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FFP2-Masken

Nur etwas für Profis?

Erinnern Sie sich noch? Der Frosch mit der Maske, hier spricht Edgar Wallace. Gestern Abend sprach beim Pharmacon@home Professor Dr. René Gottschalk. Das war genauso spannend und auch bei ihm war die Maske ein Thema. Die FFP2-Maskenpflicht für die normale Bevölkerung war ein Kritikpunkt von vielen, die der Mediziner anbrachte.
Sven Siebenand
21.01.2021  16:30 Uhr

Ganz wichtig vorab: Gottschalk distanzierte sich eindeutig von allen Querdenkern und Covid-19-Leugnern. »Mit diesen Spinnern habe ich nichts zu tun.« Dennoch stimmten längst nicht alle Einschätzungen des Facharztes für Infektiologie mit den Aussagen vieler Behörden, Institutionen oder Politiker überein.

Beispiel FFP2-Masken: Der Moderator musste in der anschließenden Diskussion gar nicht erst fragen, was Gottschalk darüber denkt, dass Apotheken millionenfach FFP2-Masken an Senioren und Risikopersonen verteilen. Zu klar hatte sich der Referent gegen FFP2-Masken für alle ausgesprochen. Gottschalk hält das Tragen dieser Masken in der normalen Bevölkerung für nicht sinnvoll, weil sie damit nicht vernünftig umgehen könne. Diese Masken seien nur etwas für Profis, die sicherstellen könnten, dass die Maske zum Gesicht passt, richtig angepasst ist und es nicht zur Leckage an den Rändern kommt. Besonders kritisch sieht er den Einsatz dieser Masken wegen des höheren Atemwiderstands bei älteren Menschen mit Lungenerkrankungen oder auch bei Kindern und Jugendlichen. Chirurgische OP-Masken sind laut Gottschalk absolut ausreichend, wenn sie von allen getragen werden. Daher bewertete er das Verbot von Community-Masken, beispielsweise in den öffentlichen Verkehrsmitteln, als positive Maßnahme. Ferner sprach er sich für ein generelles Verbot von Masken mit Ausatemventil aus. Diese seien absolut kontraproduktiv, weil sie keinen Fremdschutz böten.

Sieben-Tage-Inzidenz »kein geeigneter Wert«

Vom Frosch mit der Maske zum Mann mit der Fliege: Der gesundheitspolitische Sprecher der SPD, Professor Dr. Karl Lauterbach, hatte unlängst gefordert, die Sieben-Tage-Inzidenz pro 100.000 Einwohner nicht nur auf 50, sondern auf unter 25 zu bringen. »Da fehlen mir die Worte«, so Gottschalk in Anbetracht der Vielzahl durchgeführter anlassloser Tests, die eben auch viele positive SARS-CoV-2-Nachweise ohne klinische Relevanz nach sich zögen. Ein solcher Vorschlag sei nur mit dem Unverstand für die Zusammenhänge zu erklären. »Wie lang soll der Lockdown denn dauern?«, fragte der Mediziner.

Grundsätzlich hadert Gottschalk damit, dass die Politik als Surrogatparameter für den Erfolg oder Misserfolg von Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie die Sieben-Tage-Inzidenz je 100.000 Einwohner heranzieht. »Epidemiologisch betrachtet ist dieser Wert absolut ungeeignet«, sagte Gottschalk angesichts der Covid-19-Erkrankung, die für 80 Prozent der Infizierten keine oder nur milde Konsequenz hat. »Das Einzige, was dieser Wert angibt, ist die Höhe der Auslastung der Gesundheitsämter.« Viel bessere Parameter zur Evaluation des Erfolgs einer Maßnahme seien die Auslastung der Krankenhausbetten, der Intensivbetten und der Beatmungsplätze.

Kritisch äußerte sich Gottschalk auch zum Gleichsetzen von PCR-positiv Getesteten mit infektiologischen Fällen, die in der Statistik des Robert-Koch-Instituts (RKI) gezählt werden. Für den Mediziner ist das großer Unsinn, der infektiologisch nicht haltbar sei. Es sei ihm ein Rätsel, wieso das RKI, das bei anderen Erkrankungen früher ganz anders gezählt habe, nun so vorgehe.

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