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Typ-2-Diabetes

Individuelle Lösungen gefragt

Moderne Antidiabetika nicht vorenthalten

Moderne Antidiabetika nicht vorenthalten

Lässt sich das gewünschte Therapieergebnis mit Metformin nicht erreichen, soll die Gabe eines weiteren Arzneimittels erwogen werden. Dabei soll eine Substanz gewählt werden, die patientenrelevante Endpunkte positiv beeinflusst und sich in den Alltag des Betroffenen integrieren lässt. Auch potenzielle Nebenwirkungen sind zu bedenken.

So erhöhen etwa Inhibitoren des Natrium-Glucose-Co-Transporters-2 (SGLT2) die renale Glucoseausscheidung, weshalb es vermehrt zu Harnwegsinfekten kommen kann. Substanzen, die die Wirkung des körpereigenen Hormons Glucagon-like Peptide-1 (GLP-1) nachahmen, führen dagegen meist zu einer – erwünschten – Gewichtsabnahme, müssen aber bis auf Semaglutid, das auch als Tablette verfügbar ist, injiziert werden. Reicht die zusätzliche Medikamentengabe nicht aus, um das Therapieziel zu erreichen, sind Maßnahmen wie die Verordnung eines zusätzlichen oder alternativen Medikaments angezeigt.

Liegen beim Patienten kardiovaskuläre Risikofaktoren vor, sollte zusätzlich zu Metformin gleich ein SGLT2-Inhibitor oder GLP-1-Rezeptoragonist hinzugenommen werden. Dazu der Experte: »Den Wert von Metformin sollte man insbesondere bei Risikopatienten nicht überschätzen und zügig die neuen Substanzen SGLT2-Hemmer und GLP-1-Rezeptoragonisten einsetzen.«

Insulin noch lange nicht verdrängt

Auch bei kardiovaskulären Risikopatienten sollte individuell ein Therapieziel festgelegt werden. Ist dieses nach drei bis sechs Monaten nicht erreicht, stehen eine Intensivierung der Therapie oder die Auswahl eines zusätzlichen oder alternativen Medikaments an. Glinide stellen eine gute Alternative dar, während Sulfonylharnstoffe wegen potenzieller Risiken wie schwerer, protrahierter Hypoglykämien, Gewichtzunahme und eher negativer Auswirkungen auf klinisch relevante Endpunkte weiter an Bedeutung verlieren.

Insuline als Kombinationstherapie mit oralen Antidiabetika oder als Monotherapie sind therapeutisch auch für Menschen mit Typ-2-Diabetes nicht wegzudenken. Laut Leitlinie sollen Ärzte bei Typ-2-Diabetes die Indikation zur Insulintherapie prüfen, wenn sich das individuelle Therapieziel mit nicht medikamentösen Maßnahmen und einer medikamentösen Kombinationstherapie nicht erreichen lässt, bei metabolischen Entgleisungen, bei Gabe von diabetogenen Medikamenten wie Glucocorticoiden, bei schweren Infekten, Traumata oder größeren Operationen oder auch bei stark eingeschränkter Nierenfunktion. »Insulin bleibt das wirksamste Antidiabetikum und ist mit allen Antidiabetika und anderen Therapeutika kombinierbar. Es ist auch in Zeiten zahlreicher anderer glucosesenkender Therapieprinzipien extrem wichtig«, sagt Landgraf. Lediglich der frühzeitige Einsatz habe sich bei Typ-2-Diabetes in Abhängigkeit vom individuellen Therapieziel und der Multimorbidität nach hinten verschoben.

Eine Deeskalation der Insulintherapie kann bei Menschen mit Typ-2-Diabetes erfolgen, wenn die Indikation, etwa eine akute Erkrankung, metabolische Entgleisung oder eine Verschlechterung der Nierenfunktion, nicht mehr besteht, die Zielwerte des Glucosestoffwechsels erreicht sind oder unterschritten werden, Hypoglykämien auftreten oder sich das individuelle Therapieziel ändert.

α-Glucosidasehemmer wie Acarbose und Insulin-Sensitizer (Glitazone), die in der Vorgängerversion der NVL aus dem Jahr 2013 noch aufgeführt waren, sind laut der aktuellen Leitlinie jetzt nur noch seltenen Sondersituationen vorbehalten. Die Wirkstoffe werden in der aktualisierten NVL nicht mehr näher betrachtet.

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