Kanada lässt Impfstoff auf Pflanzenbasis zu |
Theo Dingermann |
16.03.2022 18:00 Uhr |
Das Impfantigen des Coronaimpfstoffs Covifenz stammt aus gentechnisch veränderten Pflanzen der Art Nicotiana benthamiana. / Foto: Adobe Stock/sinitar
In Kanada steht ein neuer Covid-19-Impfstoff zur Verfügung. Health Canada, die nationale Gesundheitsbehörde, gab am Donnerstag ihre Entscheidung bekannt, den Covid-19-Impfstoff Covifenz des Unternehmens Medicago für den Einsatz bei Erwachsenen im Alter von 18 bis 64 Jahren zuzulassen. Neben Nuvaxovid® von Novavax ist dies nun der zweite proteinbasierte Covid-19-Impfstoff in Kanada.
In Pflanzenzellen produzierte Biopharmazeutika bilden derzeit noch eine absolute Ausnahme. Umso bemerkenswerter ist die Ankündigung des in Quebec City ansässigen Unternehmens Medicago, dass es ihm gelungen ist, eine Vakzine mit einem in einer Pflanze produzierten Impfantigen zur Zulassung zu bringen. Neben dem in Form von virusähnlichen Partikeln (VLP) organisiertem Spike-Protein als Antigen enthält Covifenz das Adjuvans AS03, das von dem Unternehmen Glaxo-Smith-Kline beigesteuert wird.
Das Impfschema sieht zwei Dosen à 3,75 µg »CoVLP« vor, die im Abstand von 21 Tagen intramuskulär verabreicht werden. Der Impfstoff wird bei 2 bis 8 °C gelagert. Das Covifenz-Antigen wird in Kanada und im US-Bundesstaat North Carolina hergestellt.
Im Dezember hatte das Unternehmen eine hohe Wirksamkeit des Impfstoffs gemeldet. Dies ergab eine seit März vergangenen Jahres weltweit laufende, placebokontrollierte Phase-II/III-Studie, in die mehr als 24.000 erwachsene Probanden aus sechs Ländern eingeschlossen waren. In der Studie wurde ein mehrteiliges Design verwendet, um zu bestätigen, dass die gewählte Formulierung und das Dosierungsschema ein annehmbares Immunogenitäts- und Sicherheitsprofil bei gesunden Erwachsenen im Alter von 18 bis 64 Jahren und bei älteren Probanden im Alter von 65 Jahren und darüber aufweisen.
Die primären und sekundären Endpunkte der von Covid-19-Varianten dominierten Studie wurden erreicht. Es konnte eine Wirksamkeit für alle in der Studie vorliegenden Virusvarianten nachgewiesen werden, einschließlich einer Wirksamkeit von 75,3 Prozent gegen alle Schweregrade der durch die zu dem Zeitpunkt dominierende Delta-Variante verursachten Covid-19-Verläufe.
Die Gesamtwirksamkeit des Impfstoffs über alle Varianten von SARS-CoV-2, die während der Studie kursierten, betrug in der Per-Protokoll-Analyse 71 Prozent. Der Schutz gegen Covid-19 jeglichen Schweregrads bei der weltweit dominierenden Delta-Variante betrug 75,3 Prozent. Die Schutzwirkung vor Covid-19, verursacht durch die Gamma-Variante, wurde mit 88,6 Prozent berechnet.
Obgleich im Laufe der Studie nur sehr wenige schwere Verläufen beobachtet wurden, traten solche bei Geimpften gar nicht auf. In der Gruppe der mit Covifenz geimpften Probanden wurden keine Infektionen mit den Alpha-, Lambda- und My-Varianten festgestellt, während in der Placebogruppe zwölf derartige Fälle beobachtet wurden. Zur Wirksamkeit gegen eine durch Omikron verursachten Erkrankung können keine Aussagen gemacht werden, da diese Variante während der Studie nicht im Umlauf war.
Der Impfstoffkandidat war gut verträglich und führte in der geimpften Gruppe zu keinen damit zusammenhängenden schweren Nebenwirkungen.
Die Studie selbst wurde durch zeitliche Beschränkungen behindert und schlüsselte nicht den Grad des Schutzes vor schweren Erkrankungen auf. »Das liegt daran, dass es in der Placebogruppe zu wenige Fälle von schwerem Covid-19 gab und in der Impfstoffgruppe keinen einzigen, sodass keine eindeutigen Schlussfolgerungen gezogen werden konnten«, erklärte Professor Dr. Matthew Miller, Mitglied der Arbeitsgruppe des National Advisory Committee on Immunization und Immunologe an der McMaster University in Hamilton, gegenüber »CBC News«.
Professor Dr. Brian Ward, der medizinische Leiter von Medicago, zeigt sich erfreut über die Zulassung und sagte in einem Interview mit demselben Sender: »Ich denke, dass es einen großen Bedarf für unseren Impfstoff geben wird, sowohl um die Anzahl der verfügbaren Dosen für diejenigen zu erhöhen, die noch nicht geimpft wurden, als auch für diejenigen, die eine Auffrischungsdosis benötigen«.
Die Europäische Arzneimittelagentur (EMA) hat mit der Begutachtung dieses Impfstoffs noch nicht begonnen.
Das Virus SARS-CoV-2 hat unsere Welt verändert. Seit Ende 2019 verbreitet sich der Erreger von Covid-19 und stellt die Wissenschaft vor enorme Herausforderungen. Sie hat sie angenommen und rasch Tests und Impfungen, auch für Kinder, entwickelt. Eine Übersicht über unsere Berichterstattung finden Sie auf der Themenseite Coronavirus.