Jedes Jahr 237 Millionen Medikationsfehler |
Daniela Hüttemann |
12.06.2020 08:00 Uhr |
Forscher gehen von jährlich 66 Millionen klinisch relevanten Medikationsfehlern in England aus. / Foto: Adobe Stock/Stuart
Forscher der Universitäten Manchester und York haben eine neue Schätzung zu Medikationsfehlern für England abgegeben. Sie basiert auf den Daten verschiedener Studien, die bis Oktober 2018 veröffentlicht wurden. Im Fachjournal »BMJ Quality & Safe« kommen sie auf mehr als 237 Millionen Medikationsfehler jährlich. Die Fehlerraten seien vergleichbar mit denen der USA und der EU.
Fehler werden demnach in jedem Schritt des Medikationsprozesses und in allen Versorungungsformen gemacht. Mehr als die Hälfte (54 Prozent) würden tatsächlich bei der Applikation passieren, schätzen die Forscher um Professor Dr. Rachel Ann Elliott. Dabei sind nicht einmal die Patienten selbst oder Angehörige mit einkalkuliert, also nur die Fehler durch Fachpersonal.
Jeder fünfte Fehler (21 Prozent) entstehe bereits bei der Verordnung, schreiben die Forscher. Hinzu kämen 16 Prozent Fehler bei der Abgabe. Die niedrigste Fehlerrate gebe es in der Primärversorgung, doch da dieser Sektor sehr groß sei, entfielen insgesamt 38 Prozent aller Fehler auf diesen Sektor. Der größte Teil (42 Prozent) gehe auf Fehler in Pflegeheimen zurück, obwohl dieser Sektor im Verhältnis deutlich kleiner sei. Jeder fünfte Medikationsfehler passiert laut der Studie im Krankenhaus.
Knapp drei Viertel der Medikationsfehler (72 Prozent) stuften die Wissenschaftler als eher harmlos und nicht klinisch relevant ein, während jeder vierte Fehler (26 Prozent) potenziell gesundheitsgefährdend ist. Das sind 66 Millionen Fälle jährlich. 2 Prozent könnten schwerwiegende Folgen haben. Von den potenziell gefährlichen Fehlern passiert jeder dritte (34 Prozent) in der ambulanten Versorgung.
Allein die »definitiv vermeidbaren Fehler« kosteten konservativ gerechnet jährlich mindestens 1708 Menschen das Leben und den englischen National Health Service (NHS) 98 Millionen britische Pfund (rund 109 Millionen Euro). Im »Worst Case Szenario« mit einem Krankenhausaufenthalt von 14 Tagen kommen die Forscher sogar auf 22.303 Todesfälle und 1,6 Milliarden Pfund (1,8 Milliarden Euro).