Neuer Tb-Impfstoff erfolgreich in Phase IIb |
Daniela Hüttemann |
31.10.2019 08:00 Uhr |
Der neue Impfstoff soll verhindern, dass aus einer latenten Tuberkulose-Infektion eine aktive Erkrankung wird. / Foto: Adobe Stock/StudioLaMagica
Dem neuesten Tuberkulose-Report der Weltgesundheitsorganisation (WHO) zufolge ist die Infektionskrankheit eine der zehn häufigsten Todesursachen weltweit. Etwa 1,5 Millionen Menschen verstarben 2018 daran; rund zehn Millionen infizierten sich neu. Man geht davon aus, dass jeder vierte Mensch weltweit mit Tuberkulose infiziert ist (Latenz); bei jedem zehnten von ihnen kommt es zu einer aktiven Lungentuberkulose. Schätzungsweise 484.000 Betroffene entwickelten eine Rifampicin-resistente Tb; 78 Prozent waren mit multiresistenten Mykobakterien infiziert.
Bereits vor rund 100 Jahren gelang es den Franzosen Albert Calmette und Camille Guérin, einen Lebendimpfstoff gegen Tuberkulose zu entwickeln, die nach ihnen benannte BCG-Impfung. BCG steht für Bacillus Calmette-Guérin, einen abgeschwächten Stamm von Mycobacterium bovis. Die Wirkung ist beschränkt. So kann die Impfung zwar eine Ansteckung nicht verhindern, sie schützt jedoch vor allem Kinder zum Teil vor gefährlichen Komplikationen. Die WHO empfiehlt den Einsatz je nach Prävalenz im Land nur bestimmten Risikogruppen. Die Ständige Impfkommission (STIKO) in Deutschland empfiehlt den Einsatz seit 1998 nicht mehr. Als Gründe nennt das Robert-Koch-Institut eine günstige epidemiologische Situation in Deutschland mit geringem Infektionsrisiko in der Bevölkerung, einer ungenügenden Schutzwirkung sowie nicht selten unerwünschte Nebenwirkungen.
Laut WHO befinden sich derzeit 14 Impfstoffkandidaten in klinischen Studien. Einer von ihnen ist M72/AS01E von Glaxo-Smith-Kline (GSK). Die Vakzine enthält das rekombinante Fusionsprotein M72, das die zwei Antigene Mtb32A und Mtb39A aus Mycobacterium tuberculosis verbindet. Als Adjuvanz ist AS01 zugesetzt, dieselbe Komponente wie im Herpes-zoster-Impfstoff Shingrix® oder der RTS,S-Malaria-Vakzine.
Diese Woche veröffentlichten Mitarbeiter des Pharmaunternehmens die finalen Ergebnisse einer Phase-IIb-Studie parallel bei der 50th Union World Conference on Lung Health in Indien und im Fachmagazin »New England Journal of Medicine«. Ziel der Impfung war nicht, die Neuansteckung zu verhindern, sondern die Inzidenz einer manifesten Lungentuberkulose bei HIV-negativen Erwachsenen mit latenter Tb-Infektion zu verhindern.
3.575 Personen mit einer latenten Tb-Infektion in Kenia, Südafrika und Sambia wurden 1 zu 1 randomisiert und erhielten entweder zwei Impfstoffdosen M72/AS01E oder Placebo. Ausgewertet wurden die Daten von 3.289 Teilnehmern. Dabei entwickelte sich bei 13 von 1.626 Probanden in der M72/AS01E-Gruppe eine aktive Tb gegenüber 26 von 1.663 in der Placebogruppe. Mit 0,3 Fällen pro 100 Personenjahren gegenüber 0,6 lag die Inzidenz unter Verum also halb so niedrig wie unter Placebo. Die Probanden der Verumgruppe zeigten über die drei Jahre Laufzeit der Studie eine ausreichende Immunantwort. Insgesamt lag die Schutzwirkung über diesen Zeitraum bei 49,7 Prozent.
Die Rate schwerer unerwünschter Effekte, potenziell immunvermittelter Erkrankungen und Todesfälle war in beiden Gruppen vergleichbar, sodass von einem akzeptablen Sicherheitsprofil ausgegangen wird. Längere und größere Studien sollen die Ergebnisse bestätigen. Bis zur Zulassung wird es noch ein paar Jahre dauern.