Neuartiger Inhibitor beim Multiplen Myelom |
Mithilfe eines Ganzkörper-MRT kann beim Multiplen Myelom abgeschätzt werden, wie stark der Knochenmarkbefall ist. / Foto: Getty Images/Rakusen
Das Multiple Myelom ist ein B-Zell-Lymphom, das durch monoklonale Vermehrung von Plasmazellen im Knochenmark und Produktion von Paraproteinen charakterisiert ist. Mit Selinexor (Nexpovio® 20 mg Filmtabletten, Stemline) ist ein neuer Wirkstoff verfügbar, der aufgrund einer kürzlich erfolgten Zulassungserweiterung inzwischen auch ab der Zweitlinie eingesetzt werden kann. Ursprünglich war ein Einsatz ab der fünften Therapielinie vorgesehen.
Der oral verfügbare Wirkstoff ist der erste Vertreter der XPO1-Inhibitoren. Das Exportprotein XPO1 spielt eine Schlüsselrolle beim Transport von Proteinen und RNA aus dem Zellkern in das Zytoplasma, darunter Tumorsuppressor-Proteine sowie wachstumsregulierende und entzündungshemmende Proteine. In Myelomzellen ist XPO1 überexprimiert. Dadurch verstärkt sich der Export der genannten Proteine und die Myelomzelle entzieht sich den selbstregulierenden Mechanismen. Selinexor bindet selektiv an XPO1 und hemmt den Kernexport. Dies führt letztlich zum Stillstand des Zellzyklus, zur Reduzierung verschiedener Onkoproteine (c-Myc und Cyclin D1) und zur Apoptose von Krebszellen.
Selinexor hemmt das beim Multiplen Myelom meist überexprimierte Exportprotein XPO1, das normalerweise Proteine und RNA aus dem Zellkern ins Zytoplasma transportiert. Dies führt zum Stillstand des Zellzyklus und zur Apoptose von Krebszellen. / Foto: Stephan Spitzer
Zugelassen ist Nexpovio in Kombination mit Bortezomib und Dexamethason für die Behandlung des Multiplen Myeloms bei erwachsenen Patienten, die zuvor mindestens eine Therapie erhalten haben. In Kombination mit Dexamthason darf der neue Arzneistoff als Fünftlinientherapie bei Patienten eingesetzt werden, deren Erkrankung gegenüber mindestens zwei Proteasom-Inhibitoren, zwei immunmodulatorischen Arzneimitteln und einem monoklonalen Anti-CD38-Antikörper refraktär ist und bei denen unter der letzten Therapie eine Krankheitsprogression aufgetreten ist.
Patienten nehmen Selinexor einmal wöchentlich ein, wenn es in Kombination mit Bortezomib und Dexamethason gegeben wird. Die empfohlene Dosis ist 100 mg. Wird nur mit Dexamethason kombiniert, wird Selinexor an den Tagen 1 und 3 jeder Woche eingenommen. Die empfohlene Dosis beträgt dann jeweils 80 mg. Bei Nebenwirkungen muss die Dosierung gegebenenfalls reduziert oder die Gabe unterbrochen werden. Details dazu finden sich in der Fachinformation. Beide Therapieregime sollten bis zur Progression der Erkrankung oder bis zu einer inakzeptablen Toxizität fortgesetzt werden.
Es wurden keine speziellen klinischen Studien zu Arzneimittelinteraktionen durchgeführt. Die gleichzeitige Anwendung starker CYP3A4-Induktoren könnte zu einer geringeren Selinexor-Exposition führen.
Die Patienten sind anzuweisen, während der gesamten Behandlung für eine ausreichende Flüssigkeits- und Kalorienzufuhr zu sorgen. Besteht das Risiko einer Dehydrierung, sollte eine intravenöse Flüssigkeitszufuhr in Betracht gezogen werden. Des Weiteren sollte vor und während der Behandlung eine gleichzeitige Behandlung mit einem 5-HT3-Antagonisten und/oder anderen Mitteln gegen Übelkeit erfolgen.