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Grippale Infekte

Möglichkeiten der Selbstmedikation

Grippale Infekte sind in der Regel harmlos, sie können die Betroffenen aber trotzdem deutlich beeinträchtigen. Neben Ruhe, um den viralen Infekt auszukurieren, können Medikamente der Selbstmedikation dazu beitragen, die wichtigsten Beschwerden zu lindern.
Maria Pues
25.10.2022  07:00 Uhr

Meist beginnt es mit einem Kratzen im Hals und mit Halsschmerzen. Wenige Tage später tritt dann ein Schnupfen auf; das anfangs wässrige Sekret dickt rasch ein. Im weiteren Verlauf kommt es häufig zunächst zu einem trockenen Reizhusten, der später in einen produktiven Husten übergeht. Nach rund sieben bis zehn Tagen klingen die Symptome ab. Anders als eine Influenza, die rasch und heftig beginnt, entwickeln sich die Beschwerden im Rahmen eines grippalen Infekts langsam und sie sind weniger stark ausgeprägt.

Durchschnittlich zwei- bis viermal pro Jahr erkranken Erwachsene, Kinder bis zu zehnmal jährlich. Häufigste Verursacher sind Rhinoviren, auf die sich das Immunsystem aufgrund von deren Wandlungsfähigkeit nur schwer einstellen kann. Nicht nur die Erreger selbst, sondern auch die Abwehrreaktionen des Körpers sorgen für die genannten Symptome. Zwar gibt es keine ursächliche Therapie, doch für die Linderung der Symptome stehen zahlreiche Möglichkeiten zur Verfügung.

Halsschmerzen beruhigen

Erkältungsviren gelangen zumeist über den Mund- und Rachenbereich in den Körper. Daher kommt es hier bereits früh zu lokalen Entzündungsreaktionen, bei denen Prostaglandine und Bradykinin freigesetzt werden. Rötungen, Schwellungen und Schmerzen werden spürbar. Auch ein Reizgefühl und Heiserkeit können sich einstellen.

Lokalanästhetika, nicht steroidale Antirheumatika (NSAR) und reizlindernde Zubereitungen kommen als Therapieoptionen infrage. Als Lokalanästhetika stehen Benzocain (zum Beispiel Anaesthesin® Pastillen) und Lidocain (zum Beispiel Trachilid®) sowie das Mukolytikum Ambroxol (zum Beispiel Mucoangin®) zur Verfügung. Sie hemmen die Reizübertragung. Als lokal anwendbares NSAR hemmt Flurbiprofen (zum Beispiel Dobendan® direkt) die Cyclooxygenase und damit die Bildung von schmerz- und entzündungsvermittelnden Prostaglandinen. Reizlindernd wirken Isländisch Moos (zum Beispiel Isla® Moos), Hyaluronsäure und Xanthan (zum Beispiel Gelorevoice®). Sie bilden einen Schutzfilm auf der gereizten Schleimhaut.

Nase frei

Auch in der Nase kommt es zu einer Erweiterung lokaler Blutgefäße und damit zu einer gesteigerten Durchblutung. Die Sekretproduktion steigt, die Nasenhöhlen und manchmal auch die Nasennebenhöhlen schwellen zu, die Nasenatmung ist erschwert bis unmöglich. Anfänglich wässriges Sekret dickt ein. Dass sich dabei die Färbung häufig über gelb nach grünlich verändert, ist nicht zwangsläufig Anzeichen einer bakteriellen Superinfektion, sondern Folge einer Zunahme der Leukozytenzahl im Sekret.

Topische und systemische Dekongestiva wirken der Gefäßerweiterung entgegen und auf diese Weise abschwellend. Topische Dekongestiva wie Xylometazolin (zum Beispiel Snup® Schnupfenspray) und Oxymetazolin (zum Beispiel Nasivin® Nasenspray) wirken innerhalb weniger Minuten und für einen Zeitraum von fünf bis acht Stunden. Um der Entstehung einer Rhinitis medicamentosa vorzubeugen, sollen sie nicht länger als eine Woche angewendet werden.

Systemische Dekongestiva wie Pseudoephedrin (zum Beispiel Rhinopront®) oder Phenylephrin (zum Beispiel Wick® Daymed) wirken auch im Bereich der Nebenhöhlen. Allerdings ist vor der Abgabe eine Reihe von Kontraindikationen zu beachten. So dürfen sie unter anderem nicht von Patienten mit Herzerkrankungen oder Bluthochdruck angewendet werden.

Auch topisch angewendete ätherische Öle (zum Beispiel Wick® Vaporub Erkältungssalbe) können zur Linderung einer verstopften Nase angewendet werden. Sie können auf Brust und Rücken eingerieben oder einer Wasserdampfinhalation zugesetzt werden. Zu beachten ist, dass Zubereitungen mit Menthol und/oder Campher wegen des Risikos eines Stimmritzen-Krampfes nicht bei Säuglingen und Kleinkindern (unter zwei Jahren) angewendet werden dürfen.

Neben medikamentösen Therapien stehen mit Nasenspülungen mit salinen Lösungen (zum Beispiel Emser® Sole) außerdem physikalische Optionen zur Verfügung. Sie entfernen das Sekret aus Nase und Nebenhöhlen und können allein oder in Kombination mit anderen Therapien angewendet werden.

Husten lindern

Husten ist ein Schutzreflex des Körpers, um Fremdkörper aus den Atemwegen zu entfernen, er kann aber auch willentlich ausgelöst werden. Viral bedingte Entzündungen in den oberen Atemwegen gehen meist mit Entzündungsreaktionen und daher häufig auch mit Husten einher. Anfangs überwiegt meist ein Reizhusten, der aber später häufig in einen produktiven Husten übergeht. Auch hier gilt: Die Färbung des Sekrets muss kein Hinweis auf eine bakterielle Infektion sein; auch virale Infekte führen zu gefärbtem Sekret.

Zur Linderung von Reizhusten kann das zentral wirksame Dextromethorphan (zum Beispiel Silomat® DMP Intensiv) angewendet werden, insbesondere zur Nacht, wenn der Husten den Nachtschlaf stört. Sowohl zentral im Hustenzentrum als auch peripher an den Nervenendigungen wirken Pentoxyverin (zum Beispiel Silomat®) und Benproperin (zum Beispiel Tussafug®). Ausschließlich peripher auf afferente C-Fasern im Rachen, im Kehlkopf und in der Luftröhre wirkt Levodropropizin (Quimbo®), das seit August als OTC-Medikament zur Verfügung steht.

Eine milde, aber meist nur begrenzt anhaltende Hustenreiz-Linderung kann außerdem durch das Lutschen von Pastillen erreicht werden. Bewährt haben sich solche mit Extrakten aus Schleimstoff-Drogen, neben Isländisch Moos etwa Eibisch- (zum Beispiel Stilaxx®) oder Primelwurzel (zum Beispiel Ipalat®).

Um das Abhusten bei produktivem Husten zu erleichtern, stehen sowohl chemisch definierte Wirkstoffe wie Ambroxol (zum Beispiel Mucosolvan®) als auch eine ganze Reihe von pflanzlichen Arzneimitteln zur Verfügung. Als Phytopharmaka mit in randomisierten Studien nachgewiesener Wirksamkeit auf Dauer und Intensität eines akuten Hustens nennt die S2k-Leitlinie »Diagnostik und Therapie von erwachsenen Patienten mit Husten« der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin Präparate mit Efeu (zum Beispiel EA 575® in Prospan®), 1,8-Cineol (zum Beispiel Soledum®), Myrtol (zum Beispiel Gelomyrtol®), Pelargonium sidoides (zum Beispiel Umckaloabo®) und Kombinationspräparate aus Efeu und Thymian (zum Beispiel Bronchipret® TE) sowie Primeln und Thymian (zum Beispiel Bronchipret® TP). Bei Phytopharmaka handelt es sich um Vielstoffgemische, deren Zusammensetzung vom Extraktionsverfahren abhängt. Die Leitlinienautoren weisen daher darauf hin, dass Studienergebnisse stets nur für den geprüften Extrakt gelten und nicht auf andere Extrakte übertragen werden können.

Die Wirkungen der genannten Phytopharmaka kommen auf unterschiedliche Weise zustande. So dämpft Efeu den Hustenreiz, es steigert aber auch die Surfactantbildung, wodurch die Viskosität des Bronchialschleims gesenkt wird. Das Sekret lässt sich so leichter abhusten. 1,8-Cineol vermindert die Oberflächenspannung von Lipidfilmen, was ebenfalls das Abhusten erleichtert. Myrtol erhöht die Schlagfrequenz der Zilien, was den Abtransport des Bronchialschleims in Richtung Rachen fördert. Thymian wirkt sowohl entspannend auf die Bronchialmuskulatur als auch fördernd auf den Sekrettransport.

Den Infekt selbst bekämpft die Selbstmedikation allerdings nicht. Dies muss das Immunsystem übernehmen. Eine Linderung der Beschwerden sollte daher nicht dazu genutzt werden, seinen Alltag im gewohnten Tempo weiter zu verfolgen, sondern die erforderliche Ruhe ermöglichen, die zur Virenbekämpfung benötigt wird.

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