Pharmazeutische Zeitung online
GKV-Finanzstabilisierungsgesetz

Lauterbach will »Effizienzreserven« bei Apotheken heben

Das Bundesgesundheitsministerium hat am heutigen Dienstag erste Pläne für das GKV-Finanzstabilisierungsgesetz vorgelegt. Mit dem Vorhaben will die Bundesregierung die finanziell belasteten Krankenkassen absichern. Auch an den Apotheken soll gespart werden – Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) spricht von »Effizienzreserven«, die er aber nicht näher benennt. Und: Die Pharmaindustrie soll eine »Solidarabgabe« leisten.
Benjamin Rohrer
28.06.2022  14:32 Uhr
Lauterbach will »Effizienzreserven« bei Apotheken heben

Das Bundesgesundheitsministerium und das Bundesfinanzministerium haben sich auf Grundzüge einer GKV-Sparreform geeinigt. Ziel soll es sein, das in der vergangenen Legislaturperiode entstandene Defizit in Höhe von 17 Milliarden Euro zu reparieren, erklärte Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) am heutigen Dienstag in Berlin. Die beiden Ministerien haben sich darauf verständigt, auch im Apothekenmarkt einzusparen. Der Minister sprach mehrfach davon, bei den Apotheken »Effizienzreserven« heben zu wollen. Konkreter wurde er aber nicht. Auch auf die Frage, ob der Kassenabschlag erhöht werden solle, wollte Lauterbach nicht antworten. Zur Erinnerung: In einem ersten Entwurfspapier war vor mehreren Monaten der Vorschlag bekanntgeworden, den Kassenabschlag über zwei Jahre auf 2 Euro zu erhöhen. Lauterbach ging darauf nicht ein und verwies auf die noch laufenden juristischen Abstimmungen mit den anderen Ressorts.

Lauterbach: Spahn ist schuld

Lauterbach gab in erster Linie seinem Vorgänger Jens Spahn (CDU) die Schuld an der derzeitigen Kassenlage. Er habe die Krankenkassen »in einem sehr schwierigen Zustand« vorgefunden. Sein Vorgänger habe ihm das Defizit vererbt, da teure Leistungsreformen umgesetzt worden seien, aber keine Strukturreformen. Zudem habe Spahn von einmaligen Steuerzuschüssen profitiert, die es im kommenden Jahr nicht mehr geben werde. Er habe deshalb mit Finanzminister Christian Lindner (FDP) einen Plan erarbeiten müssen. Lindner sei es wichtig gewesen, die Schuldenbremse nicht zu verletzen, Steuererhöhungen auszuschließen und einen Nachtragshaushalt zu verhindern. Lauterbach hingegen habe keine Leistungskürzungen gewollt.

In dem nun vereinbarten Sparpaket geht es um die folgenden Eckpunkte, die Lauterbach allerdings vorerst nur mündlich beschrieb, ohne einen Entwurf vorzulegen:

  1. Der Zusatzbeitrag soll um 0,3 Prozentpunkte steigen.
  2. Geplant ist ein »erhöhter Steuerzuschuss« in Höhe von 2 Milliarden Euro.
  3. Außerdem sei ein »Darlehen« in Höhe von 1 Milliarde Euro vorgesehen – auch Details dazu ließ der Minister aus.
  4. Aus den Reserven und Rücklagen der Krankenkassen und des Gesundheitsfonds sollen insgesamt 6,4 Milliarden Euro entnommen werden.
  5. Die Pharmaindustrie wird eine größere Strukturreform treffen, in der unter anderem Sparmaßnahmen, aber auch diverse Nachbesserungen an der AMNOG-Reform geplant sind. Lauterbach verwies hier auf die deutlich gestiegenen Umsätze der forschenden Hersteller – für das laufende Jahr seien Umsatzsteigerungen von 8 Prozent vorhergesagt. Geplant sei daher ein »umsatzrelevanter Solidaritätsabschlag« für Pharmaunternehmen in Höhe von einer Milliarde Euro. Durch Strukturmaßnahmen sollen im Arzneimittelbereich weitere 2 Milliarden Euro eingespart werden, sodass die Pharma-Sparmaßnahmen insgesamt bei 3 Milliarden Euro liegen.
  6. Lauterbach betonte, dass er keine Honorarkürzungen bei »Leistungserbringern« umsetzen wolle – dafür sei kein Spielraum. Gemeint seien aber ausdrücklich nur Ärzte und Kliniken. Trotzdem werde das Gesetz eine Änderung für niedergelassene Mediziner mit sich bringen: Konkret soll die derzeit geltende Entbudgetierung für neue Patienten bei Haus- und Fachärzten wieder aufgehoben werden. Indirekt müssen also auch die Mediziner mit Honorarkürzungen leben.
  7. Im Gegensatz zu den »Leistungserbringern« sollen bei den Apotheken Effizienzreserven gehoben werden. Auch hier wurde der Minister wieder nicht konkret. Auch über die einzusparende Summe im Apothekenmarkt verriet der Minister nichts. Klar sei aber, dass die Apotheken einen Beitrag leisten müssten.
  8. Letztlich ist auch geplant, dass bei den Verwaltungskosten der Krankenkassen ein »kleiner« Sparbeitrag geleistet werden soll.

Mehr von Avoxa