Immuntherapeutikum Tebentafusp im Handel |
Sven Siebenand |
15.07.2022 11:00 Uhr |
Aderhautmelanome sind selten. Erkannt werden sie häufig zufällig beim Augenarztbesuch. Viele Betroffene haben zum Zeitpunkt der Diagnose noch gar keine Symptome. / Foto: Adobe Stock/elenavolf
Das Aderhautmelanom (uveales Melanom) ist eine seltene und aggressive Form des Melanoms, die das Auge befällt. Es entwickelt sich in der Aderhaut des Auges aus entarteten Melanozyten und ist der häufigste maligne primäre Tumor des Auges. Oftmals wird bestrahlt und gegebenenfalls noch operiert. Erfolgt die Diagnose erst nachdem sich Metastasen gebildet haben, ist die Prognose schlecht.
Das seit Mai verfügbare Tebentafusp (Kimmtrak® 100 µg/0,5 ml Konzentrat zur Herstellung einer Infusionslösung, Immunocore Ireland) ist die erste zugelassene Behandlungsoption beim nicht resezierbaren oder metastasierten uvealen Melanom. Das Mittel darf angewendet werden als Monotherapie zur Behandlung erwachsener Patienten. Der Tumor muss das humane Leukozyten-Antigen-A*0201 exprimieren, er muss also HLA-A*02:01-positiv sein. Dies ist häufig der Fall.
Tebentafusp ist ein bispezifisches Fusionsprotein. Es besteht aus einem T-Zell-Rezeptor (TCR), der mit einem Antikörperfragment, das an den CD3-Rezeptor von T-Zellen binden kann, verbunden ist. Das TCR-Ende bindet mit hoher Affinität an ein gp100-Peptid, das auf der Zelloberfläche von Krebszellen des uvealen HLA-A*02:01-positiven Melanoms präsentiert wird.
Bei Bindung der TCR-Steuerdomäne von Tebentafusp an Uveamelanomzellen und der CD3- Effektordomäne an polyklonale T-Zellen wird eine immunologische Synapse gebildet. Diese führt zur Umleitung und Aktivierung polyklonaler T-Zellen, und zwar unabhängig von deren ursprünglichen TCR-Spezifität. Tebentafusp-aktivierte polyklonale T-Zellen setzen inflammatorische Zytokine und zytolytische Proteine frei, was zur direkten Lyse von Tumorzellen führt.
Basis der Zulassung sind die Ergebnisse einer randomisierten Studie mit 378 Patienten, die zuvor keine systemische Therapie erhalten hatten. Die Patienten erhielten entweder Tebentafusp wöchentlich als intravenöse Infusion oder eine durch den Prüfarzt ausgewählte Behandlung (in 82 Prozent aller Fälle Pembrolizumab, 12 Prozent erhielten Ipilimumab und 6 Prozent Dacarbazin) in den zugelassenen Dosen des jeweiligen Arzneimittels. Der primäre Wirksamkeitsendpunkt war das Gesamtüberleben. Unter Tebentafusp überlebten die Patienten im Durchschnitt 21,7 Monate, im Vergleichsarm betrug die durchschnittliche Überlebensdauer 16,0 Monate.
Ein weiterer Wirksamkeitsendpunkt war das durch den Prüfarzt beurteilte progressionsfreie Überleben. Der Unterschied in den beiden Gruppen war in diesem Punkt nicht sehr groß (3,3 versus 2,9 Monate).