Kinasehemmer verbessert Läsionen |
Daniela Hüttemann |
13.06.2019 11:00 Uhr |
Bei MS-Patienten wird zur Diagnose und auch bei Therapieumstellungen häufig ein MRT gemacht, um zu überprüfen, ob und in welchem Ausmaß Läsionen im zentralen Nervensystem vorliegen. / Foto: Fotolia/Wavebreak Media
Evobrutinib ist ein oraler, hoch selektiver Inhibitor der Bruton-Tyrosinskinase (BTK). Dieses Enzym reguliert die Funktion der B-Zellen und anderer Zellen des blutbildenden Systems, die nicht dem lymphatischen System zugeordnet werden. Sie spielen nach aktuellem Kenntnisstand eine Rolle bei der Pathogenese der Multiplen Sklerose (MS), bei der Immunzellen die schützende Hüllschicht von Nervenzellen (die Myelinscheide) angreifen. Es handelt sich um ein neues Wirkprinzip bei MS. Evobrutinib ist der erste Kinasehemmer mit einem klinischen Proof of Concept bei MS.
Diese Woche stellte Hersteller Merck Phase-II-Studiendaten im »New England Journal of Medicine« vor. Untersucht wurde die Wirksamkeit und Verträglichkeit verschiedener Dosen von Evobrutinib im Vergleich zu Placebo und Dimethylfumarat bei Patienten mit schubförmig verlaufender MS (RRMS), der häufigsten Form der Autoimmunerkrankung. Primärer Endpunkt war das Ausmaß von Läsionen im MRT nach 12, 16, 20 und 24 Wochen; sekundäre Endpunkte waren die Annualized Relapse Rate (ARR), die beschreibt, wie viele Patienten innerhalb eines Jahres einen Schub erlitten, sowie die Expanded Disability Status Scale (EDSS), die den Behinderungsgrad beziehungsweise dessen Verlauf misst.
In der doppelblinden, randomisierten Studie wurden 267 Patienten in fünf Gruppen aufgeteilt: Sie erhielten entweder 25 mg Evobrutinib einmal täglich, 75 mg Evobrutinib einmal täglich, 75 mg Evobrutinib zweimal täglich, Placebo oder im Open-Label-Arm Dimethylfumarat als Referenz. Während über den Zeitraum zwischen 12 und 24 Wochen unter Placebo durchschnittlich 3,85 Läsionen auftraten, waren es unter 25 mg Evobrutinib einmal täglich 4,06 Läsionen, unter 75 mg Evobrutinib einmal täglich 1,69 Läsionen und unter 75 mg Evobrutinib zweimal täglich 1,15 Läsionen. Im Vergleichsarm mit Dimethylfumarat waren es durchschnittlich 4,78 Läsionen. Der Unterschied zwischen Placebo und der einmal beziehungsweise zweimal täglichen 75-mg-Dosierung Evobrutinib war statistisch signifikant und hielt nach Angaben von Merck über 48 Wochen an.
Bei der jährlichen Schubrate und dem Behinderungsgrad zeigte sich dagegen nach 24 Wochen kein statistisch signifikanter Unterschied zwischen Verum und Placebo, heißt es in der NEJM-Veröffentlichung. Laut Pressemitteilung von Merck blieben jedoch 92 Prozent der Patienten unter der Höchstdosis mit dem Kinasehemmer über den Behandlungszeitraum von 48 Wochen schubfrei.
Zu den häufigsten Nebenwirkungen zählten Nasopharyngitis und ein erhöhter Leberwert (ALT). Es wurden keine mit der Behandlung assoziierten Infektionen, parasitären Erkrankungen oder Lymphopenien beobachtet. Insgesamt betrug der Beobachtungszeitraum 52 Wochen. Wirksamkeit und Sicherheit müssen nun in weiteren klinischen Studien bestätigt werden, bevor Merck die Zulassung des Arzneistoffs beantragen kann.