Keine dicke Luft riskieren |
Annette Rößler |
13.12.2023 11:00 Uhr |
Verschimmelte Wände müssen saniert werden, um Gesundheitsgefahren durch Pilzsporen in der Luft zu vermeiden. / Foto: Imago Images/Funke Foto Services
Laut einer Informationsseite des Bundesgesundheitsministeriums (BMG) kommen Schadstoffe in der Innenraumluft vor allem aus Baumaterialien, Putzmitteln und Möbeln, können aber auch durch Feuchtigkeit und bei Verbrennungsprozessen wie Kochen oder Rauchen entstehen. Chemische Schadstoffe wie Formaldehyd, polychlorierte Biphenyle (PCB), polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK), flüchtige organische Verbindungen (VOC) oder auch Asbest stammen dabei überwiegend aus (alten) Bausstoffen. Das radioaktive Edelgas Radon findet sich vor allem im Boden, kann über Fugen oder Risse in Gebäude eindringen und sich dort in Erdgeschoss- oder Kellerräumen anreichern, da es schwerer ist als Luft. Abgase und Feinstaub entstehen einerseits durch Verbrennungen in Innenräumen, gelangen andererseits aber auch beim Lüften nach drinnen, insbesondere wenn sich das Gebäude an einer vielbefahrenen Straße befindet und der Raum im Erdgeschoss. Allergene wie Hausstaubmilben oder Tierhaare, aber auch Schimmelsporen sind in der Luft zu finden, wenn sie aufgewirbelt wurden. Infektiöse Aerosole können sich in schlecht gelüfteten Räumen anreichern, in denen sich mehrere Menschen aufhalten.
Eine Gruppe um Dr. Wolfram Birmili vom Umweltbundesamt veröffentlichte 2018 im Bundesgesundheitsblatt einen Übersichtsartikel zu Schadstoffen in Innenräumen, deren Hauptquellen und Möglichkeiten der Vermeidung (DOI: 10.1007/s00103-018-2737-8). Für den schnellen Überblick eignet sich eine Tabelle aus diesem Artikel, die hier zu finden ist. Zu Radon stellt das Bundesamt für Strahlenschutz auf seiner Website ausführliche Informationen bereit.
Welches sind nun aber die Gesundheitsgefahren, die von belasteter Innenraumluft ausgehen können? Das BMG listet auf:
Alles in allem seien Erkrankungen, die direkt auf die Innenraumluft zurückzuführen sind, in Deutschland allerdings selten.
Auf andere Länder insbesondere mit niedrigem oder mittlerem Durchschnittseinkommen trifft das dagegen nicht zu. Dort ist eine schlechte Luftqualität in Innenräumen, etwa durch offene Feuerstellen, die zum Kochen genutzt werden, ein sehr relevanter Sterblichkeitsfaktor. Laut der Weltgesundheitsorganisation (WHO) ist etwa ein Drittel der Weltbevölkerung (2,4 Milliarden Menschen) auf solche Petroleum-, Biomasse- oder Kohlefeuer beziehungsweise -öfen angewiesen. Die Folge: Im Jahr 2020 starben laut WHO-Angaben weltweit 3,2 Millionen Menschen vorzeitig an Krankheiten wie Schlaganfall, koronare Herzkrankheit, chronisch-obstruktive Lungenerkrankung (COPD) und Lungenkrebs, die durch schlechte Innenraumluft verursacht wurden, darunter 237.000 Kinder unter fünf Jahren. Die Zahl an vorzeitigen Todesfällen infolge von verschmutzter Innenraumluft lag damit in einer Größenordnung mit der Anzahl der vorzeitig Gestorbenen infolge von Schadstoffen in der Außenluft.
Auch jenseits der offenkundigen Gesundheitsgefahren, die von Feuerstellen in Innenräumen ausgehen, müsse der Erforschung und Verbesserung der Innenraumluftqualität mehr Aufmerksamkeit geschenkt werden, forderten im Februar 2023 drei Kommentatoren um den medizinischen Chefberater der britischen Regierung, Professor Dr. Christopher Whitty, im Fachjournal »Nature«. Es sei wichtig, noch besser zu verstehen, welche Stoffe schädlich sind, wie diese gebildet werden und akkumulieren, welchen Einfluss lokale Unterschiede ausüben und wie die Qualität der Innenraumluft am geeignetsten zu verbessern ist. Bei all diesen Fragestellungen sei unbedingt wissenschaftliche Expertise zu berücksichtigen.