Qualitätsmängel bei TCM-Drogen |
18.10.2004 00:00 Uhr |
Das Zentrallaboratorium Deutscher Apotheker (ZL) überprüfte die pharmazeutische Qualität von 45 Drogen der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM). Die Ergebnisse zeigen erneut, wie wichtig die Apotheke als letzte Kontrollstelle vor der Abgabe für den Patientenschutz ist.
Die Traditionelle Chinesische Medizin findet mit der steigenden Zahl entsprechend ausgebildeter Ärzte und vielfältiger Werbung in der Presse auch in Europa Akzeptanz als umfassende Heilmethode, die zwar vor allem auf der Phytotherapie beruht, aber auch tierische und mineralische Drogen einschließt. Apotheken übernehmen im Rahmen ihrer Aufgaben die Qualitätssicherung von TCM-Drogen. Nach der Apothekenbetriebsordnung ist der Apotheker für die pharmazeutische Qualität verantwortlich, wobei neben der obligatorischen Prüfung im Apothekenlabor autorisierte Prüfzertifikate von Vorlieferanten in die Beurteilung der Drogen einbezogen werden können.
Im Jahr 2001 hatte das ZL eine Untersuchung zur pharmazeutischen Qualität von TCM-Drogen des Handels durchgeführt (1). Seinerzeit waren bei mehreren Proben deutliche Überschreitungen der empfohlenen Höchstmengen für Blei und Quecksilber nachgewiesen worden. Eine Vielzahl damals evaluierter Prüfzertifikate entsprach nicht den Vorgaben der Apothekenbetriebsordnung.
Vor dem Hintergrund anhaltender Diskussionen zur möglichen Patientengefährdung hat das ZL erneut die pharmazeutische Qualität von TCM-Drogen überprüft.
In die Auswahl wurden auch Drogen einbezogen, für die eine Verwechselungsgefahr mit Aristolochia-Arten besteht. Die Proben wurden über Apotheken von verschiedenen Lieferanten bezogen. Zudem wurden Drogen analysiert, die dem ZL über die Arzneimittelkommission Deutscher Apotheker (AMK) zur Prüfung vorgelegt worden waren. Tabelle 1 [aus technischen Gründen nur in der Druckausgabe] listet die in die Untersuchung einbezogenen Drogen auf.
Prüfung von TCM-Drogen
Die „Allgemeine Vorschrift“ des Europäischen Arzneibuchs (Ph.Eur. 4, Ausgabe 2002) „Pflanzliche Drogen“ stellt die Grundlage für die Prüfung von Drogen in Europa dar. Den Besonderheiten von TCM-Drogen trägt der Deutsche Arzneimittel-Codex (DAC) Rechnung, indem in die Ausgabe 2002 erstmals eine Rahmenmonographie „Pflanzliche Drogen zur Anwendung in der Traditionellen Chinesischen Medizin“ aufgenommen worden ist (2). Diese Monographie enthält allgemeine Angaben zu Herstellung, Prüfung auf Identität, Prüfung auf Reinheit, Gehaltsbestimmung und Lagerung. Unter der „Prüfung auf Reinheit“ werden die Prüfpunkte „Schwermetalle“ mit Akzeptanzkriterien, die aus dem Entwurf zur Kontaminantenverordnung (3) übernommen worden sind, und „Aristolochiasäure“ aufgeführt. Die DAC-Probe 7 beschreibt zur Analyse der Aristolochiasäuren ein im Apothekenlabor durchführbares dünnschichtchromatographisches Verfahren hoher Empfindlichkeit und darüber hinaus ein HPLC-Verfahren.
Form und Inhalt der Prüfzertifikate
Anhand der Formalien der §§ 6 und 11 Apothekenbetriebsordnung wurden die Zertifikate geprüft, die mit den Drogen ausgeliefert worden waren. Mit einer Ausnahme (Probe Nr. 33) lagen zu allen Drogen Prüfberichte vor. 20 Dokumente (Proben Nr. 2, 3, 6, 7, 11, 12, 16, 20 - 22, 27, 30 - 32, 34, 35, 38, 39, 42, 43), überwiegend als Klebeetiketten ausgeführt, können nicht als Prüfzertifikate im Sinn der Apothekenbetriebsordnung angesehen werden, da sie nicht den Anforderungen der §§ 6 und 11 entsprechen. Die Abweichungen betreffen die bereits in 2001 (1) beschriebenen Kriterien:
Andere, formal nicht zu beanstandende, Prüfzertifikate geben keinen Aufschluss über die Durchführung von Kontaminantenanalysen, enthalten zum Beispiel keine Angaben zu Aflatoxinen (Probe Nr. 15).
Prüfung nach dem Arzneibuch
Die Drogen wurden nach den Monographien des Arzneibuchs der VR China analysiert (4). Die mikroskopisch und phytochemisch geprüften Drogen entsprachen mit wenigen Ausnahmen den Akzeptanzkriterien der Monographien. Für Bupleuri Radix (Probe Nr. 17) wurde eine Asche von 10,1 Prozent bestimmt, das Arzneibuch lässt höchstens 8 Prozent Asche zu. Der Anteil ätherischen Öls von Asari Herba (Probe Nr. 11) betrug 1,5 Prozent (m/V). Für Asari Herba (Probe Nr. 12), die Droge stammt offensichtlich aus der selben Charge, wurden 1,2 Prozent ätherisches Öl bestimmt. Die Monographie fordert mindestens 2 Prozent .
Auf Pflanzenschutzmittel-Rückstände
Die für alle Einzelmonographien übergeordnet gültige „Allgemeine Vorschrift“ „Pflanzliche Drogen“ Ph. Eur. führt unter Prüfung auf Reinheit aus, dass pflanzliche Drogen den Anforderungen der Prüfung auf „Pestizid-Rückstände“, 2.8.13, entsprechen müssen. Hier sind Grenzwerte für ausgewählte Pestizide aufgenommen, denen Drogen genügen müssen, falls behördlicherseits keine Ausnahmen aus Gründen bestimmter Anbaumethoden, Stoffwechsel- oder Strukturbesonderheiten genehmigt sind. Für im Arzneibuch nicht gelistete Pestizide gilt darüber hinaus die Rückstandshöchstmengenverordnung – RHmV (5).
Mandarinenschalen (Citri pericarpium) werden überwiegend als Nebenprodukte bei der Saftproduktion gewonnen, die Droge ist häufig durch Pflanzenschutzmittel belastet (6). Deshalb wurden die Proben Nr. 22 bis 24 nach dem Verfahren der amtlichen Sammlung von Untersuchungsmethoden (§ 35 Lebensmittel- und Bedarfsgegenstände-Gesetz) (7) auf 19 Organochlorpestizide, 7 Pyrethroide, 17 Organophoshorpestizide, Alachlor, Brompropylat, Piperonylbutoxid sowie Dithiocarbamate analysiert.
Nachgewiesene Rückstände wie zum Beispiel Gesamt-DDT, Gesamt-Fenvalerat, Chloropyrifos (-ethyl und -methyl), Malathion, Methidathion, Parathion-methyl lagen unterhalb der Höchstmengen nach Ph.Eur. Quantifizierte Rückstände von Dicofol und Isocarbophos waren unter Berücksichtigung der Rückstandshöchstmengenverordnung nicht zu beanstanden (5).
Prüfung der Schwermetalle
Der Gehalt an den Schwermetallen Blei, Cadmium und Quecksilber wurde nach Probenaufschluss mittels Atomabsorptions-Spektrophotometrie gemessen wie in (1) beschrieben. Die Ergebnisse der Analysen auf Blei, Cadmium und Quecksilber sind in der Tabelle 2 [aus technischen Gründen nur in der Druckausgabe] zusammengefasst. Bei vier der untersuchten Proben wurden Blei-Werte ermittelt, die oberhalb der Akzeptanzgrenze (£5 ppm) lagen. Die Lumbricus Drogen (Proben Nr. 32, 33, 34) wiesen Bleigehalte von 5,37 bis 12,08 ppm auf. Auch der Gehalt an Cadmium (1,62 bis 5,76 ppm) und an Quecksilber (0,12 bis 0,178 ppm) überschritt die Akzeptanzgrenzen von £0,2 ppm Cadmium und £0,1 ppm Quecksilber deutlich.
Artemisiae capillaris Herba (Proben Nr. 6 und 7) war hinsichtlich der Quecksilberbelastung (0,56 ppm und 0,747 ppm) und des Cadmiumgehalts (0,404 ppm und 0,473 ppm) auffällig. Insgesamt zeigten 9 Proben auf der Basis der DAC-Grenzwerte zu hohe Cadmium-Gehalte, vier Proben zu hohe Quecksilber-Werte.
Auf Mikroorganismen und Aflatoxine
Empfehlungen zur mikrobiologischen Qualität von aus Drogen hergestellten Zubereitungen sind in Ph. Eur. 5.1.4 aufgenommen. Stichprobenweise wurden Drogen hinsichtlich ihrer mikrobiologischen Belastung nach Ph. Eur. und auf Aflatoxine nach DIN EN 12955 geprüft. Die Drogen Angelicae sinensis Radix und Bupleuri Radix wurden auf mikrobielle Kontamination geprüft. Die Zählung der gesamten vermehrungsfähigen Keime nach Ph.Eur. und der Nachweis spezifischer Mikroorganismen nach Kategorie 4 A zeigte die in Tabelle 3 [aus technischen Gründen nur in der Druckausgabe] aufgenommenen Ergebnisse. Die geprüften Drogen sind nach den Anforderungen der Kategorie 4 A „Drogen, denen vor Verwendung siedendes Wasser zugesetzt werden“ nicht zu beanstanden.
Die Drogen Biotae Semen und Bupleuri Radix wurden der Analyse auf Aflatoxine unterzogen (Tabelle 4 [aus technischen Gründen nur in der Druckausgabe]). Auf der Basis der Aflatoxin-Verbotsverordnung (8) beurteilt zeigten beide Proben von Biotae Semen eine deutliche Belastung mit Aflatoxin B1. Bei einem Grenzwert von £2 µg/kg Aflatoxin B1 lagen die Ergebnisse bei 22 µg/kg (Probe Nr. 15) und 2,4 µg/kg (Probe Nr. 16). Die Drogen waren zu beanstanden, die Arzneimittelkommission Deutscher Apotheker wurde eingeschaltet.
Prüfung auf Aristolochiasäure
Die Analyse der Aristolochiasäuren erfolgte nach der DAC-Probe 7, zusätzlich wurden mittels HPLC getrennte Peaks über Photodiodenarray-Detektion evaluiert. In einer Probe Asari Herba (Probe Nr. 10) wurden Aristolochiasäuren nachgewiesen (9) . Der Hersteller hat die Drogenbestände daraufhin aus dem Handel zurückgerufen.
Diskussion
Nach einem rechtskräftigen Urteil des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts (OVG) (10) „stellen aus China importierte unbehandelte oder nur grob vorbehandelte getrocknete Pflanzenteile, die in der Traditionellen Chinesischen Medizin zu Heilzwecken verwendet werden, als solche keine Arzneimittel im Sinn des § 2 Arzneimittelgesetz (AMG) dar. Diese Zweckbestimmung erhalten sie erst dann, wenn mehrere unterschiedliche Pflanzenteile in der Apotheke auf Grund ärztlicher Verordnung gezielt zusammengestellt und vermischt werden“. Somit unterliegen diese Drogen als Roh- oder Grundstoffe beim Import noch nicht der Kontrolle des AMG. Dies gilt gleichermaßen für die Importeure beziehungsweise Lieferanten.
Der Apotheker kann TCM-Drogen direkt aus dem Ausland beziehen – Drittlandinspektionen der Behörden sind nicht erforderlich – und muss sie dann in der Apotheke hinsichtlich ihrer Qualität prüfen. In aller Regel reicht aber die Ausstattung des üblichen Apothekenlaboratoriums nicht aus, alle erforderlichen Prüfungen durchzuführen. Dies betrifft insbesondere die apparativ aufwendigen Prüfungen auf Kontaminanten. Der Apotheker ist insoweit auf Prüfzertifikate angewiesen, die formal und inhaltlich der Apothekenbetriebsordnung entsprechen. Von besonderer Bedeutung vor dem Hintergrund des OVG-Urteils ist jeweils die Frage, ob die eingekauften TCM-Drogen beigefügten Prüfzertifikate von dazu berechtigten Verantwortungsträgern (Kontrollleiter nach § 15 AMG, Gegenprobensachverständigen nach § 65 AMG) ausgestellt worden sind.
44 Proben waren mit Prüfzertifikaten geliefert worden. 20 Prüfzertifikate entsprachen – auf entsprechende Unzulänglichkeiten wurde bereits in der Studie im Jahr 2001 hingewiesen (1) – formal nicht den Anforderungen der Apothekenbetriebsordnung. Sie sind damit für die Apothekenpraxis wertlos. Nur wenige Zertifikate gaben Aufschluss über durchgeführte Kontaminatenprüfungen und deren Ergebnisse.
Das Risiko der Verunreinigung pflanzlicher Drogen mit Schwermetallen muss in Betracht gezogen werden. Ph. Eur. enthält unter 2.4.27 die Prüfung auf Schwermetalle in pflanzlichen Drogen und fetten Ölen als Rahmenmonographie. Von Einzelmonographien abgesehen sind im Arzneibuch jedoch bislang keine Grenzwerte angegeben.
Das damalige Bundesministerium für Gesundheit hatte im Jahr 1991 den Fachkreisen den Entwurf einer Bekanntmachung von Empfehlungen für Höchstmengen an Schwermetallen – für die Elemente Blei, Cadmium und Quecksilber – bei Arzneimitteln pflanzlicher und tierischer Herkunft bekannt gemacht (3).
Diese Kontaminantenempfehlung ist formal nie verabschiedet und in eine Verordnung umgesetzt worden. Sie kann allerdings im Sinn eines präfabrizierten Gutachtens, etwa in der Zulassungspraxis von Arzneimitteln herangezogen werden. Die Akzeptanzkriterien des Entwurfs der Kontaminantenempfehlung waren streng gefasst worden (11). In der Praxis zeigte sich, dass viele pflanzliche Ausgangsstoffe diesen Anforderungen, insbesondere hinsichtlich des Cadmiums nicht genügen. Die empfohlenen Höchstwerte wurden auf der Basis umfangreicher Datensammlungen der Industrie später kritisch diskutiert. Kabelitz (12) wertete die Ergebnisse der Untersuchungen von circa 12.000 Mustern aus der pharmazeutischen Industrie auf Blei, Cadmium und Quecksilber aus und unterbreitete Vorschläge für allgemeine Höchstmengen dieser Schwermetalle. Danach sind für manche Drogen abweichende Höchstmengen erforderlich, die in der Praxis auf Grundlage eines Wertes festgelegt werden sollten, der für jeweils 90Prozent der Drogenchargen eingehalten werden kann.
Zur Schwermetallbelastung speziell von TCM-Drogen sind jedoch nur wenige Daten publiziert, sodass die Frage, ob Schwermetallbelastungen auf die Umweltkontamination zurückzuführen sind oder Anreicherung durch eine Pflanzenspezies erfolgt, nicht beantwortet werden kann. Fundierte Vorschläge für akzeptable Belastungen anhand der Datenlage und unter Berücksichtigung der Toxikologie sind, anders als zu den tradierten Drogen der europäischen Phytotherapie, zurzeit kaum zu begründen.
Besonders die für einzelne Drogen nachgewiesenen Quecksilbermengen und die Schwermetallbelastung der einzigen in die Studie einbezogenen tierischen Droge, Lumbricus (Regenwurm), bieten im Hinblick auf den vorbeugenden Schutz der Patienten Anlass zur Vorsicht. Gerade unter diesem Aspekt wäre ein Regularium europaweit gültiger Grenzwerte für Schwermetalle wünschenswert, das eine sachgerechte Bewertung der Handelsware durch die Behörden ermöglichen könnte.
Aflatoxine, Polyketid-Stoffwechselprodukte von Aspergillusarten, haben kanzerogene, genotoxische Wirkungen. Eine Schwellendosis für schädliche Wirkungen kann nicht festgelegt werden. Nach dem Minimierungsprinzip sind deshalb in der Aflatoxinverbotsverordnung (8) bei der Herstellung von Arzneimitteln – wie im Lebensmittelbereich – Höchstmengen festgelegt. Das Vorkommen von Mykotoxinen ist in der Regel auf nicht sachgemäße Trocknung und Lagerung von Pflanzen zurückzuführen.
Die beiden analysierten Biotae Semen-Proben wiesen eine deutliche Aflatoxin-Belastung auf und stellen damit eine Gefährdung für Patienten dar. Schimmelpilze gedeihen in regional begrenzten „Nestern“, die hohe Mykotoxinkonzentrationen aufweisen können, während die umgebende Droge fast mykotoxinfrei sein kann. Die Prüfzertifikate zu beiden Drogen enthielten keine Angaben zur Durchführung von Prüfungen auf Aflatoxine.
Bei Aristolochiasäuren handelt es sich um genuine Pflanzeninhaltsstoffe von Aristolochia-Arten. Sie zeigen in diversen biologischen Testmodellen mutagene Aktivität und Kanzerogenität im Tierversuch. Bereits 1981 hatte das damalige Bundesgesundheitsamt daher den sofortigen Widerruf der Zulassung aristolochiasäurehaltige Arzneimittel wie des Osterluzeikrauts angeordnet (13).
In China zählen Aristolochiasäure haltige Drogen zum traditionellen Arzneischatz, Verwechslungen mit anderen Drogen sind, wie die Diskussionen um nephrotoxische Schlankheitsrezepturen zeigten (14 ), zudem nicht auszuschließen.
Der Toxikologie Rechnung tragend wurden durch das Institut der Traditionellen Chinesischen Medizin der Chinesischen Akademie für TCM umfangreiche Studien zum Aristolochiasäuregehalt von Arzneidrogen durchgeführt. Im Arzneibuch der VR China noch monographierte Aristolochiasäuren enthaltende Drogen wie etwa Caulis aristolochiae manshuriensis sollen mit der Revision in der Ausgabe 2005 ersetzt werden.
Die im DAC 2002 angegebene nachweisempfindliche Dünnschichtchromatographie auf Aristolochiasäuren bietet eine auch im Apothekenlabor praktikable Methode, um mögliche Verwechslungen erkennen zu lassen.
Fazit
Die Ergebnisse der Untersuchungen von 45 TCM-Drogen und die aufgezeigten teils gravierenden Qualitätsmängel unterstreichen, dass im Sinn des Patientenschutzes eine sorgfältige Qualitätssicherung im Apothekenlabor unerlässlich ist. Zu berücksichtigen sind hierbei außer der eingehenden Identitätsprüfung zum einen toxische genuine Inhaltsstoffe, wie Aristolochiasäuren, zum anderen Umweltkontaminanten wie Schwermetalle, Pestizide oder Aflatoxine.
Bei einzelnen Drogen, Biotae Semen (Platycladi Semen) und Lumbricus, waren unterschiedliche Chargen belastet, sodass spezifische Probleme mit der ordnungsgemäßen Qualität vorzuliegen scheinen, die der besonderen Aufmerksamkeit des Handels bedürfen.
Nach Apothekenbetriebsordnung formal korrekte und inhaltlich aussagekräftige Prüfzertifikate sind als Beleg der pharmazeutischen Qualität von besonderer Bedeutung, entheben die Apothekenleitung allerdings nicht der Verantwortung, außer der obligatorischen Identitätsprüfung im Apothekenlabor weitere Untersuchungen durchzuführen oder Daten zu Analysen einzufordern und zu bewerten.
Die Apotheke stellt die letzte Kontrollstelle vor der Abgabe der TCM-Drogenrezepturen an die Patienten dar, ihr kommt die entscheidende Rolle für den Patientenschutz zu.
Stellungnahmen der Hersteller
Die Vertreiber der geprüften Drogen wurden vor der Publikation über die Untersuchungsergebnisse informiert, ebenso durch die Arzneimittelkommission Deutscher Apotheker jene Firmen, deren Drogen beanstandet worden waren. Das ZL erhielt folgende Stellungnahmen:
Die Firma Yong Quan GmbH, Ennepetal, hat Asari Herba, Ch.-B. 03011001 in einem zertifizierten Labor prüfen lassen und die Ergebnisse übermittelt...“Wir haben sowohl einen Mikrowellenaufschluss (Blei 2,7 ppm, Quecksilber 0,024 ppm) als auch einen Aufschluss nach dem Dekokt-Verfahren (Blei 0,12 ppm, Quecksilber < 0,001 ppm) durchführen lassen. In beiden Fällen ergeben sich keine Grenzwertüberschreitungen. Die ermittelten Werte weichen größenordnungsmäßig von den Ihrigen ab. Demnach hat sich unser Verdacht erhärtet, dass die von Ihnen ermittelten Belastungen nicht der Droge, sondern Ihrem Labor entstammen. Wir fordern Sie auf, zu diesen Ausführungen Stellung zu beziehen und es auf jeden Fall zu unterlassen, unsere Firma im Zusammenhang mit der von Ihnen geplanten Veröffentlichung durch das Verbreiten von falschen Schwermetallwerten unserer Kräuter in Misskredit zu bringen. Allgemein möchten wir zum Thema Schwermetalle feststellen:...Für die Festlegung irgendwelcher Grenzwerte ist stets der bestimmungsgemäße Gebrauch entscheidend. Der bestimmungsgemäße Gebrauch der chinesischen Drogen ist das Dekokt. Das bedeutet, dass die Schwermetalle in wässriger Lösung ermittelt werden müssen. Wir führen unsererseits Untersuchungen von Schwermetallen entsprechend dem bestimmungsgemäßen Gebrauch durch und konnten bisher keinerlei Belastungen feststellen. Da Schwermetalle nicht in wässrige Lösungen übergehen, kann von einer Gefährdung des Patienten in keiner Weise die Rede sein.“
Die Firma Herbasin, Schwabach, teilte Folgendes mit:
„...Anmerkungen: 1. Asari Herba: Bei der Feststellung des Aristolochiasäuregehalts wäre die Angabe eines gefundenen Wertes wünschenswert. Die Aussage „Aristolochiasäure nachgewiesen“ halte ich für unzureichend, wenn Sie gleichzeitig als DAC-Prüfvorschrift eine quantitative Methode formuliert haben. Es ist auch ungewöhnlich, wenn Sie eine von Ihnen entwickelte Prüfmethodik auf eine Charge anwenden, die fast 10 Monate vor dem Inkrafttreten Ihrer Vorschrift auf Aristolochiasäure geprüft wurde. Wir haben seinerzeit ohne Analyse einer Gegenprobe alle Restbestände von Asari Herba freiwillig zurückgenommen, vergütet und aus dem Sortiment genommen.“ Zu kleinen Differenzen bei den gefundenen Werten für Cd und Pb wird auf die Bewertung anhand des 90Prozent-Percentils und die Beurteilung in den Zertifikaten (Siegesbeckiae Herba und Aucklandiae Radix), „entspricht mit Ausnahme des Cadmium-Gehalts“ hingewiesen.
„Die Berechnung des 90Prozent-Percentils erfolgt entsprechend dem von Kabelitz 1998 publiziertem Verfahren, da zum Beispiel ein Cd-Richtwert von 0,2 mg/kg nicht für alle Drogen zu halten ist. Es darf nicht vergessen werden, dass die in der Kontaminantenempfehlung genannten Werte immer noch „Empfehlungen“ sind und keine Grenzwerte im eigentlichen Sinne darstellen...Es ist auch darauf hinzuweisen, dass eine einheitliche europäische Regelung dringend erforderlich ist. In Belgien gilt zum Beispiel ein Cd-Grenzwert von 0,5 mg/kg, für Hg von 1,0 mg/kg.“
Die Firma Mediherb GmbH, Neustadt, hat die Charge Biotae Semen auf Aflatoxine testen lassen und das Prüfprotokoll vom 16.08.2004 der AMK übermittelt: „Laut Prüfprotokoll Nr. 22396/04 entsprechen alle Aflatoxin-Werte der untersuchten Charge den gesetzlichen Bestimmungen, auch hinsichtlich des beanstandeten Aflatoxins B1. Es hat somit auch keine Veranlassung gegeben, die von Dezember 2003 bis Ende Januar 2004 verwendete Charge 8 (a) für den Weiterkauf zu sperren.“
Literatur
Anschrift für die Verfasser:
Dr. Michael Ihrig
Zentrallaboratorium Deutscher Apotheker
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