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Wechseljahre

Individuelles Beschwerdeprofil, individuelle Therapie

Die Bestimmung des Hormonstatus ist nicht erforderlich, um festzustellen, ob eine Frau über 45 Jahren in den Wechseljahren ist. Nötig ist dagegen eine ausführliche Beratung zu Nutzen und Risiko einer eventuellen Hormonersatztherapie, hieß es bei der Zentralen Fortbildung der Landesapothekerkammer Hessen. 
Elke Wolf
23.11.2021  16:00 Uhr
Individuelles Beschwerdeprofil, individuelle Therapie

»Wir brauchen kein Labor, um festzustellen, ob eine Frau in den Wechseljahren ist«, kommentierte Professor Dr. Petra Stute von der Universitätsklinik für Frauenheilkunde in Bern den Wunsch vieler Frauen, beim Gynäkologen den Hormonstatus bestimmen zu lassen. Zum einen sei dieser nur eine Momentaufnahme, zum anderen weisen die (Un)Regelmäßigkeit der Blutungen und verschiedenste Beschwerden daraufhin, dass sich die Reproduktionsphase dem Ende neigt.

Der Übergang dauere vier bis acht Jahre, wobei die Menopause, also der Zeitpunkt der letzten Menstruation, selbst meist um das 51. Lebensjahr auftrete. Bei Zyklusveränderungen im Zeitraum von etwa einer Woche spreche man von der frühen menopausalen Transition, größere Abstände im Zyklus seien ein Zeichen für die späte menopausale Transition. Als wichtigste Begleiterscheinungen der Wechseljahre (Klimakterium) nannte Stute Hitzewallungen und Schweißausbrüche, Schlafstörungen, urogenitale Beschwerden wie Scheidentrockenheit, Inkontinenz und häufige Harnwegsinfekte, zudem zentralnervöse Symptome wie Stimmungsschwankungen, Kopfschmerzen und Gedächtnisstörungen, sexuelle Funktionsstörungen, Beeinträchtigung des Knochen- und Gelenkapparats, Herzgefäßerkrankungen, Gewichtszunahme von etwa 10 Kilogramm zwischen dem 40. und 60. Lebensjahr sowie Haut- und Haarveränderungen. Aber: »Jede Frau hat ihr individuelles Profil. Erschreckend ist, dass 28 Prozent der Frauen keine Behandlung ihrer Wechseljahrsbeschwerden erhalten.«

Mit praxisnahen Beispielen ging Stute auf die Chancen und Risiken einer Hormonersatztherapie (HRT) ein. Die in diesem Jahr aktualisierte S3-Leitlinie spreche sich im Gegensatz zur Vorgänger-Leitlinie klar für eine Therapiedauer von bis zu fünf Jahren aus. »Mit dem Empfehlungsgrad A solle Frauen mit vasomotorischen Beschwerden eine Hormonersatztherapie angeboten werden, nachdem sie über die kurz- (bis zu 5 Jahren) und langfristigen Nutzen und Risiken informiert wurden. Für nicht-hysterektomierte Frauen kommt eine Estrogen-Gestagen-Therapie mit adäquatem Gestagen-Anteil, für hysterektomierte Frauen eine Estrogen-Monotherapie in Betracht. Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRI), Serotonin-Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer (SNRI), Clonidin und Gabapentin sollen dagegen nicht routinemäßig als Mittel der ersten Wahl gegen vasomotorische Symptome angeboten werden«, informierte die Gynäkologin. Während der Therapie könne es zu Dosisanpassungen oder anderen Umstellungen kommen, die dem Verlauf der verschiedenen Phasen der Peri- und Postmenopause geschuldet und kein Zeichen von Abhängigkeit seien.

Stehen vaginale Symptome im Vordergrund, empfiehlt Stute eine topische Therapie »so lange wie erforderlich. Denn im Gegensatz zu Hitzewallungen verbessern sich urogenitale Beschwerden durch eine Therapie nicht adhoc«.

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