Kahlschlag bei Noventi |
Benjamin Rohrer |
10.01.2023 12:25 Uhr |
Der apothekereigene Dienstleistungskonzern Noventi steht unter großem wirtschaftlichen Druck. Hunderte Beschäftigte verlieren ihren Job. / Foto: picture alliance / Hans-Joachim Rech
Der Noventi-Konzern kommt seit Monaten nicht zur Ruhe. Schon im vergangenen Herbst hatten eine Reihe prominenter Personal-Entscheidungen und Gerüchte um die finanzielle Stabilität des Konzerns für Aufruhr im Apothekenmarkt gesorgt. Anfang September hatten der ehemalige CEO Hermann Sommer und der damalige Finanzchef Victor Castro recht überraschend das Unternehmen verlassen. Der Aufsichtsrat hatte »unüberbrückbare Differenzen« mit dem Vorstand als Grund genannt. Nur wenige Tage zuvor hatte die Noventi in allen Konzernbereichen größere Gebührenerhöhungen an die Apotheken verschickt. Der Apotheken-Dienstleister wird seitdem von einer Doppelspitze geleitet. Mark Böhm, bislang im Vorstand zuständig für Markt und IT-Themen, leitet nun gemeinsam mit dem neuen Finanzchef Frank Steimel die Geschäfte.
Doch offenbar hat der Konzern, der von dem Apotheker-Verein FSA kontrolliert wird, noch größere wirtschaftliche Probleme als zunächst vermutet. Denn nach Informationen der PZ wurden alle Beschäftigten der Noventi am heutigen Dienstag zu einem »Townhall-Meeting« zusammengerufen. Inhalt der Besprechung ist Teilnehmerangaben zufolge die größte Umstrukturierung seit Bestehen des Unternehmens. Einem Meeting-Protokoll zufolge, das der PZ vorliegt, sollen im Laufe des Jahres insgesamt 460 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter den Konzern verlassen. Zur Erklärung: Insgesamt waren bei der Noventi Ende 2021 rund 2300 Personen beschäftigt. Die meisten Beschäftigten (rund 1100) arbeiten in der Zentrale, der europäischen Aktiengesellschaft Noventi Health SE, die vom FSA als einzigem Aktionär kontrolliert wird. Hinzu kommen rund 820 Beschäftigte in der Noventi Health Care, rund 180 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Kronsoft Development SRL und rund 70 Beschäftigte in der Pflege-Tochter Noventi Care.
Die Noventi-Mitarbeiter in Probezeit erhalten eine Probezeitkündigung. Alle weiteren sollen ein Angebot für den Eintritt in eine Transfergesellschaft oder ein Aufhebungsangebot erhalten. Der Wechsel in die Transfergesellschaft soll für eine Dauer von 6 bis 12 Monaten möglich sein. In dieser Transfergesellschaft stehen die Betroffenen weiter in einem Beschäftigungsverhältnis, in dem sie zwar nicht arbeiten, aber weiterhin 80 Prozent ihres letzten Nettogehalts beziehen. Zusätzlich gibt es für die Betroffenen eine Abfindung und weitere Qualifizierungsangebote. Bis 2025 soll es dann allerdings keine weiteren Stellenstreichungen geben.