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Mit Nebenwirkung ins Krankenhaus

Notaufnahme profitiert von Apothekern

Unerwünschte Arzneimittelwirkungen sind nicht selten der Grund für die Vorstellung in einer Notaufnahme. Bei deren Identifikation und Management können Krankenhausapotheker unterstützen. Entsprechende Daten präsentierte Apotheker Benjamin Hellinger vom Universitätsklinikum Leipzig beim ADKA-Kongress.
Sven Siebenand
06.05.2022  13:30 Uhr

In der Notaufnahme laufen viele Prozesse parallel ab, es besteht eine hohe Arbeitslast und die Arzneimittelanamnese ist mitunter nachrangig. Dadurch werden unerwünschte Arzneimittelwirkungen (UAW) möglicherweise nicht immer erkannt. Krankenhausapotheker könnten an dieser Stelle helfen, machte Hellinger deutlich. Um dies mit Zahlen zu untermauern, wurde der Apotheker am Universitätsklinikum Leipzig ab 2020 in das Behandlungsteam der Notaufnahme integriert. Während er im ersten Jahr eine beobachtende Funktion innehatte, wurden im Jahr 2021 alle Patienten ab 50 Jahre, die während der Dienstzeiten des Apothekers in die Notaufnahme kamen, hinsichtlich UAW als Vorstellungsgrund evaluiert. Bei der Identifizierung von UAW half eine kurze Checkliste, die in interdisziplinärer Zusammenarbeit erstellt worden war.

Wie Hellinger berichtete, wurden insgesamt 2715 Patientenfälle aus der Notaufnahme näher untersucht. Alle Patienten waren mindestens 50 Jahre alt. Bei 291 von ihnen, also in knapp 11 Prozent aller Fälle, war eine UAW der Grund für den Besuch in der Notaufnahme. Im Jahr zuvor war dies nur bei 4 Prozent der Patienten erkannt worden. Hellingers Schluss: Ein großer Teil der Nebenwirkungen wird übersehen und Apotheker können das Team der Notaufnahme dabei unterstützen, UAW als Grund des Aufsuchens der Notaufnahme zu identifizieren.

Die 291 Patienten waren im Durchschnitt 78 Jahre alt und nahmen im Median acht Arzneimittel ein. Vor allem Herz-Kreislauf-Medikamente und Antihrombotika, aber auch Substanzen für eine Indikationen, etwa Antipsychotika, Antidepressiva sowie Chemotherapeutika, hatten die UAW verursacht. In vielen Fällen, und auch hier war der Apotheker an der Erarbeitung eines Lösungsvorschlages beteiligt, konnte das die UAW verursachende Medikament abgesetzt, dessen Dosis reduziert oder eine Therapiepause eingelegt werden. Die Akzeptanzquote des Lösungsvorschlags lag laut dem Referenten bei mehr als 95 Prozent. Das heißt, Apotheker können offenbar nicht nur bei der Identifizierung von UAW als Auslöser für das Aufsuchen einer Notaufnahme helfen, sondern auch beim Management der UAW.

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