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Untersuchung

Mehr Apotheker auf Intensivstationen gebraucht

Eine neue Umfrage zeigt: Intensivmediziner wünschen sich apothekerliche Unterstützung bei ihrer Arbeit. Denn sie hilft, die Arzneimitteltherapiesicherheit zu steigern. Eine regelmäßige pharmazeutische Betreuung ist jedoch bislang erst bei etwa jeder dritten Intensivstation die Regel.
Daniela Hüttemann
17.08.2022  17:15 Uhr

»Kritisch kranke Patienten sind besonders anfällig für unerwünschte Arzneimittelereignisse«, heißt es in der wissenschaftlichen Veröffentlichung einer Umfrage zum Stand der interprofessionellen Zusammenarbeit auf deutschen Intensivstationen. Ärztliche Leiterinnen und Leiter von 167 Intensivstationen beantworteten 27 Fragen zur Implementierung der pharmazeutischen Betreuung auf ihren Stationen, also ob, in welchem Umfang und für welche Aufgaben Apotheker eingebunden sind.

Das Ergebnis:  Bei 35 Prozent der Intensivstationen sind klinische Pharmazeuten bereits fest in das Stationsteam integriert. Dies sei deutlich seltener als im internationalen Vergleich, zum Beispiel in den USA oder Großbritannien, kommentiert Dr. Heike Hilgarth, Leiterin der Umfrage sowie Fachapothekerin für Klinische Pharmazie am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE) und Wissenschaftsreferentin beim Bundesverband Deutscher Krankenhausapotheker (ADKA). Die bundesweite Umfrage entstand in Kooperation zwischen der ADKA und der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI).

Zu den häufigsten Tätigkeiten gehören laut Umfrage das Informieren über Arzneimittel (89,7 Prozent), pharmazeutische Interventionen mit Therapieumstellung wie etwa Visiten (67,2 Prozent), das regelmäßige Evaluieren der Verordnung (65,5 Prozent) sowie das Überwachen hinsichtlich Nebenwirkungen, Effektivität und Kosten (63,8 Prozent).

Ärzte mit Stationsapotheker wollen nicht auf diesen verzichten

»Bei der Beurteilung des Nutzens eines Stationsapothekers zeigte sich, dass ein wesentlich größerer Anteil der Ärzte mit bereits etablierter pharmazeutischer Betreuung die Zusammenarbeit als unverzichtbar bewertet, als jene Ärzte ohne pharmazeutische Unterstützung«, berichtet Studienleiterin Hilgarth. »Dies legt die Schlussfolgerung nahe, dass noch zu wenig Bewusstsein darüber besteht, welche Benefits man durch die Integration des Apothekers ins Team für die eigene Intensivstation generieren könnte.«

Dabei ist bereits lange klar, dass Apotheker im Team helfen, die Arzneimitteltherapiesicherheit zu erhöhen und zum Beispiel durch die Verhinderung unerwünschter Arzneimittelwirkungen helfen, die Kosten im Gesundheitssystem zu reduzieren. Daher hatte die ärztliche Fachgesellschaft DIVI bereits 2010 empfohlen, Apotheker stärker in der Intensivmedizin einzubinden.

Das wollen die Fachgesellschaften nun auf Basis der Umfrageergebnisse, die in der Fachzeitschrift »Medizinische Klinik – Intensivmedizin und Notfallmedizin« bereits im März veröffentlicht wurden, nun forcieren, wie sie am heutigen Mittwoch mitteilten.  »Der Bedarf ist da, die Wichtigkeit ist erkannt und jetzt ist die Politik am Zug, geeignete Finanzierungsmöglichkeiten für multiprofessionelle Teams im stationären Bereich zu finden«, so Hilgarth. »Es gilt, pharmazeutische Dienstleistungen und deren Finanzierung gesetzlich zu verankern und so zu verstetigen.« Zudem werden die entsprechenden DIVI-Empfehlungen derzeit überarbeitet und intensiviert. Sie sollen Ende November vorgestellt werden.

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