Lieferengpässe belasten Apotheken in ganz Europa |
Ev Tebroke |
29.01.2020 17:52 Uhr |
Welche Alternative ist möglich? Apothekenpersonal muss zunehmend mehr Zeit aufbringen, um trotz Lieferengpässen die Arzneimittelversorgung zu gewährleisten. / Foto: Adobe Stock/Halfpoint
Der Druck auf die europäischen Apotheken aufgrund der immer häufiger auftretenden Engpässe bei Arzneimitteln ist im vergangenen Jahr deutlich angestiegen. Das zeigt eine Umfrage der Pharmaceutical Group of the European Union (PGEU), dem europäischen Interessenverband der öffentlichen Apotheker an dem 24 europäische Länder teilnahmen. Die Befragung erfolgte vom 4. November bis 16. Dezember 2019. Demnach konstatierten 21 Länder (87 Prozent) eine Verschlimmerung der Lieferengpass-Problematik gegenüber 2018. Das zeigt sich auch in dem steigenden Arbeitsaufwand: Um die Versorgung der Patienten trotz Arzneimittelmangel aufrecht zu erhalten, mussten die Apothekenmitarbeiter in 2019 wöchentlich durchschnittlich 6,6 Stunden aufwenden und damit eine Stunde mehr als noch 2018.
Die Verknappung von Arzneimitteln in den Vor-Ort-Apotheken betrifft zudem den Erhebungen zufolge alle Medikamentenklassen. Und in insgesamt 16 Ländern (67 Prozent) waren zum Umfragezeitpunkt mehr als 200 Medikamente nicht ausreichend verfügbar, darunter fünf Länder, in denen sogar mehr als 400 Medikamente knapp waren.
Hinsichtlich der negativen Auswirkungen dieser Engpass-Probleme sind laut Umfrage vor allem die Patienten die Leidtragenden. In 18 Ländern gehen die Pharmazeuten von Therapieunterbrechungen aus. 14 Länder sehen die Patienten finanziell belastet durch die oft bei Ausweichmedikamenten anfallenden Mehrkosten. Und 10 Länder halten die Therapiealternativen für weniger wirksam.
Die Lieferengpass-Problematik schadet den Ergebnissen zufolge auch dem Ansehen der Offizinen. 22 Länder (92 Prozent) beklagen einen Vertrauensverlust bei den Patienten. Auch kritisieren 20 Länder (82 Prozent) finanzielle Einbußen aufgrund des Mehraufwands in den Offizinen. Zudem belastet die Situation das Arbeitsklima: 19 Länder (79 Prozent) verzeichnen eine sinkende Mitarbeiter-Zufriedenheit.
Was die Vorabmeldung drohender Liefer- oder Versorgungsengpässe betrifft, so haben sechs Länder (25 Prozent) keinerlei Datenbanken oder Meldesysteme für Engpässe, die die Pharmazeuten nutzen könnten. Und das, obwohl die Apotheken nach PGEU-Angaben oft die ersten sind, die Lieferschwierigkeiten bemerkten – noch vor der Industrie. Die Informationen erhalten die Mehrheit der Apotheken vom Großhandel (17 Länder), von den Arzneimittelbehörden (16 Länder) über Apothekenorganisationen (10 Länder) oder über die Hersteller (9 Länder).
Angesichts der vorliegenden Ergebnisse fordert die PGEU die Politik erneut zum Handeln auf.