Nachsorge ein Leben lang |
Einige Studien zeigen, dass die Roux-Y-Operation und die Schlauchmagenoperation mit Blick auf das Ausmaß der Gewichtsreduktion zu vergleichbaren Ergebnissen führen. Allerdings zeigt die Gewichtsabnahme durch die Roux-Y-Methode im Vergleich zur Schlauchmagenoperation gemäß Studiendaten nach fünf Jahren signifikante Vorteile (13). Grund könnte die bei der Sleeve-Gastrektomie nach einigen Jahren vielfach zu beobachtende Schlauchmagendilatation sein. In diesen Fällen kann ein weiterer Eingriff indiziert sein, bei dem ein Silikonring um den Magenpouch gelegt wird.
Je nach Art der Untersuchung liegt der Verlust des überschüssigen Körpergewichtes generell zwischen 50 und 70 Prozent (14–16). Die Gewichtsabnahme erfolgt in den ersten Monaten sehr schnell, ein Plateau wird in der Regel nach einem bis zwei Jahren erreicht.
Besonders beeindruckend sind die Erfolge der bariatrischen Chirurgie auf die Diabetesentwicklung. Bei 50 bis 75 Prozent der Patienten kann nach einem bis zwei Jahren eine komplette Typ-2-Diabetes-Remission mit Verbesserung selbst schwerer Begleiterkrankungen und hier auch einer diabetischen Nephropathie erreicht werden (17, 18). Auch hier scheint die Roux-Y- im Vergleich zur Schlauchmagenmethode vorteilhafter zu sein (19). Die nunmehr vorliegenden Zehn-Jahres-Daten deuten auf Diabetes-Remissionsraten von immer noch 25 bis 62 Prozent hin (20). Damit ist die bariatrische Chirurgie den derzeit zur Verfügung stehenden medikamentösen Therapieoptionen weit überlegen.
Verbesserungen der metabolischen Stoffwechsellage sind zumeist bereits kurz nach der bariatrischen Intervention messbar. Tatsächlich führen Schlauchmagen- und Magenbypass-Operationen zu einer komplexen Beeinflussung metabolischer Prozesse, die multifaktoriell bedingt sind. Veränderungen hinsichtlich der Ausschüttung gastrointestinaler Hormone, der Zirkulation von Gallensäuren und der Zusammensetzung des Mikrobioms sind mit vielfältigen Effekten in Leber, Fettgewebe, Skelettmuskeln und Gehirn verbunden (21).
Eine schnelle und gravierende Gewichtsabnahme einschließlich Verbesserung der metabolischen Stoffwechsellage ist zumeist bereits kurz nach der bariatrischen Intervention messbar. / Foto: Adobe Stock/Andrey Popov
Im Gastrointestinaltrakt kommt es zu einer verringerten Ausschüttung von Ghrelin (Akronym engl.: »Growth Hormone Release Inducing«). Das Peptid wird in den enterochromaffinen Zellen des Magenfundus gebildet, eine verminderte Ghrelin-Bildung ist besonders nach einer Sleeve-Gastrektomie zu beobachten.
Das »Heißhunger-Hormon« entfaltet seine Wirkung im Hypothalamus und besitzt einen orexigenen, also appetitsteigernden Effekt. Veränderungen des Appetits sind innerhalb weniger Tage nach einer bariatrischen Operation nachweisbar.
Im Gegensatz zur verminderten Ausschüttung von Ghrelin kommt es in den neuroendrokrinen L-Zellen des Ileums zu einer vermehrten Sekretion von Glucagon-like peptide 1 (GLP-1) und Peptid Tyrosyl-Tyrosin (PYY). Zurückgeführt wird dies auf die Tatsache, dass die L-Zellen nach einem bariatrischen Eingriff und einer schnellen Magenentleerung einer verstärkten Exposition von Nahrungsbestandteilen ausgesetzt sind.
Das sezernierte GLP-1 steigert die glucoseabhängige Ausschüttung von Insulin in den β-Zellen und verringert so die postprandialen Glucosespitzen. In den Fett- und Skelettmuskelzellen kommt es zu einer verbesserten Glucoseaufnahme, was einer Insulinresistenz entgegenwirkt.
Nicht zuletzt kommt es durch GLP-1 und PYY neuroendokrin zu einer Senkung des Hunger- und einer Steigerung des Sättigungsgefühls, was zu einer reduzierten Nahrungsaufnahme führt. Patienten mit besonders großer Gewichtsabnahme nach einer bariatrischen Operation weisen auffallend hohe GLP-1- und PYY-Spiegel auf (22).
Zudem ist nach bariatrischen Operationen sowohl im Blut als auch im terminalen Ileum ein Anstieg der Gallensäurespiegel zu beobachten. Neuere Erkenntnisse belegen, dass Gallensäuren neben emulgierenden Eigenschaften bei der intestinalen Fettaufnahme auch Signalfunktionen bei der Regulation des Glucose- und Fettstoffwechsels besitzen.
Es konnten mehrere Zielstrukturen für Gallensäuren identifiziert werden, zu denen der in zahlreichen Geweben und Organen wie Leber, Fett und Muskeln vorkommende TGR5- beziehungsweise GPBAR-1-(»membrane-bound G protein-coupled bile acid«-)Rezeptor zählt, der nach bariatrischer Operation vermehrt hochreguliert wird (23). Die Stimulierung des Rezeptors ist mit einer erhöhten Energiebilanz verknüpft. Im Fettgewebe wird die chemische Energie der Glucose und Fettsäuren in thermische Energie und somit Fettverbrennung umgesetzt (24).
Bariatrische Interventionen tragen zur Stärkung der Diversität des menschlichen Mikrobioms bei. / Foto: Adobe Stock/SciePro
TGR5-Rezeptoren befinden sich auch auf den L-Zellen des Ileums, sodass die Bildung und Sekretion von GLP-1 und PYY in den Blutkreislauf noch weiter gesteigert wird (25). Daneben stimulieren insbesondere mit Taurin konjugierte Gallensäuren auch intrazelluläre Farnesoid-X-Rezeptoren (FXR), deren Hochregulation ebenso mit einer Verbesserung der Regulation des Blutzuckers und des Fettstoffwechsels einhergeht. Es sind positive Einflüsse auf die Vielfalt, also Diversität der Bakterien im Darm und Zusammensetzung des Mikrobioms zu beobachten (26, 27), der bei schlanken Menschen per se eine besondere Bedeutung zukommt.
Studiengemäß wird eine Reduktion von Firmicutes und Bacteroidetes sowie eine Erhöhung von Proteobakterien beobachtet (28). Beides wiederum geht mit einem modifizierten Gallensäure-Stoffwechsel, sprich der vermehrten Bildung Taurin-konjugierter Gallensäuren einher (29). Somit scheint das komplexe Zusammenspiel zwischen intestinalen Hormonen, Gallensäuren und dem Mikrobiom zu den positiven Effekten einer bariatrischen Operation beizutragen.