Kalium-haltige Salzmischung senkt Blutdruck |
Daniela Hüttemann |
11.09.2019 12:30 Uhr |
Salz gilt in Peru als das weiße Gold der Inkas. Anden-Salz aus der Region Maras gilt als Delikatesse. In Peru liegt der durchschnittliche Kochsalzkonsum deutlich über der Empfehlung der WHO. / Foto: Adobe Stock/tan4ikk
Nicht nur in Deutschland konsumieren die Menschen täglich im Durchschnitt deutlich mehr Kochsalz als von der Weltgesundheitsorganisation empfohlen. Das hat Folgen für den Blutdruck. Hypertonie-Patienten wird eine Salzrestriktion nahe gelegt, was jedoch vielen Menschen schwer fällt. Statt auf Salz zu verzichten, hat man nun in sechs Dörfern der Region Tumbes in Peru das normale Kochsalz (100 Prozent Natriumchlorid) durch eine Mischung aus 75 Prozent Natriumchlorid plus 25 Prozent Kaliumchlorid mit dem Namen Salt-Liz ersetzt. Geschmacklich soll es keinen bemerkenswerten Unterschied geben.
Über drei Jahre erhielten die Bewohner der Region, die einen hohen Salzkonsum sowie eine hohe Hypertonie-Prävalenz aufweist, nun das NaCl-reduzierte Salz. Es wurde an Haushalte, Lebensmittelgeschäfte, Straßenhändler und Gemeindeküchen im Tausch gegen das herkömmliche Salz kostenlos verteilt, verbunden mit einer Aufklärungskampagne. Die Studie startete zunächst mit einem Dorf, alle fünf Monate kam ein weiteres hinzu. Zu Beginn der Studie sowie alle fünf Monate wurde der Blutdruck der 2.376 Teilnehmer gemessen, davon die Hälfte Frauen. Rein rechnerisch konnte der systolische Blutdruck im Schnitt um 1,23 mmHg und der diastolische um 0,72 mmHg gesenkt werden, berichtete Studienleiter Dr. Jaime Miranda von der Universidad Peruana Cayetano Heredia in Lima kürzlich beim Kongress der Europäischen Gesellschaft für Kardiologie.
Bei Probanden, die bereits zu Beginn der Studie einen erhöhten Blutdruck aufwiesen, war der Effekt größer: Der systolische Wert sank um 1,74 mmHg, der diastolische um 1,25 mmHg. Das klingt nach kaum relevanten Unterschieden. Bemerkenswert ist jedoch: Für die Teilnehmer, die zuvor einen normalen Blutdruck hatten, reduzierte sich das relative Risiko, in eine Hypertonie zu rutschen, um 51 Prozent gegenüber der Weiternutzung von normalem Salz. Es überschritten also halb so viele gefährdete Personen die Schwelle zum Bluthochdruck wie bei normalem Kochsalzkonsum zu erwarten gewesen wäre.
Urinproben von 600 Probanden zeigen, dass die Kaliumwerte stiegen, was darauf hinweist, dass die neue Salzmischung tatsächlich genutzt wurde. Nebenwirkungen traten jedoch nicht auf. Eine erhöhte Kaliumzufuhr eignet sich nicht für Patienten mit schweren Nierenerkrankungen.
»Die Studie zeigt, dass bevölkerungsweite Änderungen in der Kochsalzzufuhr und beim Blutdruck umsetzbar sind«, kommentiert Seniorautor Miranda, der bei der Präsentation der Ergebnisse Standing Ovations erhielt. »Die Intervention war einfach, weitgehend akzeptiert und kostengünstig.« Statt eine bekanntlich häufig schwierige Verhaltensumstellung zu forcieren, habe man die Leute animiert, einfach ein anderes Produkt zu verwenden, ohne Abstriche beim Geschmack machen zu müssen.
»Angesichts der alarmierenden Raten an Nicht-Adhärenz in der medikamentösen Bluthochdrucktherapie weltweit benötigen wir dringend nicht-pharmakologische Maßnahmen auf Bevölkerungsebene, um die Blutdruckkontrolle zu verbessern.« Hierbei zählt jedes mmHg. Miranda schlägt vor, dass auch größere Lebensmittelhersteller ihre Produktion entsprechend umstellen.