Neue Option bei Sichelzell-Anämie |
Die Verformung der roten Blutkörperchen, die normalerweise rund, glatt und weich sind, zu spitzen, klebrigen und harten Zellen verleiht der Sichelzell-Anämie ihren Namen. / Foto: CDC
Die Sichelzell-Krankheit oder Sichelzell-Anämie ist eine erbliche Erkrankung der roten Blutkörperchen. Bei den Betroffenen liegt eine Punktmutation der β-Kette des Hämoglobins vor, die zur Bildung von irregulärem Hämoglobin, dem sogenannten Sichelzell-Hämoglobin (Hämoglobin S, HbS), führt. Bei einer guten Sauerstoffversorgung hat dies keine Folgen. Im desoxygenierten Zustand des HbS können sich jedoch mehrere Hämoglobinmoleküle zu Polymeren verbinden. Es kommt dann zu der charakteristischen Verformung der Erythrozyten zu spitzen, klebrigen und harten Zellen, die der Erkrankung den Namen gegeben hat.
Die Sichelzellen können kleine Blutgefäße verstopfen, was schmerzhafte, teils lebensbedrohliche Durchblutungsstörungen (Sichelzellkrisen) auslöst, die schlimmstenfalls zum Multiorganversagen führen. Menschen mit Sichelzell-Anämie haben eine um 30 Jahre verminderte Lebenserwartung. Zudem sind die Sichelzellen fragil und reißen leicht. Es kommt zur Hämolyse und Anämie, was die Lebensqualität verschlechtert und regelmäßige Transfusionen erforderlich macht.
Der orale, niedermolekulare Wirkstoff Voxelotor (Oxbryta™, Global Blood Therapeutics) hemmt die HbS-Polymerisierung und die Sichelzell-Bildung der Erythrozyten. In den USA hat er in einem beschleunigten Verfahren die Zulassung erhalten. Sie basiert auf den Daten der Phase-III-Studie HOPE mit 274 Patienten mit Sichelzell-Anämie. Die Probanden erhielten einmal täglich entweder 1500 mg Voxelotor, 900 mg Voxelotor oder Placebo. Primärer Endpunkt war ein Anstieg des Hämoglobin-Werts um mindestens 1 g/dl innerhalb von 24 Wochen. Diesen erreichten 51 Prozent der Patienten mit der höheren Voxelotor-Dosierung gegenüber 7 Prozent der Patienten aus der Placebogruppe. Als häufigste Nebenwirkungen traten Kopfschmerzen, Diarrhö, Bauchschmerzen, Übelkeit sowie Müdigkeit und Fieber auf.
Die Sichelzell-Anämie betrifft vorwiegend die afrikanisch-stämmige Bevölkerung. In den USA leben laut FDA 100.000 Menschen mit der Erkrankung. In Deutschland sind infolge der Migration etwa 3000 Menschen von Sichelzell-Anämie betroffen. Experten fordern daher die Aufnahme der Sichelzell-Anämie in das Neugeborenen-Screnning-Programm. Ein entsprechender Antrag liegt dem Gemeinsamen Bundesausschuss vor.