Neuer Antikörper bei Gicht in Sicht |
| Sven Siebenand |
| 10.11.2025 16:20 Uhr |
Akute Gichtanfälle sind für Betroffene nicht nur extrem schmerzhaft, sondern auch therapeutisch mitunter schwierig, insbesondere wenn nicht steroidale Antirheumatika (NSAR) und Colchicin kontraindiziert sind, nicht vertragen werden oder nicht ausreichend wirken. / © Adobe Stock/ThamKC
Akute Gichtanfälle sind für Betroffene nicht nur extrem schmerzhaft, sondern auch therapeutisch schwierig, insbesondere wenn nicht steroidale Antirheumatika (NSAR) und Colchicin kontraindiziert sind, nicht vertragen werden oder nicht ausreichend wirken.
In einer randomisierten und doppelblinden Studie wurden 311 Patienten mit akuter Gichtarthritis, die in den vergangenen zwölf Monaten mindestens zwei Gichtanfälle hatten und für NSAR und/oder Colchicin nicht geeignet waren, eingeschlossen. Sie erhielten entweder eine einmalige subkutane Gabe von Firsekibart (ehemals Genakumab) 200 mg oder 7 mg Betamethason intramuskulär. Die Studie wurde im Double-Dummy-Verfahren durchgeführt, sodass auch bei den verschiedenen Darreichungsformen eine Verblindung möglich war. Primäre Endpunkte waren die Veränderung der Schmerzintensität im am stärksten betroffenen Gelenk nach 72 Stunden sowie die Zeit bis zum ersten neuen Gichtanfall in den folgenden zwölf Wochen.
Im erstgenannten Endpunkt war Firsekibart nicht deutlich besser als das Corticoid. Der Antikörper zeigte eine mit der Steroidtherapie vergleichbare Schmerzlinderung. Firsekibart bewirkte aber zwischen dem zweiten und siebten Tag nach der Gabe eine bessere Schmerzlinderung im Vergleich zu Betamethason. Der eigentliche Vorteil des Antikörpers offenbarte sich in der Prophylaxe neuer Schübe: Firsekibart verzögerte die mediane Zeit bis zum ersten neuen Schub signifikant und reduzierte das Risiko eines neuen Schubs um 90 Prozent über zwölf Wochen und um 87 Prozent über 24 Wochen. Innerhalb von zwölf Wochen erlitten 11 Prozent der Patienten im Firsekibart-Arm mindestens einen neuen Gichtanfall, verglichen mit 65 Prozent im Betamethason-Arm. Nach 24 Wochen waren es 15 versus 67 Prozent. Das Sicherheitsprofil war in beiden Armen ähnlich. Unter Firsekibart wurde Hypertriglyceridämie am häufigsten beobachtet.
Interessant sind auch die publizierten Ergebnisse einer Subgruppenanalyse. Da etwa 70 Prozent der erwachsenen Gicht-Patienten eine chronische Nierenerkrankung aufweisen (Stadium 3 und höher), sind NSAR oder Colchicin häufig nur eingeschränkt einsetzbar oder kontraindiziert. Firsekibart wird nicht renal ausgeschieden, sondern überwiegend über intrazelluläre Enzyme abgebaut. Dadurch könnte sich der Wirkstoff besonders für das genannte Patientenkollektiv eignen. Eine Subgruppenanalyse der Studie von 42 Teilnehmern mit einer eGFR < 60 ml/min/1,73 m2 zeigte ähnliche Ergebnisse wie im Gesamtkollektiv. Das Risiko eines neuen Schubs war über zwölf Wochen um 98 Prozent und über 24 Wochen um 96 Prozent reduziert. Zudem konnte der Antikörper auch in diesem Kollektiv hinsichtlich der Schmerzlinderung mit Betamethason mithalten.
Firsekibart ist wie der bereits verfügbare Antikörper Canakinumab gegen Interleukin-1β gerichtet und unterbindet dessen Interaktion mit dem IL-1β-Rezeptor. IL-1β gilt als ein zentrales proinflammatorisches Zytokin in der Pathophysiologie der Gicht. Durch Blockade von IL-1β unterbrechen die beiden Antikörper diese Signalkaskade und reduzieren die Entzündungsreaktion. Canakinumab ist unter anderem zur symptomatischen Behandlung von erwachsenen Patienten mit häufigen Gichtanfällen (mindestens drei Anfälle in den vorangegangenen zwölf Monaten) zugelassen, wenn NSAR und Colchicin kontraindiziert sind, nicht verträglich sind oder keine ausreichende Wirkung zeigen und für die wiederholte Behandlungszyklen mit Corticoiden nicht infrage kommen. Möglicherweise wird der Antikörper eines Tages durch Firsekibart Konkurrenz bekommen.