nicht (mehr?) verzeichnet.
Zieht man Deutschland als Vergleich heran, ist Unguentum Opiatum in der Pharmacopoea Germanica 1872 enthalten; auch einige Regionalpharmakopöen und pharmakologische Abhandlungen über das Opium führen sie. Später ist sie nicht mehr im Arzneibuch für das Deutsche Reich verzeichnet, nur in den Ergänzungsdrucken des Deutschen Apotheker-Vereins. In welchem Kontext und Umfang diese Salbe am Herstellungsort verabreicht wurde, ließ sich bislang nicht ermitteln.
Im Karlsruher Werk produzierte man also von 1893 an neben Rüstungsmaterial auch für den zivilen Bereich, unter anderem serielle Verpackungssysteme für Pharmazeutika und Kosmetika. Nach dem Zweiten Weltkrieg erfolgte eine völlige Abkehr von der Rüstungsproduktion. Heute befindet sich auf dem Gelände der ehemaligen Munitionsfabrik das Karlsruher »Zentrum für Kunst und Medien«.
Den Ankauf dieses ungewöhnlichen wie spannenden Objekts unterstützte der Förderverein Deutsches Apotheken-Museum.
Abbildung 3: Rudolf Kley, ohne Titel (1997), art collection Lauer-Fischer. / © Avoxa/CompuGroup Medical SE & Co. KgaA
Software war noch nie für ewig gemacht. Der Lauer-Fischer-Änderungsdienst versandte per Post mehrfach jährlich Compact Disks (CD) mit neuen Programmversionen für das Abrechnungswesen an die Apotheken. Jeweils zum 15. Dezember erschien die letzte Software-Aktualisierung eines Jahres.
1997 startete die Lauer-Fischer GmbH (Fürth) eine »art collection«. Zeitgenössische Künstler gestalteten mit farbgewaltigen und feinsinnigen Bildern bis 2010 jährlich die Dezember-CD von WINAPO® und WINAPO® SQL. Eine Sammlung dieser Künstleredition der Jahre 1997 bis 2008 befindet sich mit Software-CDs der Jahre 1993 bis 2011 im Bestand des Deutschen Apotheken-Museums (Inv.-Nr. IX A 226).
Abbildung 4: Wolfgang Zelmer, »aqua e aria« (2002), art collection Lauer-Fischer. / © Avoxa/CompuGroup Medical SE & Co. KgaA
Für das erste Motiv 1997 gewann man den Apotheker und Maler Rudolf Kley (1946 bis 2020) (Abbildung 3). Der Besitzer der Löwen-Apotheke Duisburg-Meiderich war auch fachpolitisch ein engagierter (Aktions-)Künstler. Er gründete 1977 den Kunstmarkt und die Kulturwerkstatt Meiderich, schuf mehrfach Grafiken anlässlich des Apothekertags und stellte 1982 auf dem Deutschen Apothekertag in Düsseldorf aus.
Wolfgang Zelmer (Motiv 2002) ist ein Meister der klassischen Stillleben-Malerei (Abbildung 4). Otmar Alt (Motiv 2004) schuf als vielseitiger Künstler und Illustrator zahlreiche Werke im öffentlichen Raum sowie unter anderem das Wahrzeichen der Engel-Apotheke Münster. Die Apothekerin und Malerin Renate Meinardus (Motiv 2005), der für seine lustigen Monsterfiguren bekannte Patrick Preller (Motiv 2006) sowie der mit farbintensiver Glasmalerei und Glasgestaltung befasste Jörgen Habedank (Motiv 2008) zählen zu den weiteren Künstlern dieser ausgefallenen Edition.
Der Dank für freundliche Informationen zur »art collection Lauer-Fischer« gilt Jörg Struve (CGM Lauer).