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Glaukomtherapie

Jeder mmHg zählt

Ein Glaukom ist viel mehr als ein erhöhter Augeninnendruck. Eine therapeutische Senkung kann aber das Fortschreiten der chronischen Augenerkrankung stoppen oder zumindest verlangsamen.
Brigitte M. Gensthaler
27.10.2021  07:00 Uhr

»Glaukom ist ein Überbegriff für chronisch progrediente Optikusneuropathien«, informierte die Münchner Augenärztin Dr. Claudia Rehfueß in einem Webseminar der Bayerischen Landesapothekerkammer. Bei der neurodegenerativen Veränderung des Sehnervs (Opticus) komme es zu einem Verlust von Axonen und Ganglienzellen der Netzhaut (Retina), zum strukturellen Umbau am Sehnervenkopf sowie zu Glaukom-spezifischen Gesichtsfelddefekten. Die Ursache sei nicht abschließend geklärt.

Der intraokulare Druck (IOD) wird durch Zufuhr und Abfluss vom Kammerwasser (in das Trabekelmaschenwerk) reguliert. Jedes Auge enthält etwa 250 μl Kammerwasser, das innerhalb von circa 100 Minuten komplett erneuert wird. Es versorgt alle transparenten Gewebe des vorderen Augenabschnitts wie Hornhaut und Linse. Ein normaler IOD beträgt 10 bis 21 mmHg. »Seit etwa 150 Jahren verfolgt man die These, dass der Glaukomprozess durch den erhöhten IOD in Gang gesetzt wird«, sagte Rehfueß. Heute wisse man, dass am Anfang des Prozesses oxidativer Stress im Trabekelmaschenwerk stehe und der IOD sekundär steige. Der oxidative Stress sei bedingt durch freie Sauerstoffradikale im Kammerwasser bei gleichzeitiger Hypoxie, vor allem durch schwankende Augendurchblutung und erniedrigte antioxidative Kapazitäten.

Etwa 90 Prozent der Patienten leiden an einem primären Offenwinkelglaukom (POWG); jeder Dritte von ihnen hat einen normalen IOD (Normaldruckglaukom). Ein erhöhter Augendruck gehört daher nicht mehr zur Definition des Glaukoms, ist aber ein wichtiger Risikofaktor. Die restlichen 10 Prozent entfallen auf viele andere Formen, zum Beispiel akutes Winkelblockglaukom, Steroidglaukom oder kindliche Glaukome.

Symptome erst spät

Tückisch ist, dass Betroffene zunächst lange nichts bemerken. »Erst wenn mehr als 50 Prozent der Axone verloren sind, fallen erste Veränderungen im Gesichtsfeld auf«, erklärte die Ärztin. Das Gesichtsfeld verenge sich konzentrisch von außen nach innen bis hin zur Erblindung. Tatsächlich steht das Glaukom nach der altersbedingten Makuladegeneration an zweiter Stelle der Erblindungsursachen in Deutschland.

Therapieziel ist es, den Augendruck zu senken und damit das Fortschreiten der Gesichtsfeldeinschränkungen zu verhindern. Die Drucksenkung gelingt beim POWG mittels regelmäßiger Applikation von Augentropfen, Lasertherapie und/oder Operation. Da das Glaukom anfangs keine Probleme bereitet, liege die Compliance bei der Lokaltherapie nur bei etwa 50 Prozent, berichtete Rehfueß. Die Augentropfen müssten gut verträglich sein, möglichst nur einmal am Tag appliziert werden und keine Zuzahlung erfordern, damit die Patienten sie akzeptieren.

Die Hemmung der Bildung von Kammerwasser gelingt durch Betablocker, Carboanhydrase-Hemmer und α2-adrenerge Agonisten (α-Sympathomimetika); letztere fördern auch den Abfluss. Hier greifen auch Prostaglandin-Analoga und Miotika ein (Tabelle). Die Wirkprinzipien werden vielfältig kombiniert – wobei man nicht unter 10 mmHg kommt. »Man kann den IOD medikamentös nicht zu tief senken«, informierte die Ärztin.

Substanzgruppe, Wirkstoffbeispiele Wirkmechanismus häufige Nebenwirkungen (Auswahl)
lokale Anwendung
Betablocker: Timolol Senkung der Kammerwasserproduktion trockene Augen, Bronchokonstriktion, Bradykardie
Carboanhydrase-Hemmer: Dorzolamid, Brinzolamid Senkung der Kammerwasserproduktion Allergien, Brennen, bitterer Geschmack
Prostaglandin-Analoga: Latanoprost, Travoprost, Tafluprost, Bimatoprost Verbesserung des Kammerwasserabflusses Pigmentierung der Iris, Wimpernwuchern, gerötete Augen, erhöhte Blendempfindlichkeit
α2-Agonisten: Clonidin, Apraclonidin, Brimonidin Senkung der Kammerwasserproduktion und Verbesserung des Abflusses allergische Konjunktivitis, rote trockene Augen
Miotika: Pilocarpin Erweiterung des Kammerwinkels, Verbesserung des Abflusses Akkomodationsstörungen, gestörtes Dämmerungssehen
systemische Anwendung
Carboanhydrase-Hemmer: Acetazolamid Senkung der Kammerwasserproduktion Müdigkeit, Schwindel, Kopfschmerzen, Blutdruckabfall, Appetitlosigkeit, Magen-Darm-Beschwerden
osmotisch wirksame Substanzen: Mannit i. v., nur bei Glaukomanfall Aufbau eines osmotischen Gefälles und dadurch Flüssigkeitszug aus der vorderen Augenkammer
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