Impfaktion bundesweit gestartet |
Theo Dingermann |
28.12.2020 09:06 Uhr |
Erste Schutzimpfung gegen Corona in einem Pflegeheim in Düsseldorf. / Foto: Landeshauptstadt Düsseldorf, Feuerwehr
Es ist nun gut ein Jahr her, dass sich ein Mensch mit dem neuen Coronavirus SARS-CoV-2 erstmals infizierte. Was man damals noch nicht absehen konnte, weiß man jetzt: das Virus brachte eine ganze Weltordnung durcheinander. Und es fordert Tote, ganz besonders, aber nicht ausschließlich, unter den älteren Menschen.
Mit einer nie da gewesenen Intensität und Kreativität wurde sehr bald nach der Charakterisierung des Virus mit der Entwicklung von Impfstoffen begonnen. Mit Stand vom 8. April 2020 umfasste die weltweite F&E-Landschaft für Covid-19-Impfstoffe bereits 115 Kandidaten. 78 dieser Entwicklungen ließen sich damals verifizieren. Aktuell sind es laut WHO-Liste sogar 61 Vakzinen in der klinischen sowie 172 in der präklinischen Entwicklung.
Ein auffälliges Merkmal der Impfstoffentwicklungslandschaft für Covid-19 war die beachtliche Bandbreite der eingesetzten Technologie-Plattformen. Diese umfassen lebende, abgeschwächte Viren, inaktivierte Viren, replizierende beziehungsweise nicht-replizierende virale Vektoren, Nukleinsäuren (DNA und RNA) als Impfantigene, rekombinante Proteine, virusähnliche Partikel und Peptide.
Am 9. November meldete das Konsortium Biontech/Pfizer, sein Impfstoff BNT162b2 schütze zu mehr als 90 Prozent vor einer Covid-19-Erkrankung. Es war das erste Mal, dass jemand eine solche Effizienz belegen konnte. Die erste Notfallzulassung erfolgte am 2. Dezember in Großbritannien. Am 11. Dezember folgten die USA, ebenfalls mit einer Notzulassung. Am 21. Dezember erhielt der Impfstoff von der EU-Kommission eine bedingte Zulassung.
Ein mobilesTeams hat an diesem Sonntag damit begonnen, nach den Vorgaben einer entsprechenden Verordnung des Bundesgesundheitsministeriums (BMG) zuerst vor allem Menschen über 80 Jahren, die in Pflege- und Seniorenheimen leben, sowie Pflegekräften und besonders gefährdetem Krankenhauspersonal eine erste Dosis des Biontech/Pfizen-Impfstoffs Comirnaty® (Tozinameran/BNT162b2) zu applizieren.
Wie die Deutsche Presseagentur berichtet, sollen bereits am ersten Tag zehntausend Dosen verabreicht werden. Bis zum Jahreswechsel hofft man, schon mehr als eine Million Dosen verimpft zu haben. Damit hat die größte Impfaktion begonnen, die es in Deutschland jemals gegeben hat.
Diese hatte mit einem Frühstart begonnen. In einem Seniorenzentrum in Halberstadt in Sachsen-Anhalt hatte ein Team bereits am Samstag unter starker Beobachtung durch die Presse die 101-jährige Edith Kwoizalla geimpft. Danach ließen sich 40 der 59 Bewohnerinnen und Bewohner sowie zehn von rund 40 Mitarbeitern sich impfen.
Über diesen vorzeitigen Impfstart hatte sich Bundesgesundheitsminister Spahn verwundert gezeigt. Zwar freue er sich für die erste Corona-Geimpfte in Deutschland. Allerdings sei mit allen Partnerländern der EU und mit den 16 Bundesländern vereinbart worden, am Samstag zunächst die Impfdosen auszuliefern und erst ab Sonntag gemeinsam mit den Impfungen zu beginnen.
Gleichzeitig rief der Minister aber auch zu einem »nationalen Kraftakt« auf. »Jede Impfung mehr bedeutet weniger Infektionen und weniger Todesfälle«, sagte er am Samstag zum Start der Kampagne. Und er fügte hinzu: »Wer mitmacht, rettet Leben«, so dpa.
Zunächst steht bundesweit nur eine sehr begrenzte Zahl von Impfdosen zur Verfügung. Aktuell erhielt jedes Bundesland nur knapp 10.000 Impfdosen, Bremen erhielt knapp 5000 Dosen. Laut der abgeschlossenen Verträge sollen bis Jahresende 1,3 Millionen Impfdosen ausgeliefert werden. Dies ist nicht viel, erst recht wenn man berücksichtigt, dass eine Grundimmunisierung zwei Dosen im Abstand von zwei Wochen erfordert.
Da fällt es nicht leicht, über den nationalen Tellerrand hinauszuschauen. Dennoch mahnte laut dpa Außenminister Heiko Maas, nicht nur eine gerechte Verteilung im eigenen Land im Auge zu haben. Man müsse gleichzeitig darauf achten, dass nicht ganze Weltregionen von der Impfstoffversorgung abgeschnitten werden. »Es wird erst jeder einzelne auch von uns sicher sein, wenn wir alle sicher sind auf der Welt vor diesem Virus«, betonte der Minister dpa gegenüber.
Das Virus SARS-CoV-2 hat unsere Welt verändert. Seit Ende 2019 verbreitet sich der Erreger von Covid-19 und stellt die Wissenschaft vor enorme Herausforderungen. Sie hat sie angenommen und rasch Tests und Impfungen, auch für Kinder, entwickelt. Eine Übersicht über unsere Berichterstattung finden Sie auf der Themenseite Coronavirus.