Kommt das Impfpflaster? |
Theo Dingermann |
17.11.2021 14:00 Uhr |
So ähnlich wird es aussehen, das Impfpflaster von Emergex (hier ein Prototyp, der für die klinische Studie genutzt werden soll). / Foto: Emergex
Emergex Vaccines ist ein Unternehmen, das sich auf die Entwicklung spezieller Impfstoffe spezialisiert hat. Mittels synthetischer Nanogold-Trägersysteme wird naiven T-Zellen eine spezifische Reihe von Peptiden angeboten, um einen Lernprozess in Richtung spezifischer T-Zellen zu initiieren. Damit soll eine robuste T-Zell-Population generiert werden, die das Potenzial hat, eine schnelle und breite Immunreaktion zu initiieren, die über Jahrzehnte anhalten kann.
Emergex hat nun von der Schweizer Arzneimittelbehörde grünes Licht für eine erste klinische Studie am Menschen in Lausanne erhalten. Dazu erhalten 26 Personen ab dem 3. Januar eine hohe und eine niedrige Dosis des experimentellen Impfstoffs gegen Covid-19. Zwischenergebnisse der Studie werden im Juni 2022 erwartet.
Der theoretische Ansatz für diesen Impfstofftyp unterscheidet sich von den bisher gegen Covid-19 zugelassenen Impfstoffen. So induzieren die derzeitigen Impfstoffe hauptsächlich eine Antikörperreaktion, die mit der Zeit deutlich nachlässt. Das bedeutet, dass die Menschen Auffrischungsimpfungen benötigen, um den Schutz gegen das Virus aufrechtzuerhalten.
Der Emergex-Impfstoff funktioniert hingegen anders. Das hier hinterlegte Funktionsprinzip zielt darauf ab, nicht etwa das Virus zu attackieren, wie dies die Antikörper machen. Vielmehr sollen die durch die Impfung spezifisch induzierten Immunkomponenten infizierte Zellen anzugreifen und schnell abtöten. Das könnte bedeuten, dass der Immunschutz stabiler ist – möglicherweise über Jahrzehnte hinweg, wie das Unternehmen suggeriert. Auch wäre der Immunschutz breiter ausgerichtet, sodass die Menschen gegebenenfalls auch gegen bestimmte Virusmutationen geschützt wären.
Ein Hingucker ist das originelle Applikationssystem. Der Impfstoff soll nämlich über ein daumennagelgroßes Hautpflaster appliziert werden, das mit Mikronadeln bestückt ist. Der Impfstoff selbst soll bei Raumtemperatur bis zu drei Monate lang haltbar sein.
Gegenüber der britischen Zeitung »Guardian«, die zunächst die Neuigkeit verbreitete, äußert sich Robin Cohen, der Chief Commercial Officer des Unternehmens: »Dies ist das erste Mal, dass eine Aufsichtsbehörde einen Covid-Impfstoff für die klinische Erprobung zugelassen hat, dessen einziger Zweck darin besteht, in Ermangelung einer Antikörperreaktion eine gezielte T-Zell-Antwort auszulösen, die nach infizierten Zellen sucht und sie abtötet.«
Professor Dr. Danny Altmann, Immunologe am Imperial College London, bezweifelt hingegen, dass ein T-Zell-Impfstoff »einen hinreichenden Immunschutz alleine zu etablieren vermag«. Die Vakzine könnte aber eine ergänzende Rolle spielen, und zwar in einem Mix-and-Match-Ansatz, bei dem verschiedene Impfstoffe für die erste, zweite und dritte Dosis verabreicht werden.
Bisher sind jedenfalls Impfstoffe, die ausschließlich eine T-Zellantwort induzieren, noch nicht zugelassen. Und auch auf den Emergex-Impfstoff wird man noch warten müssen, falls überhaupt ein überzeigender Wirksamkeitsbeleg gelingt. Das Unternehmen rechnet frühestens 2025 mit einer Markteinführung, was im Übrigen einem üblichen Zeitrahmen für die Entwicklung von Impfstoffen entspricht.
Das Virus SARS-CoV-2 hat unsere Welt verändert. Seit Ende 2019 verbreitet sich der Erreger von Covid-19 und stellt die Wissenschaft vor enorme Herausforderungen. Sie hat sie angenommen und rasch Tests und Impfungen, auch für Kinder, entwickelt. Eine Übersicht über unsere Berichterstattung finden Sie auf der Themenseite Coronavirus.