Neues Potenzial für Allergien |
Fleischersatzprodukte wie vegane Grillwürstchen oder Burger enthalten häufig hochkonzentrierte Proteinisolate. / Foto: Adobe Stock/Harald Walker
Vegane Ernährung liegt aus Nachhaltigkeitsgründen im Trend. Da bei dieser Ernährungsweise auf tierische Produkte verzichtet wird, muss der Proteinbedarf aus pflanzlichen Quellen gedeckt werden. »Im Fokus stehen hier die Hülsenfrüchte, nämlich Linse, Erbse, Bohne und Kichererbse«, berichtete Ökotrophologin Christiane Schäfer aus Schwarzenbek beim Online-Allergietag des Deutschen Allergie- und Asthmabunds (DAAB). Als Proteinquellen kommen zudem Soja und dessen Produkte, Lupine, Getreide, Nüsse, Kartoffeln und Proteinextrakte infrage. Aus allergologischer Sicht sind diese Lebensmittel unterschiedlich zu bewerten, wobei manche ein erhebliches Gefahrenpotenzial haben.
»Zwei Drittel der gemeldeten Lebensmittel-Anaphylaxien werden durch pflanzliche Lebensmittel ausgelöst, die in der veganen Ernährung einen hohen Stellenwert haben«, sagte Schäfer. Relevant seien hier nicht nur Nüsse und Ölsaaten, sondern auch andere Lebensmittel wie Lupine, Soja und vor allem auch Proteinisolate. Selbst Obst wie Kiwi, Apfel oder Pfirsich und Gemüse wie Sellerie und Avocados könnten Anaphylaxien als schwerste Form von allergischen Reaktionen auslösen, berichtete die Referentin. Das Allergen sei dabei in der Regel ein Protein beziehungsweise ein Teil davon.
Häufig seien gerade Nüsse und Ölsaaten wie Cashew oder Sesam sichtbar in Lebensmitteln enthalten, wodurch sie vergleichsweise leicht zu meiden seien. Zunehmend seien diese Proteinlieferanten aber auch in veganen Lebensmitteln in verarbeiteter Form zu finden, beispielsweise als Käseersatz. Gerade vegane Käsealternativen gebe es viele. »Sie sind alle hochverarbeitet und enthalten nur bedingt wertgebende Zutaten«, so das Urteil der Ernährungswissenschaftlerin. Neben Wasser, Öl und Stärkeprodukten seien auch allergene Zutaten wie Mandel, Erbsenprotein, Cashew oder Sojaproteinisolate enthalten.
Ähnlich sehe es bei den Fleischersatzprodukten aus, sagte Schäfer. Diese enthielten häufig Sojaproteinisolate oder -konzentrate, in denen die Proteine bis zu 70 oder 80 Prozent aufkonzentriert seien. Auch in diesen werden zum Teil Proteine aus verschiedenen pflanzlichen Nahrungsmitteln gemischt. Das könne auch bei Allergikern, die sich mit ihrer Lebensmittelallergie eigentlich gut auskennen, zu Problemen führen, wenn es etwa in der Kantine ein veganes »Geschnetzeltes« gebe, das dann kritische Proteine enthalte.
Auf verarbeiteten Lebensmitteln selbst müssen 14 Hauptauslöser von Allergien angegeben werden, berichtete Schäfer. Auf diese verzichteten viele Hersteller, griffen dafür aber zum Teil auf ebenfalls allergologisch bedenkliche Stoffe wie Kichererbsen-, Leinsamenmehl, Erbsenprotein oder Erbsenfasern zurück. Selbst Nudeln würden zum Teil mit Erbsenprotein angereichert, um die Proteinaufnahme für Veganer zu erleichtern. »Die Erbse wird das neue Allergen«, prophezeite die Expertin.
Gerade für Pollenallergiker können vegane Produkte mit Bestandteilen von Soja, Mandel, Lupine oder eben Erbse ein Problem werden, da sie Kreuzallergien gegen diese entwickeln können. Diese Kreuzallergien, die auch die Anamnese der Lebensmittelallergie erschweren, sollten Allergologen verstärkt auf dem Schirm haben, riet Schäfer.
Insgesamt sei für Veganer ein ganz neues Lebensmittelsegment entstanden, das mitunter problematische Proteinkombinationen enthalte. Diese hochverarbeiteten Lebensmittel widersprächen dem eigentlich sehr positiven Ansatz der veganen Ernährung, nämlich sich nachhaltig und gemüsebasiert zu ernähren, sagte die Ökotrophologin. Die allgemeinen Megatrends bei der Ernährung, nämlich die Tendenz zu Fingerfood, Streetfood und zu Convenienceprodukten, seien auch in der veganen Ernährungsweise vorhanden.