Neuer Checkpoint-Inhibitor bei Lungenkrebs |
Brigitte M. Gensthaler |
24.10.2018 15:02 Uhr |
Lungenkrebs ist in Deutschland eine der häufigsten Krebserkrankungen und hat eine hohe Sterblichkeit.
Durvalumab wird als Monotherapie bei Erwachsenen eingesetzt, bei denen mindestens 1 Prozent der Tumorzellen das Protein PD-L1 exprimieren und deren Krankheit nach einer Platin-basierten Radiochemotherapie nicht weiter fortgeschritten ist. Die empfohlene Dosis beträgt 10 mg pro kg Körpergewicht alle zwei Wochen als intravenöse Infusion über 60 Minuten. Es wird keine Dosissteigerung oder -reduktion empfohlen. Bei schlechter Verträglichkeit, zum Beispiel bei immunvermittelten Nebenwirkungen, muss eventuell eine Dosis ausgesetzt oder die Therapie abgebrochen werden. Dazu gibt die Fachinformation ausführliche Empfehlungen. Die Durvalumab-Therapie wird bis zur Krankheitsprogression oder einer inakzeptablen Toxizität fortgesetzt. Die maximale Therapiedauer beträgt zwölf Monate.
Die systemische Anwendung von Corticosteroiden, außer in physiologischer Dosis (maximal 10 mg pro Tag Prednison oder Äquivalent), oder Immunsuppressiva wird vor Beginn der Antikörper-Gabe nicht empfohlen. Diese Medikamente können jedoch zur Behandlung von immunvermittelten Nebenwirkungen eingesetzt werden.
Der vollständig humane monoklonale Antikörper Durvalumab bindet den Programmed-Death-Liganden 1, der von Tumorzellen oder tumorassoziierten Immunzellen im Tumormikromilieu exprimiert wird. Durch seine Interaktion mit PD-1 und CD80 (B7.1) blockiert PD-L1 die T-Zellfunktion und -aktivierung. Damit wird die zytotoxische T-Zellaktivität, Proliferation und Zytokinproduktion ausgebremst. Wird die Interaktion zwischen PD-L1/PD-1 sowie PD-L1/CD80 durch Checkpoint-Inhibitoren blockiert, verbessert sich die antitumorale Immunantwort und die T-Zellen werden wieder aktiviert.
Den Nutzen einer Monotherapie mit Durvalumab zeigte die Phase-III-Studie PACIFIC. Eingeschlossen waren 713 Patienten mit nicht metastasiertem, aber lokal fortgeschrittenem inoperablem NSCLC, die im Anschluss an eine Platin-basierte Radiochemotherapie randomisiert entweder den Antikörper (476 Patienten) oder Placebo (237 Patienten) bekamen.
Die Infusionen wurden zwölf Monate lang oder bis zum Auftreten einer inakzeptablen Toxizität oder bis zur Krankheitsprogression fortgesetzt. Patienten, deren Erkrankung nach einem Jahr unter Kontrolle war, konnten bei erneutem Fortschreiten wieder Durvalumab bekommen. Die Patienten wurden unabhängig von ihrem Tumor-PD-L1-Expressionsstatus in die Studie eingeschlossen. Bei rund einem Drittel war der Expressionsstatus unbekannt. Primäre Endpunkte waren das Gesamt- und das progressionsfreie Überleben (PFS). Das Verum verringerte das Sterberisiko der Patienten deutlich. Das mediane Gesamtüberleben betrug unter Placebo knapp 29 Monate, während es unter Durvalumab nach mehr als drei Jahren noch nicht ermittelt werden konnte. Das PFS lag median bei 16,8 versus 5,6 Monaten. Patienten mit einer PD-L1-Expression von mindestens 1 Prozent schnitten noch etwas besser ab.
Häufigste Nebenwirkungen in der PACIFIC-Studie waren Husten (40,2 versus 30,3 Prozent unter Placebo), Infektionen der oberen Atemwege (26,1 versus 11,5 Prozent) und Hautausschlag (21,7 versus 12 Prozent). Die häufigste Nebenwirkung von Grad 3 bis 4 war eine Pneumonie (6,5 versus 5,6 Prozent). Schwere Nebenwirkungen (Grad 3 oder 4) traten bei 12,8 Prozent der Patienten unter Verum gegenüber 9,8 Prozent in der Placebo-Gruppe auf.
Frauen im gebärfähigen Alter müssen während einer Behandlung mit Durvalumab und mindestens drei Monate nach der letzten Dosis eine Empfängnis zuverlässig verhüten. Ist dies nicht gewährleistet, sollte der Antikörper nicht gegeben werden. In der Stillzeit müssen Arzt und Patientin entscheiden, ob das Stillen zu unterbrechen ist oder ob auf die Behandlung mit Durvalumab verzichtet oder diese unterbrochen werden soll.
Das Medikament ist im Kühlschrank zu lagern (2 °C bis 8 °C), darf aber nicht einfrieren.
Foto: Fotolia/pix4U
Von Sven Siebenand, stellvertretender Chefredakteur / Mittlerweile sind einige Antikörper für die Immuntherapie des nicht kleinzelligen Lungenkarzinoms (NSCLC) verfügbar. Der Wirkmechanismus ist es also nicht, der Durvalumab besonders interessant macht. Das Interessante an Durvalumab ist der Fokus auf Patienten im Stadium III. Die bislang bei NSCLC zugelassenen Immuntherapeutika kommen vor allem Patienten im Stadium IV zugute. In der Zulassungsstudie PACIFIC zeigte Durvalumab, dass es nach einer erfolgreichen Radiochemotherapie bei Patienten mit tumoraler PD-L1-Expression von mindestens 1 Prozent das progressionsfreie sowie das Gesamtüberleben verlängern kann. Der neue Wirkstoff besetzt also erfolgreich ein anderes Einsatzgebiet. Die Prognose für Patienten im NSCLC-Stadium III bleibt zweifelsohne ungünstig, jedoch besteht in der Frühphase dieses Stadiums noch eine Chance auf Heilung. Synergieeffekte durch eine kombinierte Radiochemo- und Immuntherapie lassen sich offenbar ausnutzen. Ärzte könnten mehr Patienten in diesem Stadium mit kurativer Absicht weiterbehandeln. /