Kupfer steckt in vielen Enzymen |
03.01.2005 00:00 Uhr |
Wofür der Körper Kupfer benötigt, ist wenig bekannt. Dieses Spurenelement hat keine herausstechende Hauptaufgabe im Körper, sondern ist an der Funktion vieler Enzyme mit sehr unterschiedlichen Aufgaben beteiligt.
Kupfer (Cu) kommt im menschlichen Körper in einer circa zehnmal geringeren Menge vor als etwa das Spurenmetall Eisen und auch die nützlichen und schädlichen Wirkungen von Kupfersalzen sind weniger bekannt als die von Eisen. Wenn überhaupt sind dem Laien eher die toxischen Kupferwirkungen geläufig. So enthält die so genannte Bordeaux-Mischung, die über Jahrhunderte zur Schädlingsbekämpfung im Weinbau eingesetzt wurde, als einen der wirksamen Bestandteile Kupfersulfat. Mit Kupfersalzen, bevorzugt mit Kupfersulfat, werden auch heutzutage noch Algen und Mollusken in Teichen und Schwimmbädern bekämpft.
Mediziner setzten Kupfer früher als orales Emetikum ein, weil es bereits in Milligrammmengen Brechreiz auslöst. Ferner ist es Bestandteil von extern anzuwendenden Dermatika gegen Warzen und Keratosen. Darüber hinaus verhindert das Spurenmetall als Bestandteil von intrauterinen Pessaren die Nidation der befruchteten Eizelle und spielt so eine Rolle bei der Empfängnisverhütung.
Schließlich ist Kupfer aber auch ein essenzieller Bestandteil in den prosthetischen Gruppen einer Reihe lebenswichtiger Enzyme und damit ein essenzielles Spurenelement, ohne dessen ausreichende Zufuhr der Organismus nicht lebensfähig ist.
Wie viel der Körper braucht
Säuglinge sind auf eine tägliche Zufuhr von 75 µg Cu/kg Körpergewicht angewiesen, um die nötige Kupferkonzentration im Plasma zu erreichen. Im Alter von sieben bis zehn Jahren decken beispielsweise 40 µg Cu/kg und bei Erwachsenen bereits 20 µg Cu/kg den Bedarf des Organismus. Der Körper verfügt dann über 80 bis 100 mg Kupfer.
Um diesen Körperbestand aufrecht zu erhalten, empfiehlt die Deutsche Gesellschaft für Ernährung eine Zufuhr von 1 bis 1,5 mg Kupfer pro Tag. Die WHO rät zu einer täglichen Kupferzufuhr von 1,2 bis 1,3 mg, die niedrigsten Werte empfiehlt das amerikanische Food and Nutrition Board mit einer „Recommended Dietary Allowance“ von 0,9 mg/Tag; die durchschnittliche Zufuhr der Amerikaner liegt mit 1 bis 1,6 mg Cu/Tag jedoch deutlich darüber. Zu den Lebensmitteln, die besonders reich an Kupfer sind, gehören Getreideprodukte, Innereien, Fisch, Schalentiere, Schokolade, Rosinen, Nüsse, Tee und Kaffee. Die Bioverfügbarkeit des Spurenelements liegt dabei zwischen 35 und 70 Prozent.
Kupfer wird bei Säuglingen vor allem durch Diffusion, bei Erwachsenen dagegen überwiegend durch sättigbare Transportvorgänge aus dem Magen-Darm-Trakt resorbiert. In der Leber wird es unter Beteiligung spezieller Transportproteine (hCtr-Carrier) aus dem Portalblut aufgenommen und von als Chaperone bezeichneten Proteinen in die Zellkompartimente geschleust. So wird es etwa im Golgi-Apparat in das Plasmaprotein Ceruloplasmin eingebaut, welches das Spurenmetall im Organismus verteilt. Überschüssiges Kupfer speichert der Körper ebenfalls in Ceruloplasmin oder scheidet es über die Galle aus.
Viele Enzyme enthalten Kupfer
Der Körper ist an vielen Stellen auf Kupfer angewiesen. So oxidiert etwa das Plasmaprotein Ceruloplasmin, das sechs Kupferatome enthält, zweiwertiges zu dreiwertigem Eisen, so dass dieses an das Transportprotein Transferrin binden und im Körper verteilt werden kann. Damit spielt Kupfer indirekt, an anderer Stelle aber auch direkt eine Rolle für den Sauerstoffhaushalt. So vermittelt die kupferabhängige Cytochromoxidase den letzten Schritt der zellulären Sauerstoffverwertung.
Weitere kupferabhängige Enzyme sind die Lysyloxidase, die die Kollagenfibrillen des Bindegewebes vernetzt, sowie die Tyrosinase, die essenziell für die Pigmentierung der Haut ist. Ihr Fehlen führt zu Albinismus. Die Cu/Zn- Superoxiddismutase entgiftet freie Radikale. Fehlt sie, kann es zu einer Aggregation von Proteinen und durch Verlust von Motoneuronen im ZNS zur amyotrophen Lateralsklerose mit fortschreitender Muskelschwäche kommen. Ferner enthält auch die Dopamin-β-Hydroxylase vier bis sieben Kupferatome. Sie ist entscheidend an der Biosynthese von Noradrenalin und Adrenalin beteiligt.
Mangelerscheinungen sind selten
In Mitteleuropa nehmen zwischen 10 und 25 Prozent der erwachsenen Bevölkerung weniger als die von der DGE oder dem amerikanischen Food and Nutrition Board empfohlene Kupfermenge mit der Nahrung auf. Dennoch sind klinische Kupfermangelerscheinungen wie Anämie, Neutropenie oder ein gesteigertes Risiko für Knochenfrakturen selten. Mangelerscheinungen können aber beim Aufholwachstum nach Mangelernährung im Kindesalter auftreten, nach Flüssigkeitsverlusten bei schweren Verbrennungen, Nierenerkrankungen oder starken Durchfällen sowie bei Anwendung unzureichend angereicherter Lösungen bei parenteraler Ernährung. Bei Cholestase (Gallenstauung) ist die Kupferausscheidung dagegen reduziert und die Zufuhr des Spurenmetalls sollte entsprechend niedrig gehalten werden.
Schwangere Frauen scheiden weniger Kupfer mit der Galle aus, so dass sie selten einen Mangel aufweisen. Die intrauterin erworbenen Kupfervorräte machen den Kupfermangel auch in den ersten zwei Lebensjahren selten. Vor der 34. Schwangerschaftswoche geborene Frühchen haben allerdings ein erhöhtes Risiko für einen Mangel, so dass Frühgeborene spezielle Milchprodukte mit 900 µg Cu/l erhalten sollten. Im Vergleich dazu erhält ein voll gestillter Säugling täglich etwa 60 µg Cu/kg Körpergewicht.
Diagnostik erfasst nur starken Mangel
Der Kupferstatus sollte bestimmt werden, wenn ein Verdacht auf Morbus Wilson, das Menkes-Syndrom, Kupfermangel oder Kupferintoxikation vorliegt. Dazu wird zumeist die Kupfer- und Ceruloplasminkonzentration im Plasma beziehungsweise Serum ermittelt. Wegen der homöostatischen Regulation des Körpers reagiert dieser Parameter, ebenso wie die Superoxiddismutase (SOD) in den Erythrozyten, allerdings erst bei ausgeprägtem Kupfermangel und kann geringe Veränderungen kaum anzeigen.
Liegt jedoch ein Mangel vor, sind Supplemente indiziert. Dabei ist Kupfer als orales Präparat in Deutschland nur in Kombination mit anderen Mineralien, Spurenmetallen und Vitaminen erhältlich. Für die Substitution bei parenteraler Ernährung stehen Kombinationspräparate als Konzentrat zur Verfügung.
Bei einer Überladung mit Kupfer steigt die Aktivität von Diaminoxid im Serum und die der SOD in den Erythrozyten, was in der Routinediagnostik jedoch nicht genutzt wird. Bei Morbus Wilson lassen sich der Gehalt von Kupfer und SOD in der Leber und das Ausmaß zirrhotischer Veränderungen in Leberproben erfassen.
Vorsicht bei Kupferrohren
Als oberen Grenzwert für die diätetische Zufuhr geben die WHO und das amerikanische Food and Nutrition Board 10 mg Cu/Tag an. Gelöst rufen Kupferionen bereits in Milligrammengen einen Brechreiz hervor, was bei dem Genuss säurehaltiger Fruchtsäfte vorkommen kann, die in Kupferkannen aufbewahrt wurden. Die Einnahme von mehreren Gramm Kupfer führt zu Hämolyse, Koma, Leber- und Nierenschäden; bereits weniger als 10 g Kupfer können akut tödlich sein. In Indien verursachte Milch, die in kupferhaltigen Gefäßen aufbewahrt worden war und deren Kupfergehalt auf 25 bis 35 mg Cu/l angestiegen war, bei Säuglingen in den 70er- und 80er-Jahren zirrhotische Leberveränderungen, die häufig tödlich endeten (Indian Childhood Cirrhosis). Aber auch in Deutschland sind in den 80er- und 90er-Jahren flaschengefütterte Babys an Kupfervergiftungen gestorben: Sie hatten Milch getrunken, die mit saurem Wasser aus privaten Brunnen verdünnt worden war, das sich in kupfernen Rohrleitungen und Boilern mit Kupfer beladen hatte.
Wie ein Beispiel aus Vermont zeigt, kann der Genuss von kontaminiertem Trinkwasser, das hier 2,8 bis 7,8 mg Cu/l enthielt, auch bei Erwachsenen Intoxikationserscheinungen hervorrufen. Innerhalb der europäischen Union liegt der zulässige Höchstwert für Kupfer im Trinkwasser bei 0,1 mg/l.
Im Falle einer Kupfervergiftung erhalten die Betroffenen D-Penicillamin, das die renale Ausscheidung von Kupferionen steigert und zudem die Bildung von hepatischem Metallothionein. Dieses cysteinreiche Protein bindet Metalle wie Kupfer, Zink oder Cadmium in den Zellen und senkt dadurch die möglichen Giftwirkungen der freien Ionen dieser Metalle. Bei Überempfindlichkeit gegenüber Penicillamin steht alternativ Triethylentetramin-dihydrochlorid zur Verfügung.
Wenn genetische Erkrankungen den Kupferstoffwechsel stören Das Menkes-Syndrom ist eine seltene rezessive, x-chromosomale Störung der Kupferresorption und -verwertung, bei der unter anderem die Myelinisierung der Nervenbahnen vermindert ist, was mit einer diffusen Hirnatrophie, Axondegeneration und ausgeprägten Nekrosen der Purkinjezellen im Kleinhirn einhergeht. Diese Veränderungen führen zu zerebraler Degenration mit Krämpfen, Hyperthermie, kardialen und arteriellen Aneurismen sowie einem typischen Spindelhaarwuchs (kinky hair disease). Parenterale Gaben von Kupfer-Histidinkomplexen sind nur begrenzt hilfreich; die betroffenen Jungen sterben meist in den ersten zwei Lebensjahren.
Der autosomal rezessiv vererbte Morbus Wilson tritt mit einer Prävalenz von 1:30.000 auf (heterogene Merkmalsträger: 1:200). Diese Erkrankung ist durch den Verlust einer auf Chromosom 13 kodierten P-Typ ATP-ase gekennzeichnet, wodurch die biliäre Kupferausscheidung und die Ceruloplasminsynthese gestört sind. Ist der Körper dann mit Kupfer überladen und gehen die übersättigten Leberzellen zu Grunde, werden sie durch Bindegewebe ersetzt. Es kommt zur Leberzirrhose, die tödlich enden kann. Kupferablagerungen in den zerebralen Basalganglien führen darüber hinaus zu motorischen und psychischen Störungen (hepato-lentikuläre Zirrhose). Typisch für die Krankheit ist der durch Kupferablagerungen in der Descemet-Membran bedingte so genannte Kayser-Fleischer-Kornealring. Auch in Herz, Nieren, Knochen, Darm und Endokrinum lagert sich das Spurenelement ab.
Die Therapie umfasst eine kupferarme Diät, die Ausschleusung des Spurenmetalls mithilfe der Chelatoren D-Penicillamin oder Trientine und hohe orale Zinkgaben zur kompetitiven Hemmung der Kupferresorption. Setzen diese Maßnahmen rechtzeitig ein und werden konsequent verfolgt, ist die Lebenserwartung der Patienten normal.
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