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Allergene aus der Natur

30.12.1996  00:00 Uhr

- Pharmazie

  Govi-Verlag

Allergene aus der Natur

  Eine Kontaktallergie durch pflanzliche Inhaltsstoffe ist gar nicht so selten. Ärzte, aber auch Apotheker, werden oft mit Pusteln und Ekzemen konfrontiert, die auf das Konto der Natur gehen. Allerdings fällt es oft schwer, dies als Ursache für die Hautveränderungen aufzudecken. Um etwas Licht ins Dunkel der Pflanzenallergene zu bringen, lud die Deutsche Pharmazeutische Gesellschaft (DPhG) Professor Dr. Björn M. Hausen vom Dermatologischen Zentrum Buxtehude zu einem Vortrag nach Hamburg ein.

Pflanzliche Heilmittel haben seit einigen Jahren Hochkonjunktur. Neben zahlreichen einheimischen werden immer häufiger auch exotische Gewächse als Rohstofflieferanten entdeckt. Ein bereits seit Jahrhunderten bekannter Vertreter dieser Exoten ist der Perubalsam. Er wird nicht nur in der pharmazeutischen Industrie und in der Apothekenrezeptur als Zusatz von Wundsalben verarbeitet, sondern findet sich auch in zahlreichen kosmetischen Produkten und wird zur Parfümierung von Süßspeisen und Getränken sowie zur Aromatisierung von Tabak geschätzt.

Das Harz enthält zwar tatsächlich antiseptisch wirksame Substanzen, einige Inhaltsstoffe sind aber allergisierend. Das schwarze Harz steht auf Rang drei der Kontaktallergen-Hitliste (nach Nickel und Duftstoffmix). Wegen seines breiten Einsatzspektrums reagieren sensibilisierte Patienten oft auch auf Kosmetika, Süßigkeiten oder Tabak. Die Ursache der Allergie ist dann schwer zu ermitteln.

Welche Stoffe im Perubalsam eine Kontaktallergie provozieren, war bislang nicht eindeutig geklärt, denn seine Zusammensetzung war nur zu einem Viertel bekannt. Hausen konnte etwas mehr Licht in die schwarze Masse bringen. Perubalsam ist ein Gemisch aus Substanzen mit geringem Molekulargewicht, die meist nur zu einem kleinen Prozentsatz enthalten sind. In höheren Konzentrationen kommen Benzylbenzoat und Nerolidol vor, die jedoch beide über ein sehr geringes allergiesierendes Potential verfügen. Auch weitere Inhaltsstoffe wie Benzoesäure, Benzylalkohol, Zimtsäure und -alkohol Methylbenzoat, Methylcinnamat oder Vanillin zeigen nur eine leichte bis moderate Wirkung als Kontaktallergene.

Suche nach dem Hauptallergen des schwarzen Harzes

Als wichtigstes Allergen wird schon länger Coniferylbenzoat vermutet, doch sein Nachweis fehlte bisher. Hausen ist er jetzt gelungen. Er benötigte dazu allerdings frischen Perubalsam, denn Coniferylbenzoat ist äußerst instabil und zersetzt sich im Laufe weniger Wochen. In den meisten marktgängigen Perubalsamprodukten ist Coniferylbenzoat überhaupt nicht mehr vorhanden, denn nach Ernte, Transport und Weiterverarbeitung ist das verwendete Harz mindestens ein Jahr alt. Zurück bleiben 14 Substanzen, die noch nicht identifiziert, aber nach Hausen als Kontaktallergene unbedeutend sind.

In älteren Produkten, die kein Coniferylbenzoat mehr enthalten, ist möglicherweise Benzylisoferulat das wichtigste Allergen. Hausen konnte es zuvor bereits in Propolis nachweisen. Damit hatte man eine Erklärung für eine Kreuzreaktion: Einige Perubalsam-Allergiker reagieren nämlich auch auf Propolis. Denn auch dieses "Wundermittel aus dem Bienenkorb" ist nicht frei von Nebenwirkungen. Die Allergene stammen nachweislich aus dem klebrigen Exsudat der Pappelknospen, welches die Bienen beim Webenbau mitverarbeiten.

Auch Teebaumöl im Verdacht

Ein neues exotisches Wundermittel füllt seit einiger Zeit die Regale von Drogerien und Kosmetikläden: Teebaumöl war 1996 der Renner gegen Hautkrankheiten, Pilzinfektionen und sogar gegen Läuse. Das Öl ist eine von mindestens 100 Substanzen, wovon die meisten Terpene sind. Im Gegensatz zu Perubalsam ist Teebaumöl deswegen auch toxisch, wenn es oral eingenommen wird. Mit seiner weiten Verbreitung hat auch die Nebenwirkungsrate deutlich zugenommen: Sie liegt bei etwa zehn Prozent.

Von den insgesamt etwa 100 Inhaltsstoffen sind 21 noch nicht identifiziert. Mengenmäßig am stärksten vertreten sind Monoterpene und Sesquiterpene. Einige dieser Substanzen wurden in verschiedenen Publikationen als Kontaktallergene beschrieben. Hausen glaubt, daß an vorderster Front d-Limonen, Aromadendren und a-Terpinen stehen. Für die Betroffenen ist es auch in diesem Fall schwer, das Kontaktallergen zu meiden. Denn außer in Akneprodukten steckt es auch in Pflegesalben, Shampoos, Zahnpasten, Seifen, Lotionen, Deodorantien, Sonnenschutzmitteln und zahlreichen Hausputzmitteln.

Hausen bemängelt, daß die Inhaltsstoffe gerade bei Naturkosmetika sehr schlecht deklariert sind. Er appelliert an seine Kollegen und auch an die Apotheker, bei Diagnose beziehungsweise Beratung das Augenmerk verstärkt auf die zahlreichen pflanzlichen Allergene zu richten.

PZ-Artikel von Judith König, Hamburg
   

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