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Update Coronaviren

Klinische Studien in China gestartet

Die Coronavirus-Epidemie wächst sich in China weiter aus. Die Ansteckungsgefahr dort ist groß, die Sterblichkeit liegt Experteneinschätzungen zufolge trotz steigender Todesfälle aber wohl unter 1 Prozent. Derweil sind in China klinische Studien mit antiviralen Arzneistoffen gestartet.
AutorKontaktPZ/dpa
Datum 06.02.2020  09:50 Uhr

Die Zahl der Toten durch das neue Coronavirus in China ist schneller gestiegen als bisher. Innerhalb eines Tages waren bis Donnerstag 73 neue Todesfälle zu beklagen, wie die chinesische Gesundheitskommission in Peking berichtete. Damit stieg die Zahl der Toten in China auf 563. Die bestätigten Infektionen mit der Lungenkrankheit kletterten auch stark um 3.694 auf 28.018 Fälle. Die Kommission sprach zusätzlich von mehr als 24.000 Verdachtsfällen.

Da die Ansteckung von Mensch zu Mensch anfangs nicht bekannt war, haben sich in den ersten Wochen auch viele Ärzte und Pfleger infiziert. Eine offizielle Auflistung, von der ein Foto im Internet kursierte, weist bis zum 20. Januar 500 Fälle in 13 Krankenhäusern von Wuhan auf. Die Zahl konnte aber offiziell nicht bestätigt werden.

Die Ansteckungsgefahr und die Sterblichkeit sind beim Coronavirus nach Experteneinschätzung etwa gleich hoch wie bei der Influenza. «Corona ist auf keinen Fall gefährlicher als Influenza», sagte der Chefarzt Clemens Wendtner von der Klinik für Infektiologie in der München Klinik Schwabing. Dort werden weiter sieben der zwölf Infizierten in Deutschland behandelt.

Die Sterblichkeit werde zwar in China mit zwei bis drei Prozent angegeben, sagte Wendtner. Aber: «Das halten wir für überschätzt. Wir gehen davon aus, dass die Sterblichkeit deutlich unter einem Prozent liegt, eher sogar im Promillebereich.» Das sei eine ähnliche Größe wie bei der Influenza. «Mit einer sehr, sehr gefährlichen Erkrankung hat das nicht viel zu tun.» Die Überbewertung bei dem Coronavirus rühre daher, dass in China wegen der Kapazitätsengpässe nur die schweren Fälle in Krankenhäuser aufgenommen würden; die Dunkelziffer sei hoch.

Ähnlich ansteckend wie Grippe, aber weniger gefährlich

Grundsätzlich sei das Coronavirus ähnlich ansteckend wie das Influenzavirus, aber deutlich weniger infektiös als die Masern. Abstand halten und regelmäßiges Händewaschen reduziere das Risiko erheblich. Niemand müsse im Alltag Mundschutz tragen. «Das bringt gar nichts», sagte der Mediziner auch mit Blick auf die extrem niedrige Zahl von Infizierten in Deutschland. Die Wahrscheinlichkeit, sich hierzulande mit Corona zu infizieren, sei anders als bei der Grippe, die alljährlich mehrere Hunderttausend Menschen trifft, sehr gering.

Wendtner geht allerdings wie seine Kollegen von der Charité in Berlin und dem Institut für Mikrobiologie der Bundeswehr davon aus, dass Corona-Patienten auch bei sehr schwachen Symptomen ansteckend sein können. Bei einigen von ihnen seien ansteckende Viren in größerer Zahl auch dann im Nasen-Rachen-Raum nachweisbar gewesen. Ob auch eine Ansteckungsgefahr über Stuhl bestehe, werde derzeit untersucht.

Nach Angaben chinesischer Mediziner können mit dem Coronavirus infizierte Mütter den Erreger an ihr Neugeborenes weitergeben. Ein solcher Infektionsfall sei bei einem Säugling nur 30 Stunden nach der Geburt festgestellt worden, berichtete der Chef der Neugeborenenabteilung des Kinderkrankenhauses von Wuhan, Zeng Lingkong. Das Baby zeige stabile Lebenszeichen, habe aber eine Entzündung der Lungen und eine leicht abnormale Leberfunktion.

Die Corona-Symptome seien leicht mit der Influenza oder auch einer Erkältung zu verwechseln: Anfangs könne die Nase laufen, der Patient leide unter Halsweh, später auch Husten und eventuell Fieber. «Nicht jeder, der hustet, ist verdächtig auf eine Corona-Infektion», betonte Wendtner. Bei unkomplizierten Fällen geht der Arzt davon aus, dass die Erkrankung ungefähr zehn Tage bis zwei Wochen dauere. Anders sei es, wenn Komplikationen einträten, etwa eine zusätzliche bakterielle Infektion (oft als Lungenentzündung) aufgrund der Schwächung des Organismus oder eine übersteigerte Immunreaktion, die ebenfalls in einer Lungenentzündung münden könne.

Remdesivir und Lopinavir/Ritonavir werden getestet

Er gehe nicht davon aus, dass sich das Virus in Deutschland und Europa ähnlich epidemieartig ausbreiten werde wie in China, sagte Wendtner. «Wir haben ein sehr gutes Gesundheitssystem, um die Dinge früh einzudämmen. Wenn wir weiter an einem Strang ziehen, werden wir das in Deutschland im Griff behalten.» Unklar sei aber, ob sich das Virus wie die Influenza weltweit halten könne oder wieder ganz verschwinde. «Die Frage ist: Wird es das Coronavirus schaffen, sich ähnlich wie die Influenza zu etablieren, sodass wir jedes Jahr eine Coronawelle bekommen. Ziel der weltweiten Maßnahmen – auch in Deutschland – ist es, das Virus im Idealfall ganz auszuschalten.»

Nicht zuletzt deshalb werde vor allem in den USA an einem Impfstoff gearbeitet, der in einigen Monaten vorliegen könnte. «Es gibt erste Spekulationen, dass es im Mai oder Juni soweit sein könnte. Aber wir hoffen natürlich alle, dass bis dahin die Dinge auch für China ausgestanden sind.» Viele Unternehmen und Institute weltweit arbeiten derzeit an Impfstoffen gegen das neue Coronavirus.

Zur Behandlung von Erkrankten haben chinesische Behörden den noch nicht zugelassenen Arzneistoff Remdesivir für klinische Versuche mit dem neuen Coronavirus zugelassen, wie Xinhua berichtete. Die erste Gruppe von Patienten solle das Medikament am Donnerstag nehmen. Es habe gute Ergebnisse bei anderen Coronaviren wie SARS- oder MERS-CoV und zumindest auf Zellebene auch bei dem 2019-nCov genannten neuen Virus gezeigt. 761 Patienten nähmen an den Tests teil.

Remdesivir ist ein Nukleosid-Analogon. Es hemmt die virale RNA-Polymerase. Der Wirkstoff wurde von Gilead Sciences zur Behandlung von Ebola-Infektionen entwickelt und bereits bei der großen Epidemie 2014 bis 2016 in Afrika eingesetzt. Da es noch nicht zugelassen ist, erfolgt die Behandlung als sogenannter Compassionate Use.

Auch die antiretrovirale Kombination Lopinavir/Ritonavir, die zur Behandlung von HIV-Infektionen zugelassen ist, wird nun in China in einer klinischen Studie getestet (im chinesischen Studienregister unter ChiCTR2000029308 registriert). Frühere Studien hatten gezeigt, dass die Protease-Hemmer einen klinischen Nutzen bei SARS- und MERS-Infektionen haben können.

Wuhan im Ausnahmezustand

Um die steigende Zahl der Kranken zu bewältigen, wandelt Wuhan weitere Hallen und Gebäude in vorübergehende Bettenlager um. Eine Ausstellungshalle, in der 1.600 Betten aufgestellt wurden, nahm erstmals Patienten auf. In zwei weiteren Einrichtungen sollen 2.800 zusätzliche Betten zur Verfügung gestellt werden. Besonders Patienten mit milden Symptomen sollen dort untergebracht werden. In Wuhan alleine stieg die Zahl der bestätigten Infektionen bis Donnerstag innerhalb eines Tag um 1.700 auf mehr als 10.100. Die 28 ausgesuchten Krankenhäuser, die für Coronafälle bestimmt sind, bieten nur 8.250 Betten. Die Stadt will auch noch Hotels, Schulen, Turnhallen, Sportzentren und andere Stätten in Aufnahmelager umwandeln, wie die Nachrichtenagentur Xinhua berichtete.

Außerhalb von Festland-China sind inzwischen in mehr als einem Dutzend Ländern rund 240 Infektionen bestätigt. In Hongkong und auf den Philippinen waren zwei Tote zu beklagen. Hongkong, wo es 21 Fälle gibt, hat seine Grenze zur Volksrepublik bis auf den Flughafen und zwei Übergänge weitgehend dicht gemacht. Reisende aus China müssen grundsätzlich 14 Tage in Quarantäne. Die direkt angrenzende chinesische Provinz Guangdong ist mit 895 Virusfällen auch stark betroffen. In Deutschland gibt es bislang zwölf Patienten, ihnen geht es den Umständen entsprechend gut. Nach der Entdeckung von Virusfällen an Bord wurden in Japan und Hongkong zwei Kreuzfahrtschiffe mit rund 7.000 Passagieren und Besatzungsmitgliedern unter Quarantäne gesetzt.

Keine weiteren Fälle in deutscher Quarantäne

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) rechnet damit, dass die Zahl der nachgewiesenen Infektionen mit dem neuen Coronavirus weiter steigen wird. «Der Höhepunkt ist noch nicht erreicht. In China nicht, was die Infektionszahlen und die Entwicklung angeht, und damit auch für die Welt und für Deutschland nicht», sagte Spahn am Mittwoch vor der Quarantäne-Station im pfälzischen Germersheim. In der Bundeswehrkaserne sind rund 120 Menschen untergebracht, die am Samstag an Bord einer Sondermaschine in Frankfurt gelandet waren.

Für die Menschen dort wurde am Abend Entwarnung gegeben. Bei den Rückkehrern aus China sei kein weiteres Coronavirus nachgewiesen worden, teilte das rheinland-pfälzische Gesundheitsministerium mit. Die Gesundheitsbehörden sehen eine weitere Testung in einer Woche und am Ende der geplanten Quarantänezeit von zwei Wochen vor. Bei zwei der Rückkehrern aus China wurde das Virus bereits nachgewiesen, worauf diese in die Uniklinik Frankfurt gebracht wurden.

Spahn sagte, er wünsche sich nichts mehr, als dass es keine weiteren Infektionen gebe, dies sei aber derzeit nicht auszuschließen. Deutschland sei gut vorbereitet und könne mit der «dynamischen Lage» gut umgehen. «Den zwölf Infizierten in Deutschland wünschen wir schnelle, vollständige Genesung.» Nach Darstellung des Gesundheitsministeriums in Mainz geht es den China-Rückkehrern in Germersheim gut.

In den nächsten Tagen solle es ein Treffen der EU-Gesundheitsminister geben. Zur Frage möglicher Einreisebeschränkungen sagte Spahn: «Die Frage der Einreisebestimmungen ist nicht zuletzt auch nach der Entscheidung der USA, die Einreise zu beschränken, in der Debatte offenkundig ein Thema geworden – und auch eins in Europa.» Deswegen sei ihm die europäische Abstimmung wichtig. «Natürlich denken wir darüber nach, was jetzt notwendig ist, aber auch, was notwendig werden kann, wenn sich die Lage weiter entwickelt», sagte der Minister.

Finanzielle Folgen gravierend

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) braucht in den nächsten drei Monaten zusätzlich mehr als 600 Millionen Euro für die Eindämmung des Coronavirus. Nach den Berechnungen sind 675 Millionen US-Dollar (613 Millionen Euro) nötig, um auch ärmeren Ländern zu helfen, sich auf einen möglichen Ausbruch vorzubereiten, sagte WHO-Generaldirektor Tedros Adhanom Ghebreyesus in Genf. «675 Millionen Dollar ist viel Geld, aber es ist deutlich weniger als das, was auf uns zukommen könnte, wenn wir nicht jetzt in die Vorkehrungen investieren», sagte Tedros. Die WHO verschicke 250.000 Testsets an 70 Labore weltweit. Zudem würden unter anderem eine halbe Million Gesichtsmasken und 350.000 Paar Handschuhe verschickt.

Die Präsidentin der Europäischen Zentralbank (EZB), Christine Lagarde, hat sich besorgt über mögliche Auswirkungen der schnellen Ausbreitung des Coronavirus auf die konjunkturelle Entwicklung gezeigt. Nachdem die Bedrohung für den Welthandel durch den Handelskrieg zwischen den USA und China etwas in den Hintergrund getreten sei, sorge das Coronavirus für neue Unsicherheit, sagte Lagarde in Paris.

Nach Berechnungen des Ifo-Instituts wird sich die Corona-Seuche dagegen kaum auf die deutsche Wirtschaft auswirken. Der Ifo-Konjunkturexperte Timo Wollmershäuser sagte der «Zeit», die Infektionskrankheit SARS habe die chinesische Wirtschaft im Jahr 2003 um 1 Prozent weniger wachsen lassen und die deutsche um 0,5 Promille. «Wenn die aktuelle Epidemie das chinesische Wirtschaftswachstum doppelt so stark dämpft, wie es bei SARS der Fall war, dürfte es in Deutschland um etwa 0,1 Prozent niedriger ausfallen.» Denn eine Epidemie dämpfe vor allem den Konsum. «Für Deutschland ist es aber praktisch irrelevant, wenn der Konsum in China zurückgeht. Wir liefern kaum Konsumgüter dorthin.»

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