Nasenspray gegen schwere Depression |
Brigitte M. Gensthaler |
05.06.2021 16:00 Uhr |
Sehr häufige Nebenwirkungen, die bis zu drei von zehn Behandelten erleiden können, sind Schwindel, Übelkeit, Dissoziation (Gefühl des Losgelöst-Seins von der physischen Umwelt und von Gefühlen), Kopfschmerzen, Schläfrigkeit, Dysgeusie (Schmeckstörung), Hypoästhesie (herabgesetzte Berührungsempfindung) und Erbrechen. Etwa 10 Prozent der Patienten hatten erhöhte Blutdruckwerte. Die Medikation beeinträchtigt die Verkehrstüchtigkeit und die Fähigkeit zum Bedienen von Maschinen erheblich.
Während der Schwangerschaft und für Frauen im gebärfähigen Alter, die nicht verhüten, wird das Medikament nicht empfohlen.
Ein schnell wirkendes Antidepressivum, das nasal verabreicht wird, stellt zweifelsohne eine Neuheit dar. Esketamin, das S-Enantiomer des Ketamins, bedeutet deshalb und wegen des Wirkmechanismus über die glutamaterge Schiene einen Fortschritt und gehört zu den Schrittinnovationen.
Bis orale Antidepressiva wirken, vergehen Wochen. Die Zeit bis dahin stellt oft eine therapeutische Herausforderung dar. Als Add-on-Medikament kann Esketamin mit seinem schnellen Wirkeintritt hier eine Lücke schließen. Ebenso kann es in akuten Notfallsituationen einen Vorteil bringen. Gewisse positive Effekte, teils signifikante, konnten nachgewiesen werden. Festzuhalten bleibt aber auch, dass die Ergebnisse mit Esketamin nicht als herausragend bezeichnet werden können und drei der Studien Kurzzeitstudien über nur vier Wochen waren. Die Wirksamkeit von Spravato in Bezug auf Suizidprävention oder die Reduzierung suizidaler Gedanken oder Verhaltensweisen ist nicht nachgewiesen, heißt es ferner in der Fachinformation. Last, but not least sind das Missbrauchspotenzial von Ketamin sowie das umfangreiche Nebenwirkungsspektrum zu berücksichtigen: Die Substanz kann etwa Auswirkungen auf den Blutdruck haben sowie Schwindel und Somnolenz provozieren.
Sven Siebenand, PZ-Chefredakteur