Neue Therapien bei Lungenhochdruck |
Wenn die Sauerstoffsättigung im Blut deutlich abfällt, brauchen Patienten mit pulmonaler arterieller Hypertonie eine externe Sauerstoffzufuhr. / © Adobe Stock/Ralf Geithe
Die pulmonale arterielle Hypertonie (PAH) ist eine relativ seltene Erkrankung. In Deutschland leiden circa 3000 bis 4000 Erwachsene daran. Bei Kindern geht man von 2 bis 2,2 Fällen pro 1 Million aus. Bei Mädchen und Frauen tritt die Erkrankung fast doppelt so häufig auf wie bei Jungen und Männern (1, 2).
Die PAH betrifft die Lungenarterien, die das Blut von der rechten Herzhälfte in die Lunge transportieren. Sie ist definiert durch einen mittleren pulmonal arteriellen Druck (PAPm) über 20 mmHg in Ruhe (normal 10 bis 11 mmHg) und einen pulmonal vaskulären Widerstand (PVR) über 2 Wood-Einheiten (WE, normal 0,7 bis 1,1). Durch den chronisch erhöhten Blutdruck in den Lungengefäßen wird das Herz in Mitleidenschaft gezogen: Der Herzmuskel verdickt sich, verliert immer mehr an Elastizität und ist letztlich nicht mehr in der Lage, das notwendige Blutvolumen zu transportieren. Es entwickelt sich eine Rechtsherzinsuffizienz. Im fortgeschrittenen Stadium kann es auch zu Veränderungen von Schilddrüse, Niere und Leber kommen (1, 3).
Die klinischen Symptome der PAH sind unspezifisch und vor allem auf die zunehmende Rechtsherzinsuffizienz zurückzuführen. Die Patienten klagen über Kurzatmigkeit bei körperlicher Belastung, Müdigkeit, körperliche Schwäche, Angina pectoris und Synkopen während und kurz nach körperlicher Anstrengung. Häufig wird die Diagnose gestellt, wenn sich der Patient von einer Atemwegsinfektion nicht vollständig erholt und das Röntgenbild ein vergrößertes Herz zeigt.
Bei Säuglingen und Kleinkindern können auch eine Trinkschwäche, rezidivierendes Erbrechen oder eine Gedeihstörung auf eine PAH hindeuten. Bei Kindern und Jugendlichen treten Entwicklungsverzögerungen auf (1, 3).
Lungenhochdruck im Kindesalter unterscheidet sich von dem der Erwachsenen insbesondere durch die spezifische Pathophysiologie der Herzfehler-assoziierten PAH, das Vorkommen von entwicklungsbedingten Lungenerkrankungen und die häufige Assoziation mit chromosomalen und genetischen Auffälligkeiten, zum Beispiel mit Trisomie 21. Vor allem bei zu früh geborenen Kindern ist PAH eine direkte Folgeerscheinung der Lungenunreife und der verzögerten Anpassung der Lunge an das postnatale Leben.
Bei circa 82 Prozent der Neugeborenen und Kinder ist die PAH transient, weil operativ behandelbar, zum Beispiel bei reparablen kardialen Shunts oder einer pulmonalen arteriolären Verengung. Bei 34 bis 49 Prozent der Neugeborenen und Kleinkinder mit nicht-transienter PAH liegt eine entwicklungsbedingte Lungenerkrankung vor, zum Beispiel eine bronchopulmonale Fehlbildung (Dysplasie), kongenitale Zwerchfellhernie oder pulmonale Gefäßanomalien (4).
Die pulmonale Vasokonstriktion wird bei Kindern – sofern nicht angeboren – und Erwachsenen durch einen Mangel an den vasodilatatorischen Botenstoffen Stickstoffmonoxid (NO) und Prostacyclin (PGI2) hervorgerufen beziehungsweise durch eine erhöhte Konzentration von Endothelin-1 (ET-1), das vasokonstriktorisch wirkt und die Fibrogenese und Zellproliferation anregt. Auch erhöhte Konzentrationen von Phosphodiesterase Typ 5 (PDE-5) werden gefunden. Das Enzym baut zyklisches Guanosinmonophosphat (cGMP) ab; dies ist ein potenter Vasodilatator, dessen Produktion durch NO stimuliert wird (5).
Das kindliche Endothelium der Lungengefäße produziert Wachstumsfaktoren, die für die Homöostase und den Gefäßtonus wichtig sind. Der Auslöser für die endotheliale Dysfunktion, die zur vermehrten Ausschüttung von vasoproliferativen Wachstumsfaktoren wie Vascular Endothelial Growth Factor (VEGF), Tumornekrosefaktor alfa (TNF-α) und Platelet Derived Growth Faktor (PDGF) sowie vasokonstriktiven Botenstoffen führt, ist noch nicht geklärt. Entzündungen und damit einhergehende erhöhte Konzentrationen von Zytokinen, Interleukinen und Chemokinen können zur Verschlechterung einer PAH beitragen. Beispielsweise können rheumatische Erkrankungen zu einer PAH-Krise führen. Bei Kindern, vor allem bei zu früh Geborenen, verschlechtern vor allem Infektionen die Symptome (5, 6).
Der Transforming Growth Factor beta-(TGF-β-)Signalweg spielt eine wichtige Rolle in der embryonalen Herzentwicklung und der Gefäßentstehung. Der Bone Morphogenetic Protein Receptor-2 (BMPR-2) ist Teil des TGF-β-Signalwegs. Dieser Rezeptor ist essenziell für die Zellhomöostase, da er die Apoptose fördert und die Proliferation hemmt. Eine Verringerung von BMPR-2 bedeutet daher ein gesteigertes Wachstum der glatten Muskelzellen und Endothelzellen in den Arteriolen. Gegenspieler des BMPR-2-Signalwegs ist der Activin-Signalweg, der vermehrt pro-proliferativ wirkt (6).
Mutationen in den für BMPR-2 und Activin kodierenden Genen (BMPR-2 oder ACVRL-1) prädisponieren für die Entstehung einer PAH im Kindesalter. Bei Trägern einer BMPR-2- oder ACVRL-1-Mutation wird meist ein aggressiverer Verlauf der Erkrankung beobachtet; die Patienten haben bereits in jüngerem Alter eine ungünstige Hämodynamik (4).