Können Cannabinoide den Verlauf beeinflussen? |
Brigitte M. Gensthaler |
24.06.2025 10:00 Uhr |
Auf Cannabis-Arzneimittel hoffen viele Patienten. Standardisierte Arzneimittel erlauben eine exakte Dosierung der wirksamen Inhaltsstoffe. / © Adobe Stock/EKKAPON
Die heute am besten erforschten Cannabis-Inhaltsstoffe sind Δ-9-Tetrahydrocannabinol (THC) und Cannabidiol (CBD), die es auch als Fertig- oder Rezepturarzneimittel gibt. »THC-haltige Arzneimittel sind mutmaßlich geeignet zur symptomatischen Behandlung von Demenzerkrankten«, berichtete Professor Dr. Kirsten Müller-Vahl, Oberärztin in der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie an der Medizinischen Hochschule Hannover, bei einem Online-Seminar des digitalen Demenzregisters (DigiDem) Bayern.
In der Palliativbehandlung seien Cannabis-Arzneimittel in einigen Ländern bereits Standard, zeigte sie an Studien. Laut einer Metaanalyse von 2022 gebe es positive Effekte auf Symptome wie Schmerzen, Übelkeit und Erbrechen, Appetit- und Schlaflosigkeit sowie Erschöpfung, zum Beispiel bei Krebs- oder Aids-Patienten sowie auf Appetit und Agitation bei Demenzpatienten.
In einer kleinen offenen Studie in der Schweiz bekamen 19 Personen mit schwerer Demenz bis zu 13 Monate lang einen standardisierten Cannabis-Extrakt mit THC (im Mittel 12,4 mg/Tag) und CBD (im Mittel 24,8 mg/Tag). »Es zeigte sich eine deutliche Verbesserung von neuropsychiatrischen Problemen, Agitation, Unruhe und Aggressivität«, berichtete Müller-Vahl, die auch Mitglied des Sachverständigenausschusses für Betäubungsmittel des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) ist. Andere Medikamente konnten reduziert werden und die Pflege war erleichtert. Aktuell laufe eine Folgestudie mit demselben Medikament bei Menschen mit Demenz und Schmerzen.
Dass CBD-Öl neuropsychiatrische Symptome bei Demenzpatienten lindern kann, zeigte eine 2024 publizierte, offene Studie in Kolumbien. Das Öl, das reich an dem nicht berauschend wirkenden CBD ist, war bei einer Tagesdosis bis zu 111 mg wirksam und sicher. Die Wirkung betraf vor allem die Reduktion von Halluzinationen, Angst, Unruhe, Apathie und Reizbarkeit. Diese und weitere Verbesserungen blieben bis zu 24 Monate lang bestehen.