Neue Impfnebenwirkungen unter Beobachtung |
Christina Hohmann-Jeddi |
12.03.2021 17:44 Uhr |
Unerwünschte Reaktionen können bei Impfungen immer auftreten. Zu den Covid-19-Impfstoffen gibt es Hinweise auf mehrere bislang nicht erkannte Nebenwirkungen. / Foto: Getty Images/Cravetiger
Die Sicherheit von neu eingeführten Impfstoffen wird wie immer auch nach der Zulassung noch überwacht. In besonderem Maße gilt dies für die Covid-19-Impfstoffe. Hierfür ist in Deutschland das Paul-Ehrlich-Institut verantwortlich, auf EU-Ebene die Europäische Arzneimittelagentur (EMA). Deren Pharmakovigilanzausschuss (PRAC) geht derzeit verschiedenen neuen Sicherheitssignalen nach, wie er am Freitag in seiner monatlichen Mitteilung berichtete.
Zum einen prüft er die im Zusammenhang mit einer Gabe des Astra-Zeneca-Impfstoffs aufgetretenen Fälle von thromboembolischen Ereignissen. Alle Fälle von Blutgerinnungsstörungen würden ausgewertet. Bis zum 10. März seien 30 solcher Erkrankungen bei mehr als fünf Millionen mit dem Astra-Zeneca-Impfstoff geimpften Personen im Europäischen Wirtschaftsraum gemeldet worden. Eine erste Überprüfung habe keine Hinweise auf einen Kausalzusammenhang ergeben, hatte der Ausschuss bereits am Donnerstag mitgeteilt. Weitere Erkenntnisse der Untersuchung würden entsprechend kommuniziert.
Zum anderen hat der PRAC eine Überprüfung von Fällen von Immunthrombozytopenie – einem Blutplättchen-Mangel – nach Covid-19-Impfung mit einem der zugelassenen Impfstoffe von Biontech/Pfizer, Moderna oder Astra-Zeneca begonnen. Einige Fälle dieser Autoimmunerkrankung, die zu blauen Flecken und Blutungen führen kann, seien über das Eudra-Vigilance-System, das Pharmakovigilanz-System der EMA, gemeldet worden. Der Blutplättchenmangel sei eine »unerwünschte Wirkung von speziellem Interesse« (Adverse Event of Special Interest), die besonders eng von den Behörden überwacht werde. Nach Sichtung der bisherigen Fälle hat der PRAC die jeweiligen Hersteller um eine eingehende Analyse aller verfügbaren Daten gebeten, dazu zählen die gemeldeten Fälle, Daten aus klinischen Studien und publizierter Literatur.
Noch sei unklar, ob die gemeldeten Fälle der Autoimmunerkrankungen ursächlich mit den Impfungen zusammenhingen, so der PRAC. Die Berichte deuteten aber darauf hin, dass es sich um ein Sicherheitssignal handle. Darunter sind laut EMA Informationen zu verstehen, die auf eine neue unerwünschte Wirkung hindeuten und weitere Überprüfungen rechtfertigen.
Der PRAC verfolgt zudem ein weiteres Sicherheitssignal: Nach der Impfung mit dem Biontech/Pfizer-Impfstoff Tozinameran (Comirnaty®) gab es Berichte zu lokalisierten Schwellungen bei Patienten, die in der Vergangenheit dermale Füller (Gelinjektionen gegen Falten) erhalten hatten.
Hautreaktionen wie Jucken und Schwellungen im Gesicht waren zunächst von der norwegischen Arzneimittelbehörde für eine Person an die EMA gemeldet worden. Eine Analyse der Eudra-Vigilanz-Berichte habe gezeigt, dass eine begrenzte Zahl solcher Fälle bei Personen mit Hautfüllern nach Gabe von Tozinameran gemeldet wurde. Auch hier hat der PRAC vom Hersteller eine Analyse der bislang verfügbaren Daten eingefordert und wird dieses Signal weiter untersuchen.
Die Überprüfung von gemeldeten Anaphylaxie-Fällen nach Impfung mit dem Astra-Zeneca-Impfstoff hat der PRAC bereits abgeschlossen. Er empfiehlt eine entsprechende Änderung der Fachinformation, in die diese schweren allergischen Reaktionen als Nebenwirkungen mit bislang unbekannter Häufigkeit mit aufgenommen werden sollen. Die Empfehlung basiere auf einer Überprüfung von 41 Berichten zu möglichen Anaphylaxien bei den fünf Millionen Geimpften im europäischen Wirtschaftsraum. Der PRAC kommt zu dem Schluss, dass der Impfstoff zumindest in einem Teil der Fälle für die Reaktion verantwortlich gewesen sein kann.
Anaphylaxien sind bekannte, aber seltene unerwünschte Wirkungen von Impfstoffen. Deshalb ist bereits ein genereller Warnhinweis in der Fachinformation der Astra-Zeneca-Vakzine enthalten. Wer auf eine Impfung mit einer Anaphylaxie reagiere, sollte auch bei diesem Impfstoff keine zweite Dosis erhalten, rät jetzt der PRAC. An der klinischen Praxis insgesamt ändere die Anpassung der Fachinformation nichts.