Neugier ist ein Urmotiv |
Jennifer Evans |
04.04.2019 13:00 Uhr |
»Es lohnt sich, seinen Neugier-Akku immer wieder aufzuladen«, sagte die Kommunikationstrainerin Margit Hertlein. / Foto: PZ/Alois Mueller
Zunächst muss einem klar sein, dass es verschiedene Arten von Neugier gibt. Die studierte Ethnologin und Betriebswirtin Margit Hertlein zählt sie auf: Sensationsgier, soziale Neugier und epistemische Neugier, der sogenannte Wissensdurst. Nicht jede Form habe in unserer Kultur aber einen guten Ruf. Dennoch sei diese Eigenschaft verantwortlich dafür, dass sich die Menschheit stets weiterentwickelt habe. »Nicht jeder besitzt jedoch denselben Grad an Neugier«, betont die Referentin. Die verschiedenen Ausprägungen bewegen sich demnach zwischen den Polen einer ganz pragmatischen Form, die allein am Nutzen orientiert ist, und einer sehr ausgeprägten Variante, bei der der Sinn hinter dem neuen Wissen nicht sofort sichtbar sein muss. Entsprechend ersticke ein Chef die Ideen seiner Mitarbeiter bereits im Keim, wenn er sagt: »Das bringt uns doch jetzt nichts.« Tauche der Gedanke an den Nutzen zu früh auf, erkenne man die Chancen darin nicht. Besser ist es daher, alle Ideen zunächst zu sammeln, rät sie. »Das ist zwar anstrengender, aber neugierige Mitarbeiter steigern den wirtschaftlichen Ertrag eines Unternehmens.« Hertleins Angaben zufolge besitzen wissensdurstige Angestellte nämlich mehr Resilienz, was sich wiederum auf den Umgang mit den Kunden und damit den Erfolg auswirkt.
Wichtig ist also, sich seine Neugier im Alltag zu erhalten. Das sei nicht immer leicht, so Hertlein. Schließlich bekomme sie spätestens in der Schule den ersten Dämpfer namens Disziplin. Interessierte Nachfragen im Unterreicht ließen Lehrer nur noch in einem gewissen Rahmen zu. Im Alter lähme dann zusätzlich Gewohnheit und Routine die Neugier. »In der Komfortzone zu bleiben, spart Energie«, erläutert Hertlein. Die Haltung »weiß ich schon, kenn' ich schon, brauch' ich nicht« verleite allerdings dazu, bei Veränderungen zu jammern, statt die Möglichkeiten darin zu erkennen. Die Kommunikationstrainerin bedauert, dass Neues eben nicht automatisch Neugier auslöst. Umso wichtiger sei es, seine eigene stets selbst zu füttern. Das gelingt durch die innere Haltung. Beispielweise, in dem man seinen Arbeitsplatz einmal aus der Perspektive des Kunden betrachtet oder über den Tellerrand seines Fachgebiets hinausschaut – ohne dabei gleich an den Nutzen zu denken. Außerdem förderten sogenannte Musterunterbrecher im Umfeld, etwa eine überraschende Dekoration in der Apotheke, nachweislich den Ideenreichtum. Neugier ist der Beginn von allem, ist Hertlein überzeugt. Man müsse sie nur pflegen. Ihr Fazit: »stay hungry.«