Impfpflicht-Gesetz will Apotheken-Impfungen entfristen |
Seit dieser Woche bieten Apotheken in Deutschland Covid-19-Impfungen an. Wenn es nach einigen Abgeordneten von SPD, Grüne und FDP geht, soll das auch längerfristig möglich sein. / Foto: Imago Images/Wolfgang Maria Weber
Seit längerem wird über eine mögliche Covid-19-Impfpflicht diskutiert, jetzt wird es langsam konkret. Fraktionsübergreifend setzen sich einige Bundestagsabgeordnete für eine Impfpflicht ab 18 Jahren ein, darunter die SPD-Gesundheitspolitikerin Heike Baehrens, der Mediziner und Gesundheitspolitiker Janosch Dahmen (Grüne), aber auch die FDP-Politikerinnen Katrin Helling-Plahr oder Marie-Agnes Strack-Zimmermann. Für diesen Vorschlag zur Bewältigung der Pandemie legten sie nun einen Gesetzentwurf vor.
Darin heißt es, dass in einem ersten Schritt alle Erwachsenen in Deutschland persönlich kontaktiert und von ihren Krankenkassen bis zum 15. Mai 2022 über Beratungs- und Impfmöglichkeiten informiert werden sollen. In einem zweiten Schritt sieht der Gesetzentwurf dann eine »allgemeine Impfpflicht für Personen über 18 Jahre« vor. Diese Regelung soll ab dem 1. Oktober 2022 gelten und zunächst bis zum 31. Dezember 2023 befristet sein. Allerdings könne der Bundestag die Maßnahme auch verkürzen oder um bis zu ein Jahr verlängern. Die Bundesregierung ist laut Entwurf zudem dazu aufgefordert, diese Regelung alle drei Monate zu evaluieren und an den Bundestag zu berichten.
Die Impfpflicht soll für alle Personen gelten, die seit mindestens sechs Monaten ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland haben. Sie ist nicht für Personen vorgesehen, die aufgrund einer medizinischen Kontraindikation nicht gegen Covid-19 geimpft werden können sowie für Schwangere im ersten Schwangerschaftsdrittel. Die Impfpflicht umfasst dabei drei Einzelimpfungen, also eine Grundimmunisierung plus Auffrischungsimpfung nach drei Monaten. Bestimmte Ausnahmen soll es zudem für Genesene geben. So wird die Impfpflicht laut Entwurf auch mit zwei Impfungen und einer Genesung erfüllt.
Mit dem Gesetzentwurf werde weiter beabsichtigt, Impfangebote auszuweiten, erklärte Dahmen am Freitag in einem Pressegespräch auf Nachfrage der PZ. Damit sollen auch Covid-19-Impfungen in Apotheken, die gerade anlaufen, weiter beibehalten und verstetigt werden, kündigte er an. Entsprechend werde der jetzige Paragraf 20b im Infektionsschutzgesetz, der derzeit die Apotheken-Impfungen regelt, zum Paragrafen 20d, ergänzte Till Steffen, Bundestagsabgeordneter der Grünen und Mitinitiator des Entwurfs. Zudem sieht der Gesetzentwurf die Aufhebung der aktuellen zeitlichen Befristung der Covid-19-Impfungen in Apotheken vor. Bislang dürfen sich Apotheken bis zum 31. Dezember 2022 an der Covid-19-Impfkampagne beteiligen. Sollte das Gesetz in ein paar Wochen den Bundestag passieren, könnten Apotheken laut Entwurf Covid-19-Impfungen bis mindestens Ende 2023 anbieten.
Dahmen erklärte zudem vage, dass diese erweiterten Impfangebote gerade für diejenigen, die nicht oder nur unzureichend geimpft sind, auch für andere Impfungen »jenseits von SARS-CoV-2« eine große Rolle spielen. Dort wo Prozesse gut funktionieren würden, wie etwa bei den Apotheken-Impfungen sei das Ziel, diese weiter fortzuführen, so Dahmen sinngemäß. Die Ampel-Koalition werde entsprechende gesetzliche Voraussetzungen schaffen, um dies künftig anzugehen, kündigte er an. Anders ausgedrückt: Damit könnten bald auch weitere Impfungen in Apotheken als verstetigte Regelleistungen ermöglicht werden, denkbar wären zunächst etwa Grippe-Impfungen.
Um die Impfpflicht auch zu erfüllen, müssen laut Gesetzentwurf alle impfpflichtigen Personen ab Oktober einen Impf- oder Genesenennachweis haben und diesen auf Aufforderung von Behörden vorlegen. Auch sind alle damit verpflichtet, diesen Nachweis auch bei ihrer Krankenkasse vorzulegen. Geplant ist, dass Versicherte ihre Impfnachweise bestenfalls auf digitalem Weg bei ihren Krankenkassen hochladen, erklärte Steffen. Die Krankenkassen könnten dann diese Daten für die neuen elektronischen Impfpässe nutzen. Wer keine Möglichkeit hat, die Nachweise auf digitalem Wege an die Krankenkasse zu schicken, soll künftig etwa in die Apotheke gehen, um dort den Nachweis vorzuzeigen. Die Apotheken wiederum sollen diese Daten dann an die Krankenkassen übermitteln, sagte Steffen auf Nachfrage der PZ.
Wer sich nicht entsprechend impfen lässt, muss mit einem Bußgeldverfahren rechnen. Zur Durchsetzung dieses Bußgelds ist aber laut Entwurf nur das Mittel des Zwangsgeldes zulässig. Das bedeutet, auch wenn das Bußgeld nicht bezahlt werden kann, ist eine Anordnung von einer Ersatzfreiheitsstrafe, also einer Gefängnisstrafe, ausgeschlossen. Maximal könne ein Bußgeld von bis zu 2500 Euro verhängt werden, erklärte Steffen im Rahmen des Pressegesprächs am Freitag. Allerdings müssten Behörden bei einem Bußgeld von mehr als 250 Euro zunächst die Einkommens- und Vermögenslage prüfen. Daher sei bei einem erstmaligen Bußgeld nicht mehr als mit dieser Summe zu rechnen, so der Politiker. Bei einem erneuten Bußgeld könnte die Summe aber je nach Entscheidung der Behörde auch höher liegen.
Auch die Bundestagsfraktion CDU/CSU hat am heutigen Freitag einen Antrag für ein »Impfvorsorgegesetz« vorgelegt. Darin setzt sie sich für die Schaffung eines zentralen Impfregisters ein. »Das Register ist bei einer Stelle von hoher Fachkompetenz und Glaubwürdigkeit einzurichten«, so der Antrag. Die Impfdaten sollen sicher und unbürokratisch in das System eingebracht werden, dafür sei auch die Einbindung der Impfzentren und Apotheken zu prüfen, heißt es weiter. Zudem macht sich die Union auch für einen Ausbau der Impfkampagne inklusive Apotheken, Zahn- und Tierarztpraxen stark.
Sie will darüber hinaus das Bundesgesundheitsministerium dazu verpflichten, dass es dem Bundestag alle zwei Wochen eine aktuelle Einschätzung der Corona-Lage übermittelt. Zudem will die Fraktion einen »Impfmechanismus« einführen, der je nach Schwere einer Virusvariante, deren Übertragbarkeit sowie die Wirksamkeit der Impfstoffe aktiviert werden kann. Mit diesem Mechanismus soll je nach Bedarf eine Impfpflicht scharfgeschaltet werden können. Diese zielt laut Unionsantrag insbesondere auf vulnerable Gruppen, wie etwa Personen ab 50 oder 60 Jahren sowie bestimmte Berufsgruppen, die in der kritischen Infrastruktur, in Schulen, Kitas oder auch der Polizei arbeiten, ab. Dieser Impfmechanismus soll ähnlich wie die Feststellung der epidemischen Lage von nationaler Tragweite jeweils vom Bundestag beschlossen werden.
Zum Zeitplan: Mitte März sollen spätestens alle Gesetzentwürfe zur Debatte um die Einführung einer möglichen Impfpflicht vorliegen. Nächste Woche soll ein erster Entwurf einer Impfpflicht ab 50 Jahren vorgestellt werden. Die PZ hat bereits mit der Bundestagsabgeordneten und Grünen-Berichterstatterin für Apothekenthemen, Paula Piechotta, über diese Idee gesprochen.
Das Virus SARS-CoV-2 hat unsere Welt verändert. Seit Ende 2019 verbreitet sich der Erreger von Covid-19 und stellt die Wissenschaft vor enorme Herausforderungen. Sie hat sie angenommen und rasch Tests und Impfungen, auch für Kinder, entwickelt. Eine Übersicht über unsere Berichterstattung finden Sie auf der Themenseite Coronavirus.